Deutsches Kino kann mehr als nur seichte Komödie. Das beweist der Thriller "Stereo" mit Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu, der am 15. Mai anläuft. Im Interview mit unserem Portal verrät Jürgen Vogel, an welchem Hollywood-Schauspieler er sich ein Beispiel nimmt, was die Probleme des deutschen Films sind und wer beim Dreh von "Stereo" der Boss am Set war.

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Ihr neuer Kinofilm heißt "Stereo". Darin kommen einige Prügelszenen vor, auch das Thema gespaltene Persönlichkeit wird aufgegriffen. Das hat uns ein wenig an den Film "Fight Club" erinnert. Wollen Sie der Edward Norton Deutschlands werden?

Jürgen Vogel: (lacht) Die Geschichte ist schon ein wenig anders. Trotzdem freue ich mich darüber, "Fight Club" ist kein schlechter Vergleich. Ich mag dieses Genre total gerne.

Jürgen V
Jürgen V: Jürgen Vogel beim Interview während der Premiere von "Stereo" im Leopold Kino in München. © 1 & 1

Das merkt man dem Film an. Eine Prügelszene auf einer Toilette erinnert an "Tödliche Versprechen" mit Viggo Mortensen. Habt ihr bewusst auf Parallelen zu bekannten Actionfilmen gesetzt?

Wir haben uns natürlich viele Filme angeschaut und uns Inspiration geholt. Wir haben uns überlegt, was für eine Art Gewalt wir darstellen wollen. Vor allem wie meine Rolle beschrieben wird. In "Stereo" bin ich ein richtiger Killer. Alle haben Schiss vor mir, sogar Türsteher.

Können Sie uns ein Beispiel geben, an welche Filme oder Schauspieler Sie die Rolle angelehnt haben?

Jason Statham zum Beispiel. In seinen Filmen gefallen mir die Kampfszenen sehr gut. Aber auch asiatisches Kampfkino. Ich bin ein großer Bruce-Lee-Fan. Wir wollten bei "Stereo" auch eher in Richtung Nahkampf gehen.

Haben Sie extra für "Stereo" Muskeln aufgebaut?

Nein. Ich mache schon seit neun Jahren Jiu Jitsu. Davor habe ich drei Jahre Thai-Boxen gemacht. Und davor habe ich zwölf Jahre geboxt.

Also haben Sie die Kampfszenen selbst eingespielt – ohne Stuntman?

Klar. Mit einem Choreographen haben wir die Kampfszenen erarbeitet.

Jürgen Vogel: Es gibt nicht viele gute, deutsche Komödien"

Deutsche Kinofilme sind meist nur erfolgreich im Kino, wenn es sich um seichte Komödien wie "Fuck Ju Göthe" oder "Kokowääh" handelt. Glauben Sie, dass so ein Thriller in Deutschland ankommt?

Die Leute, die den Film bisher gesehen haben, mochten ihn. Wir haben viele Sneak Previews im Vorfeld gemacht. Ich glaube, dass die Leute über "Stereo" reden werden, was mir gefallen würde. Es wäre geil, wenn unser Kinomarkt ein wenig breiter aufgestellt wäre. Stereo trifft auch meinen privaten Geschmack ziemlich stark.

Wir haben aber ein relativ starkes Arthouse-Kino – Filme, die weltweit auf Festivals laufen. Ich denke hier an Regisseure wie Fatih Akin oder Christian Petzold. International gesehen sind wir da gar nicht so schlecht aufgestellt. Was Genrekino angeht, funktioniert derzeit Komödie. Meiner Meinung nach gibt es leider nicht so viele gute.

Woran liegt das?

Solche Filme sind schwierig zu finanzieren. Es gibt auch zu wenige Autoren, die sie schreiben. Alle Filme, die momentan mit Comedy Geld verdienen, müssen eigentlich jetzt schon parallel in alle anderen Genres investieren. Dann haben wir in zehn Jahren eine andere Diskussion.

Können Sie sich vorstellen, selbst Drehbücher zu schreiben?

Ich bin kein Autor. Ich kann Filme mitproduzieren, das habe ich schon öfter gemacht. Das waren aber eher Arthouse-Filme.

Der Regisseur des Films "Stereo" ist Maximilian Erlenwein, mit dem Sie bereits den Film "Schwerkraft" gedreht haben. Erleichtert das die Zusammenarbeit?

Natürlich, weil das Vertrauen ist da. Wir sind schon einmal gemeinsam durch einen Film gegangen und haben uns gegenseitig zur Seite gestanden. Man fühlt sich gleich wohl am Set und weiß genau, wo die Stärken und Schwächen des Gegenübers liegen.

Jürgen Vogel: "Ich habe vor nichts Angst"

Was sind Ihre Schwächen?

Ich hab keine. (lacht) Ich habe vor nichts Angst.

Ihr Charakter kommt in "Stereo" überhaupt nicht mit Moritz Bleibtreu zurecht. Wie ist es bei den Dreharbeiten, wenn zwei der bekanntesten Schauspieler Deutschlands am Set aufeinandertreffen?

Jürgen Vogel Andreas Maciejewski Nina-Carissima Schönrock
Jürgen Vogel Andreas Maciejewski Nina-Carissima Schönrock: Selfie mit Jürgen Vogel (rechts): Die Redakteure Andreas Maciejewski und Nina-Carissima Schönrock. © 1 & 1

Sehr schön. Wie es halt so ist, wenn man jemand anderen auch geil findet. Wenn man gerne mit ihm zusammenarbeitet. Moritz ist auch ein Tier. Mit ihm kann man diskutieren, er ist einfach ein Instinktschauspieler. Er ist einfach wahnsinnig überraschend und echt. Wir kennen uns auch schon seit 20 Jahren.

Wer ist dann am Set der Boss, Sie oder Moritz Bleibtreu?

Immer der Regisseur. Bei den Schauspielern gibt es keinen Boss. Jeder lässt sich vom anderen inspirieren.

Jürgen Vogel: "Ich bin kein Fremdschauspieler"

Wie viele Filme drehen Sie im Jahr?

Unterschiedlich. Vergangenes Jahr habe ich vier Filme gedreht.

Kann man so schnell umschalten zwischen Rollen?

Schon. Je extremer sich die Rollen unterscheiden, desto besser. Das ist einfacher umzuschalten. Je ähnlicher eine Figur ist, desto schwieriger.

Gab es eine Rolle, von der Sie sagen, dass Sie zu nah dran waren?

Ich bin eigentlich an jeder Figur nah dran. Ich bin kein Fremdschauspieler, der andere Biographien studiert. Es ist wichtig, dass die Rolle auch mit mir zu tun hat. Ich muss sie verstehen und nachvollziehen können.

Jürgen Vogel, vielen Dank für das Gespräch.

Jürgen Vogel ist 46 Jahre alt und einer der bekanntesten, deutschen Schauspieler. Sein Durchbruch gelang ihm mit dem Film "Kleine Haie". In seiner Karriere bekam er zahlreiche Auszeichnungen wie die Goldene Kamera oder den Adolf-Grimme-Preis. Seine beiden nächsten Filme kommen im Herbst in die Kinos: die Verfilmung von Charlotte Roches Roman "Schoßgebete" und der Roadmovie "Hin und Weg".
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