• Der Treibhauseffekt und der Klimawandel sind eng miteinander verbunden.
  • Zwar hat der natürliche Treibhauseffekt das Leben auf der Erde erst ermöglicht. Dafür sorgt der von Menschen verursachte Treibhauseffekt für massive Probleme mit gravierenden Folgen für die Umwelt.
  • Was passiert, wenn das natürliche Treibhausgas Wasserdampf auf immer mehr Kohlenstoffdioxid, Methan und FCKWs trifft? Wir fragen bei Experte Hauke Schmidt nach.
Ein Interview

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Im Zusammenhang mit dem Klimawandel fällt immer wieder der Begriff Treibhauseffekt. Er sorgt für die Erwärmung der Erde: Kurzwellige Sonnenstrahlen treffen auf die Erde. Beim Aufprall werden sie in langwellige Wärmestrahlen umgewandelt und ins Weltall zurückgeschickt.

In der Erdatmosphäre existieren natürliche Treibhausgase wie Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid oder Methan. Sie blockieren einen Teil der Wärmestrahlen und schicken sie wieder zurück zur Erdoberfläche, um sie weiter zu erhitzen. Dieser Kreislauf bleibt bestehen, bis die Erdoberfläche so viel Wärme abgibt, wie sie durch einfallende Strahlen aufnimmt. Auf diesen natürlichen Treibhauseffekt hat der Mensch keinen Einfluss. Die wichtigste Rolle spielen Wolken und Wasserdampf, die etwa 60 Prozent des Treibhauseffekts der Atmosphäre ausmachen.

Das Problem ist der Mensch

Die alleinige Verantwortung hingegen tragen wir für den anthropogenen, also menschengemachten, Treibhauseffekt. Die Erdbevölkerung emittiert zu viel Kohlenstoffdioxid, Methan und andere treibende Gase wie FCKW. Sie kommen aus Landwirtschaft und Industrie, dem globalen Flugverkehr und anderen menschengemachten Quellen. Diese Gase sammeln sich in der Atmosphäre und verstärken den natürlichen Treibhauseffekt – die Grundlage für den Klimawandel.

Wie wirkt sich diese existenzbedrohende Entwicklung auf das Haupt-Treibhausgas Wasserdampf aus? Ist die Wechselwirkung ein Fluch oder Segen für den Kampf gegen den Klimawandel? Darüber sprechen wir mit dem Experten Hauke Schmidt. Er beschäftigt sich mit der Atmosphäre im Erdsystem und leitet am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie die Gruppe "Globale Zirkulation und Klima."

Herr Schmidt, Sie erforschen den Einfluss von Wasserdampf in der Atmosphäre. Wie ist der Forschungsstand?

Hauke Schmidt: Wasserdampf ist vor allem für die Forschung interessant, weil er kondensiert, sublimiert und dann Niederschlag bilden kann. In den Phasenübergängen wird Energie frei, welche die atmosphärische Zirkulation entscheidend beeinflusst. Die Wirkung des eigentlichen Wasserdampfs als Treibhausgas in der Atmosphäre ist gut verstanden. Dennoch hängt ein Großteil der offenen Fragen in der atmosphärischen Klimaforschung zumindest indirekt mit Wasserdampf zusammen – zum Beispiel, wie sich Wolken bei Temperaturerhöhung verändern.

Wasserdampf reguliert den natürlichen Treibhauseffekt. Welchen Einfluss hat er beim anthropogenen Treibhauseffekt?

Um das Klima und die anthropogene Erwärmung zu verstehen, ist Wasserdampf von herausragender Bedeutung. Wasserdampf hat in der Atmosphäre den stärksten Treibhauseffekt. Modellrechnungen zeigen: Die Erde wäre ohne diesen Effekt etwa 20 Grad Celsius kälter, also kaum bewohnbar. Der sogenannte Sättigungsdampfdruck von Wasserdampf steigt mit der Temperatur. Deswegen kann Luft bei höherer Temperatur mehr Wasserdampf aufnehmen, ohne dass dieser zu Tröpfchen kondensiert oder Eiskristalle bildet - und zwar etwa sieben Prozent mehr pro Grad Celsius Erwärmung. Steigt die Temperatur durch den anthropogenen Treibhauseffekt, dann steigt auch der Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre und damit auch die anthropogene Erderwärmung. Die Forschung spricht von einem positiven Rückkopplungseffekt.

Aufgrund des sogenannten Sättigungsdampfdrucks steigt der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre mit der Temperatur: Pro Grad Celsius Erwärmung kann Luft etwa sieben Prozent mehr Wasserdampf halten. Steigt die Temperatur durch den anthropogenen Treibhauseffekt, dann steigt auch der Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre und damit auch die anthropogene Erderwärmung. Die Forschung spricht von einem positiven Rückkopplungseffekt.

Was bedeutet dieser Rückkopplungseffekt?

"Positiv" ist in diesem Fall keine Bewertung, sondern beschreibt die Richtung bzw. das mathematische Vorzeichen der Rückkopplung. Ändert sich die globale Temperatur, wirkt sich das auch auf andere Faktoren des Klimasystems aus. Wenn diese wiederum die Temperaturänderung beeinflussen, dann spricht man von Rückkopplung. Die Rückkopplung ist positiv, wenn sie die ursprüngliche Temperaturänderung verstärkt.

Das Vorhandensein von Wasser führt aber noch zu weiteren Rückkopplungen, etwa durch die Änderung des vertikalen Temperaturprofils der Atmosphäre oder durch die Bildung von Wolken. Zum Glück ist der Gesamteffekt aller Rückkopplungen negativ, sonst würde uns das Klima davonlaufen. Man spräche dann von einem “Runaway Greenhouse Effect”, der sich nicht mehr aufhalten lässt.

Wasserdampf verstärkt also den anthropogenen Treibhauseffekt?

Nicht nur Wasserdampf, auch Kohlendioxid, Methan und andere Treibhausgase haben ein natürliches Niveau, und tragen damit zum natürlichen Treibhauseffekt bei. Wasserdampf absorbiert Infrarotstrahlung und hält somit die Wärmeausstrahlung der Erde zurück, absorbiert aber auch einen Teil der Sonnenstrahlung. Mit der Temperatur steigt der Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre an. Ein Temperaturanstieg durch anthropogene Emissionen der anderen Treibhausgase wird durch die hervorgerufene Zunahme des Wasserdampfs mehr als verdoppelt.

Ist Wasserdampf aufgrund seiner Eigenschaften für unsere Atmosphäre gefährlicher als andere Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid oder Methan?

Ich empfinde das Attribut "gefährlich” in Verbindung mit Wasserdampf als sehr irreführend. Natürlich verstärkt die beschriebene Rückkopplung den anthropogenen Treibhauseffekt. Aber Wasserdampf ist kein Klimakiller, eher umgekehrt! Ohne Wasserdampf gäbe es auf der Erde kein Klima, in dem wir leben könnten. Könnte Wasserdampf nicht kondensieren, gäbe es keinen Regen. Und ohne Wasser gäbe es kein Leben auf der Erde.

Wird Wasserdampf noch zum wirksamen Mittel gegen die menschengemachte Erderwärmung?

Im Kampf gegen die menschengemachte Erderwärmung muss man sich auf die Reduktion der Nutzung fossiler Brennstoffe konzentrieren, nicht auf Wasserdampf. Die Verstärkung der anthropogenen Erwärmung durch die Wasserdampfrückkopplung kann man nur durch die Vermeidung von Treibhausgasemissionen verhindern, insbesondere von Kohlendioxid und Methan. Der einzige Bereich, in dem anthropogene Wasserdampfemissionen mehr oder weniger direkt das Klima beeinflussen, ist die Luftfahrt – durch die Bildung von Kondensstreifen. Hier könnte man durch die Vermeidung von Wasserdampfemissionen die Erwärmung der Erde direkt verringern.

Über den Experten: Dr. Hauke Schmidt beschäftigt sich mit der Atmosphäre im Erdsystem und leitet am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie die Gruppe "Globale Zirkulation und Klima."
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