Ein Schweif am Horizont, ein großer Knall: Treten Meteore in die Erdatmosphäre ein, verglühen sie meist - oft unbemerkt. Für einige Menschen ist ein solches Ereignis jedoch von besonderer Bedeutung: Meteoritenjäger. Wann immer ein solcher Gesteinsbrocken auf die Erde hinabfällt, sind sie zur Stelle. Denn: Ein Fund kann lukrativ sein.
Hoch im Norden in Deutschland wurden die Menschen im September vergangenen Jahres von einem lauten Knall aufgeschreckt. Augenzeugen sahen einen Feuerball am Horizont. Es handelte sich um einen Gesteinsbrocken aus dem All, der in die Erdatmosphäre eintrat: ein Meteor.
Gefunden wurde der Meteorit (so nennt man die Teile eines Meteors, die die Erdoberfläche erreichen) letztlich zufällig: Der Flensburger Erik Due-Hansen fand den 24,5 Gramm schweren Stein in seinem Garten. Ein Sensationsfund für die Wissenschaft. Und der Traum eines jeden Meteoritenjägers.
Wenn ein Meteorit auf die Erde fällt, muss man schnell sein
Von einem solchen Fund träumt auch Markus Paul, Meteoritenjäger aus Nordrhein-Westfalen. Schließlich fallen pro Jahr fallen mehrere Tonnen außerirdischen Gesteins auf die Erde.
Die schlechte Nachricht: 75 Prozent aller Meteoriten landen im Meer. Und die meisten Meteoriten werden in der Wüste gefunden, erklärt Markus Paul. Der Grund ist simpel: Das Gestein aus dem All ist schwarz oder braun, sodass es auf dem hellen Wüstensand leichter zu entdecken ist.
Experten gehen davon aus, dass weltweit pro Jahr circa 19.000 Meteoriten auf der Erde heruntergehen. Auf die Größe von Deutschland heruntergerechnet sind das durchschnittlich 14 Meteoritenfälle im Jahr auf dem Bundesgebiet.
Tritt ein Meteorit in die Erdatmosphäre ein und verglüht, muss man als Meteoritenjäger schnell sein. Markus Paul durchforstet immer wieder das Internet und die Medien nach regionalen Fällen. "Ich arbeite hauptberuflich als Physiotherapeut und kann nicht bei jedem Meteoritenfall vor Ort sein. Aber gibt es einen Fall vor meiner Haustüre, bin ich zur Stelle."
Und das am besten sehr schnell: Denn nur "frisch vom Himmel gefallene" Meteoriten können leicht gefunden werden. Liegt das Himmelsgestein länger am Boden, beginnt es durch seine eisenhaltige Beschaffenheit schnell zu rosten. Nach einigen Jahrzehnten lösen sich Meteoriten vollständig auf.
Meteoritenjagd mit Magnet und Metalldetektor
Als am 10. Juli 2018 bei Renchen in der Ortenau (Baden-Württemberg) ein Meteorit vom Himmel fiel, war auch Markus Paul zur Stelle. Obwohl ein anderer bereits zufällig einen großen Teil des Meteoriten entdeckt hatte, machte sich Paul noch auf die Suche. "Ich bekam eine Streukarte vom Zentrum für Luft- und Raumfahrt und suchte vier Monate lang nach Fragmenten des Meteoriten."
Die Ausrüstung eines Meteoritenjägers: gutes Auge, ein starker Magnet und ein Metalldetektor. "Alle Meteoriten haben einen hohen Eisen- und Nickelgehalt und sind dadurch ferromagnetisch. Deshalb benutze ich zur Suche einen Tracking-Stock mit einem Magneten", sagt Paul. Systematisch wie auf einem Schachbrett lief er das Gebiet mit konzentriertem Blick immer wieder ab.
Im Idealfall erkennt man einen Meteoriten schon von Weitem. Denn das außerirdische Gestein unterscheidet sich von normalen Steinen und Kieseln. Typisch für Meteoriten ist die dunkle Schmelzkruste. Mithilfe des Magneten lässt sich prüfen, ob der Stein nur ein Stein oder vielleicht doch ein potenzieller Himmelskörper ist. Der Metalldetektor hilft dabei, Meteoriten zu finden, die durch den Aufprall unter die Erdoberfläche gedrungen sind.
Bei seiner viermonatigen Suche in Renchen wurde auch Markus Paul fündig: "Ich entdeckte einige dunkle magnetische Gesteine, die einem Meteoriten sehr ähnlich sahen."
Bei einem Meteoritenfund winkt Finderlohn
Findet ein Meteoritenjäger Material, kann er es an das Zentrum für Luft- und Raumfahrt senden. Dieses prüft das Gestein. Handelt es sich um einen Meteoriten, gibt es meist vom Staat Finderlohn - und der kann hoch sein. Erfolgreiche Meteoritenjäger verdienen bis zu mehrere Tausend Euro pro Fund.
Aber auch Sammler sind bereit, viel Geld für ein Stückchen Weltall auszugeben. Der Preis für Meteoriten variiert auf dem Sammlermarkt jedoch stark. Je nach Gewicht, Beschaffenheit des Meteoriten und auch Vollständigkeit zahlen Sammler Preise von 30 Cent pro Gramm bis zu mehreren Hundert Euro.
Sammler orientieren sich hierbei vor allem an optischen Auffälligkeiten – ein ausgestellter Meteorit soll schön aussehen. Wer also einen abgeschliffenen, mit Schmelzkruste versehenen Meteoriten findet, der im Inneren funkelt, hat gute Chancen, das Stück für viel Geld loszuwerden. Anders als bei Gold ist der reine Materialwert eines Meteoriten gering, hier trifft Exklusivität auf Sammlerleidenschaft. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.
Der bislang teuerste Meteorit war übrigens ein Pallasit-Meteorit aus China. Er erzielte bei einer Auktion 1,7 Millionen Euro – und steht heute bei einem anonymen Sammler zu Hause.
Das spornt so manchen Entdecker an. Der bekannteste deutsche Meteoritenjäger Thomas Grau betreibt die Suche sogar hauptberuflich und reist dafür auch ins Ausland. Denn auch wenn es durchschnittlich 14 Fälle pro Jahr in Deutschland gibt, ist die Chance, einen Meteoriten zu finden, in den Wüstengebieten Afrikas oder Amerikas oder in der Antarktis sehr viel größer. Die günstigen geologischen Bedingungen und die langsamere Verwitterung erhöhen die Fundchancen extrem.
Zurück zu Markus Paul und seiner Entdeckung in Renchen. "Meine eingesandten Funde waren leider keine außerirdischen Gesteine, sondern nur Eisenschlacke von der Erde", erzählt er. Die meisten Meteoritenfunde sind auch eher zufällig. Wanderer stolpern über außergewöhnliche Steine, Menschen finden ungewöhnliche Gesteinsbrocken in ihrem Garten - wie im Fall von Flensburg.
Aufgeben ist jedoch keine Option für Markus Paul. Der Meteoritenjäger beschäftigt sich seit acht Jahren mit dem außerirdischen Gestein. Die viermonatige Suche in Baden-Württemberg war seine bislang längste Mission. Mittlerweile lehrt er an Schulen Meteoritenkunde und bringt Schülern die Faszination der Weltallsteine näher. So lange, bis er wieder auf die Suche geht.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Meteoritenjäger Markus Paul
- Meteoritenland.de: "Meteorit selbst suchen und finden – geht das?"
- Ndr.de: Meteorit "Flensburg" ist ein Sensationsfund
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.