Wem am guten Ruf seiner Produkte gelegen ist, der stellt in einer üblen Spelunke, wo gehasst, gehetzt und gepöbelt wird, keinen Werbestand auf. Wenn der Wirt dann auch noch tatenlos zusieht und Werbeeinnahmen kassiert, wird man zu Recht sauer und zieht die Werbung ab.

Rolf Schwartmann
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Rolf Schwartmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das erlebt gerade Facebook. Nicht nur, weil das Image der Produkte in unmittelbarer virtueller Nachbarschaft zu Hass und Gewalt leidet, boykottieren in USA und Europa zunehmend Werbekunden den Dienst.

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Viele wollen nun ein Zeichen setzen und Facebook zur Verantwortung rufen. Anders als ein Spelunkenwirt kann der Facebook-Chef Mark Zuckerberg aber die verhassten Hassenden nicht ohne weiteres zur Ordnung rufen.

Schließlich ist er für einen öffentlichen Raum verantwortlich, den er zum einen tatsächlich nur bedingt beherrschen kann. Bringt er eine hassende Stimme zum Verstummen, erheben sich viele neue. Die abgeschlagenen Köpfe der Hydra wachsen doppelt nach.

Verbot für Facebook: Kein Zusammenführen von Nutzer IDs mehr erlaubt

Hinzu kommt, dass vieles Schäbige, was man als rechtswidrig empfindet, von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, die Facebook nicht verkürzen darf. Ein weiteres Problem: Wenn ein Soziales Netzwerk den alternativen Fakten des US-Präsidenten eigene Fakten entgegenhält, dann ist das ein willkürlicher Eingriff in die Demokratie. Heute korrigiert man die Regierung, morgen vielleicht die Opposition und übermorgen will man sich selbst per Algorithmus an die Macht bringen.

Nicht nur die Wirtschaft macht mobil. An der Werbefront hat der Bundesgerichtshof Facebook nun als marktmissbräuchlich einstweilen untersagt, Nutzer IDs zusammenzuführen. Die benötigt der Dienst aber, um Facebook-Nutzers plattformübergreifend mit WhatsApp und Instagram als Konzernunternehmen zu verbinden und mit Informationen von anderen Internetseiten zu verknüpfen. Das ist ein herber Schlag für den Datengiganten, dem die Vorinstanz noch Recht gegeben hatte.

Die Tech-Giganten spüren aktuell an mehreren Fronten Gegenwind. Ihr vernetztes System zum Geschäft mit Informationen und Vorhersage von Kundenverhalten ist so stabil, dass es nicht schnell zusammenbricht. Aber immerhin; es gibt Gegenwind aus verschiedenen Richtungen und auch das System Facebook trägt den Keim des Scheiterns in sich.

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