Ohne Likes bist du heute in gewissen Kreisen ein Niemand. Zu diesem Schluss ist auch RTL gekommen und lässt "hochkarätige" C-Promis in einer Villa um den Zuspruch ihrer Mitbewohner betteln. Das ist vor allem dann eher blöd, wenn man sich gegenseitig nicht leiden kann. Melanie Müller etwa kann ein Lied davon singen. Die anderen haben's aber auch nicht leicht. Und die Zuschauer schon gar nicht.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Bodo Klarsfeld dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Jetzt gibt es sie also auch im TV, die Jagd nach den Likes. RTL setzt für seine neue Show "Like Me - I'm famous" auf die üblichen Reality-TV-Hopper und C-Promis, die sich in einer Villa einsperren lassen, um nach lediglich einem Ziel zu hecheln: die Beliebtheitsskala himmelwärts zu klettern.

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Denn in der sogenannten "Like Lounge" gilt es für die üblichen Veteranen des seichten Wahnsinns, sich gegenseitig acht Folgen lang Likes hinzuknallen. Wer die wenigsten hat, fliegt raus – und verliert damit natürlich auch die Chance auf das Preisgeld.

"Like Me - I'm famous": Nach dem Ankommen erstmal eine Beleidigung

Die erste Folge von "Like Me - I'm famous" war eher eine Vorstellungsrunde, vor allem für Reality-Einsteiger gedacht. Und so trabten die Kandidaten und Kandidatinnen, etwa Sarah Knappik, die durch "Germanys next Topmodel" bekannt wurde und auch schon im Dschungelcamp ungut auffiel, ins Haus und wurden mit User-Meinungen aus den sozialen Medien konfrontiert.

"Sagenhaft, dass er sich selbst erträgt", bekam etwa Aurelio Savina über sich zu lesen. Der eine oder andere kennt den selbsternannten Frauenversteher vielleicht von diversen Formaten aus der Hölle, darunter "Die Bachelorette" und "Sommerhaus der Stars".

Die wohl am wenigsten Unbekannte der neuen Show ist Melanie Müller, die einst in der Erotikbranche loslegte, um dann ins TV-Geschäft abzurutschen: "Der Bachelor" (2013), das Dschungelcamp (2014) und das "Promiboxen" bei ProSieben (2014) seien hier stellvertretend genannt. Heute verdient sie ihr Geld als Stimmungssängerin, was sich derzeit ein wenig schwierig gestaltet.

Was man aber durchaus konstatieren muss: Auf Melanie Müller ist Verlass. Auch am Dienstagabend vergaß sie nicht die üblichen Gehässigkeiten und versteckten Backpfeifen. "Ach du Scheiße!", war etwa ihre erste Reaktion, als Helena Fürst die Villa betrat.

Helena Fürst: "Ich liebe es, mit fremden Menschen die Toilette zu teilen"

Zugegeben, die ist auch etwas schräg, was sich bereits an ihren ersten Worten festmachen ließ: "Ich liebe guten Trash, und ich liebe es, mit völlig fremden Menschen die Toilette zu teilen und ihnen in die letzte Ritze zu sehen", so die 46-jährige, die sich bereits 2016 durch das Dschungelcamp zickte.

Ein weiterer Dialog, der uns wissen ließ, wohin die Reise in den nächsten Wochen wohl gehen wird, lautete im Übrigen wie folgt: "Hallo Melanie, wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen", so Sarah. "Haben wir uns denn überhaupt schon mal gesehen?", zeigte sich Melanie überrascht. "Weiß ich jetzt gerade auch nicht", so Sarahs durchaus erstaunliche Antwort.

Ebenso Quartier in dieser "Villa Wahnsinn" im beschaulichen Rösrath bezogen übrigens:

  • "Bachelorette"-Teilnehmer Filip Pavlović
  • Dijana Cvijetic und Yasin Cilingir aus "Love Island"
  • der "König von Lloret de Mar", Don Francis
  • Schlager-Sternchen Juana Princess
  • "Köln 50667"-Schauspieler Alexander Molz

Teamleader wurde jener, der bei Instagram die wenigsten Follower hat: Don Francis, der es nur auf 4.000 Insta-Fans bringt. Dafür ist er umso ehrlicher: "Ich steh kurz vor dem Bankrott", gestand der 46-Jährige, der in Spanien vom Reiseleiter zum Schlagerstar avancierte. Auch Melanie Müller braucht "die verfickte Kohle", wie sie es formulierte.

Melanie Müller: "Mir gehen jetzt schon alle auf den Sack"

Dass Sarah Knappik sich ein wenig mit ihrem sozialen Engagement aufblies ("Ich hab jetzt in der Corona-Zeit den Tierpark meiner Freundin mit meiner Präsenz und meinem Aufruf gerettet"), kam bei Melanie Müller natürlich überhaupt nicht gut an.

Ungleich liebevoller präsentierte sich da schon Frauenflüsterer Aurelio, der einen Wegweiser für Frauen geschrieben hat und, wie er meinte, Werte und Prinzipien in die Show transportieren wolle. Melanie kommentierte das mit einem: "Mir gehen jetzt schon alle auf den Sack mit ihrem Gequatsche."

Zwischendurch werden im Haus auch "Fame Games" gespielt, bei denen man zusätzliche Likes abräumen kann. Das erste Game war allerdings mehr eine profunde Anleitung für gesunden Tiefschlaf. Die Kandidaten mussten O-Töne ihrer Mitbewohner und Mitbewohnerinnen erraten und den vermeintlichen Zitatgeber dann mit einem Farbbeutel abballern. Das Geschehen erinnerte ein wenig an Monty Pythons "100-Meter-Lauf der Orientierungslosen", nur halt in unlustig. Da war es dann auch schon völlig egal, dass RTL für die Präsentation des Spielergebnisses satte fünf Minuten veranschlagte.

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"Manchmal ist TV einfach nur Kot"

Dass tendenziell unsympathische oder langweilige Kandidaten am Ende jeder Folge den anderen auch Likes abkaufen können, kommt – und da kann man RTL einen Sinn für Gerechtigkeit nicht absprechen – im Wesentlichen allen in der Villa zugute.

Nur die Likes erst dem einen Mitbewohner zu versprechen, um sie dann plötzlich doch dem anderen zu schenken - davon sollte man vielleicht eher absehen. Altenpflegerin und Partyschlagersängerin Juana Princess hat sich da bei dem einen oder anderen womöglich nicht allzu beliebt gemacht.

Die wenigsten Likes am Ende der ersten Folge bekam jedenfalls Helena Fürst. Dass die 46-Jährige dann aber nicht aus dem "C-Promi"-Käfig ausziehen musste, überraschte dann doch. Da war sie einfach aus, die Sendung, weshalb sich bis zur nächsten Folge schon die Frage stellt: Ist Helena Fürst noch zu retten?

Geht es nach dem Rapsong, den sie am Dienstagabend in der Villa zum Besten gab, ist eher nicht davon auszugehen: "Ich bin ich und nicht du. Friss meinen Schuh! Medien spielen mit Menschen. Wo sind die Grenzen? Brot, Idiot, ist das ein Angebot? Manchmal ist TV einfach nur Kot." Mehr muss man nicht wissen.

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