Die Nachricht rauschte gestern als "Breaking News" durch alle Medien: Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Uli Hoeneß, dem Steuerhinterziehung zur Last gelegt wird. Was das bedeutet, was der Präsident des FC Bayern München in einem möglichen Gerichtsverfahren befürchten muss und wie Uli Hoeneß auf die Anklageerhebung reagiert. Fünf Fragen und Antworten zum Fall Hoeneß.

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"Die Staatsanwaltschaft München II hat die Ermittlungen in dem Verfahren gegen Ulrich H. (…) abgeschlossen und (…) Anklage erhoben", heißt es in einer Pressemitteilung des Oberlandesgerichts München vom 30. Juli. Die Anklage sei "dem 61-jährigen Präsidenten des FC Bayern München" bereits zugestellt worden.

Nun muss die zuständige Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II entscheiden, ob die Klage zugelassen und ein Hauptverfahren gegen Uli Hoeneß eröffnet wird. Laut "Focus Online" ist ein Prozess gegen den Bayern-Präsidenten jedoch sehr wahrscheinlich: In den vergangenen Jahren wurde in München keine einzige Anklageschrift abgelehnt. Dass dies nun ausgerechnet bei einem so medienwirksamen Fall passiert, scheint nahezu ausgeschlossen.

Warum wurde Anklage erhoben?

Hoeneß wird Steuerhinterziehung vorgeworfen. Im Januar hatte sich der Bayern-Präsident selbst beim Finanzamt angezeigt, weil er Erträge über Aktiengeschäfte in der Schweiz jahrelang nicht in Deutschland versteuert hatte. Doch die Selbstanzeige, durch die Hoeneß straffrei davongekommen wäre, war wohl fehlerhaft. Diesen Verdacht bestätigte nun Staatsanwalt Florian Gliwitzky: "Gegenstand des Ermittlungsverfahrens war die Prüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Selbstanzeige. Wir gehen von einem hinreichenden Tatverdacht aus."

Bereits im Januar hatte die Staatsanwaltschaft München offiziell ein Ermittlungsverfahren gegen den Bayern-Präsidenten eingeleitet. Im März, knapp ein Monat bevor der Fall durch einen Bericht des "Focus" öffentlich wurde, bekam Hoeneß in seinem Haus am Tegernsee Besuch von den Ermittlern. Auch die Büro-Räume des Bayern-Präsidenten wurden durchsucht. Zudem soll ein Haftbefehl gegen den 61-Jährigen vorgelegen haben. Dieser sei jedoch außer Vollzug gesetzt worden – angeblich gegen die Zahlung einer hohen Kaution.

Wie geht es im Fall Hoeneß jetzt weiter?

Laut Pressemitteilung des Oberlandesgerichts sind die Ermittlungen gegen Hoeneß abgeschlossen. Seine Anwälte haben nun einen Monat Zeit, sich zu den Ermittlungen zu äußern. Mit einer Entscheidung des Gerichts wird auch aufgrund des Umfangs der Ermittlungsakten frühestens Ende September gerechnet. Vorsitzender Richter des zuständigen Gerichts ist Rupert Heindl. Er gilt laut "Bild" als knallhart, Freund klarer Worte, aber Feind von Deals, die fernab der Öffentlichkeit ausgehandelt werden.

Die Klage gegen Uli Hoeneß ging beim Landgericht ein, obwohl bei Steuervergehen grundsätzlich die Amtsgerichte zuständig seinen. "Für einen Prozess am Landgericht ist ein gewisses potenzielles Strafmaß erforderlich", sagte Christian Hansen, Rechtsanwalt und Experte für Steuerfragen bei der Kanzlei Steinpichler in München, "Focus Online". Das Landgericht sei demnach in der Regel nur dann zuständig, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als vier Jahren zu erwarten ist.

Droht Hoeneß eine Gefängnisstrafe?

Das endgültige Strafmaß ist abhängig von der hinterzogenen Summe. Einer Richtlinie des BGH zufolge zieht eine Steuerhinterziehung von über einer Million Euro automatisch eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung nach sich. Doch bislang ist die Höhe der von Hoeneß hinterzogenen Summe nicht klar. Einem Bericht des "Spiegel" von Mitte Juli zufolge hat Hoeneß in seiner Selbstanzeige eingestanden, rund 3,2 Millionen Euro nicht versteuert zu haben.

Diese Summe könnte aufgrund der Verjährungsfrist von fünf Jahren jedoch auf 900.000 Euro sinken. Laut "Spiegel" will die Staatsanwaltschaft demnach eine Verurteilung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung beantragen. Hinzu kommen soll eine Geldstrafe von 720 Tagessätzen. Das entspricht einer weiteren Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Da die Strafe jedoch insgesamt geteilt werden kann, müsste Hoeneß nicht ins Gefängnis.

Was sagt der FC Bayern, was sagt Uli Hoeneß?

Beim nach ihm benannten Uli-Hoeneß-Cup hatte sich der 61-Jährige noch zuversichtlich gezeigt. "Ich habe wie 48.000 andere Deutsche eine Selbstanzeige gestellt und wüsste nicht, warum meine nicht gültig sein sollte." Nun wird wieder geschwiegen, weder der Verteidiger von Uli Hoeneß, Dr. Werner Leitner, noch er selbst haben sich zur Anklageerhebung geäußert. Auch die Vereinsverantwortlichen sowie der Aufsichtsrat der FC Bayern AG, der über eine mögliche Absetzung von Hoeneß als Präsident entscheiden müsste, haben bisher einen Kommentar abgegeben.

Adidas-Chef Herbert Hainer, stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates, hat Uli Hoeneß Mitte Juni in einem Interview des Magazins "Focus" verteidigt. Er forderte, dem Bayern-Präsidenten "eine zweite Chance" zu geben, "denn es gebe keinen Besseren für diese Position". Der fränkische Sportartikelhersteller ist gleichzeitig Anteilseigner der FC Bayern AG.

Muss Hoeneß als Präsident zurücktreten?

Zugleich verteidigte Hainer das deutliche 8:0-Voting für das Festhalten an Hoeneß aus der Aufsichtsrat-Abstimmung Anfang Mai. Zuvor hatte der Präsident angeboten, sein Amt als Vorsitzender des neunköpfigen Kontrollgremiums ruhen zu lassen, bis die Behörden über seine Selbstanzeige entschieden haben: es könne "immer noch sein, dass er strafbefreit wird", sagte Hainer damals.

Im Umkehrschluss heißt das aber wohl auch, dass Hoeneß im Falle einer Verurteilung als Aufsichtsratschef der FC Bayern AG nicht mehr tragbar ist. Doch soweit ist es noch nicht – und bis dahin "gilt weiterhin die Unschuldsvermutung und es kann auch einen Freispruch geben", gibt der Anwalt und Steuerexperte Hansen auf "Focus Online" zu Bedenken. Fest steht nur: Der Fall Uli Hoeneß wird weiterhin für Schlagzeilen und hitzige Debatten sorgen.

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