In Folge neun reicht es Klum nicht mehr, wenn die Mädchen modeln können – jetzt müssen sie auch noch unterhalten. Damit sie das auch tun, hat sich die Klum Thomas Gottschalk als Dozenten ins Partyboot geholt. Justine hat das aber auch nichts genützt.

Christian Vock
Eine Kritik

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Heidi Klum ist eine Frau des klaren Wortes. Sie ist auch eine Frau des schrillen Worts, zugegeben, aber darum geht es jetzt nicht. Das klare Wort, um das es hier geht, ist folgendes: "Diese Woche steht alles unter dem Motto: We love to entertain you."

Das erklärt die Klum gleich am Anfang. Sie macht gerne Sachen, die unter einem Motto stehen. Genauer gesagt lässt Heidi Klum gerne Sachen machen, die unter einem Motto stehen, denn die Motto-Ausführenden sind natürlich ihre Mädchen.

Diesmal ist das Motto also Unterhaltung und das ist insofern ein wenig verwirrend, da "Germany's next Topmodel" ja bereits eine Unterhaltungsshow ist. Die Mädchen müssen also diesmal eine Doppelschicht schieben und Unterhaltung in der Unterhaltung bieten. Eine Herkulesaufgabe, da die eigentliche Unterhaltung der Show ja eher von zweifelhafter Natur ist.

Aber geben wir dem Ganzen eine Chance, schließlich wird sich die Frau Klum etwas dabei gedacht haben. Und das sieht so aus: Die Nachwuchsmodels müssen überlegen, welches Talent sie haben und dieses dann auf einer Bühne vor Live-Publikum präsentieren. "Als Model ist es auch wichtig, extrovertiert zu sein und deshalb müssen meine Mädchen lernen, aus sich herauszukommen", ist sich Klum sicher, dass das so sein muss.

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GNTM 2019: Thomas Gottschalk unterrichtet Unterhaltung

Damit die Damen aber nicht auf die Idee kommen, unkontrolliert aus sich herauszukommen, hat die Klum Thomas Gottschalk als Aussichherauskommensbeauftragten engagiert. Im Stuhlkreis in der Model-Villa eruiert man gemeinsam, welches Talent jedes der Models wohl haben mag.

Dass dabei niemand auf die Idee kommt, Modeln als Talent zu nehmen, mag in einer Modelshow vielleicht verwundern, sollte man aber nicht überbewerten. Schließlich schlummern in jedem Menschen mehr Talente, als nur zu modeln. Laut Regelwerk kann ja ohnehin nur eine Germany's next Topmodel werden. Geben wir die Mädchen also nicht zu früh auf.

Beim gemeinsamen Brainstorming jedenfalls kommen Sachen wie Kochen und dabei Schnaps trinken, wie Shakira tanzen oder Heidi Klum imitieren heraus. Die Latte hat Unterhaltungsbeauftragter Gottschalk bewusst niedrig gelegt: "Entertainment bedeutet für mich, Emotionen beim Publikum zu erwecken."

In dieser eher weiten Auslegung ist also auch Heidi Entertainerin, wie sie beweist: "Wollt ihr mal mein Talent wissen?", fragt Frau Klum in die Kamera und beginnt plötzlich, ohne eine Antwort des Zuschauers abzuwarten, mit ihren Brüsten zu wackeln.

Dass Frau Klum nicht immer so talentiert war, zeigt sie derweil in Aufnahmen von früher, als sie von Thomas Gottschalk in dessen Late-Night-Show zum Model des Jahres 1992 gekürt wurde. Da stand sie etwas wortkarg und ohne mit den Brüsten zu wackeln herum und hätte sie damals die erwachsene Heidi Klum neben sich gehabt, sie hätte in puncto Unterhaltung sicher kein Foto bekommen, wahrscheinlich noch nicht einmal ein Passbild.

Wie "outgoing" sind die Mädchen?

Bevor auch die Mädchen ihre Talente vorführen dürfen, kehrt erst einmal der Model-Alltag für vier der Damen ein, denn sie müssen zum Casting für ein Modeheftchen. Dort will man ein "Shooting mit Kleidern, die es in sich haben" machen, wie die Dame vom Modeheftchen den Umstand erklärt, dass das Casting in einem großen Cocktailglas stattfinden muss.

Die vier Mädchen müssen dort eine kleine Burlesque-Nummer aufführen, aus ganz naheliegenden Gründen: "Auf einem Bild kannst du Einiges erkennen. Du kannst sehen wie die Architektur des Körpers ist, wie das Gesicht ist. Aber du kannst oft nicht erkennen, wie diese Persönlichkeit tatsächlich outgoing ist", kauderwelscht die Dame vom Modeheftchen. Vanessas und Alicijas Persönlichkeiten waren am Ende offenbar am besten "outgoing".

Dass auch die anderen Mädchen outgoing sein können, müssen sie kurz darauf beweisen. "Ich bin gespannt, wer es heute schafft, mich zu entertainen", stimmt die Klum auf das kommende Shooting ein und es ist fast ein bisschen witzig, denn das Gleiche fragt sich der Zuschauer auch jeden Donnerstag.

Die Klum meint damit aber, dass die Mädchen sie als "sexy Zirkusdompteurin" unterhalten sollen. Das geht natürlich nur mit … Schlangen. Kennt man ja aus dem echten Zirkus, wenn dort die Schlangen vor einer sexy Zirkusdompteurin Männchen machen und durch brennende Reifen springen müssen. Aber der Klum geht es nicht um Wirklichkeitstreue, sondern um Unterhaltung.

Justine ist Heidi nicht laut genug

Justine hat bereits im Vorfeld dieser Aufgabe bezüglich der Anforderungen Magengrimmen: "Ich war ja in den letzten Wochen auch eher so ruhiger. Ich bin jetzt nicht so wie Vanessa oder Sarah, die einfach immer Leute zum Lachen bringen und immer etwas lauter sind. Dazu gehöre ich nicht."

Das ist richtig, dazu gehört sie nicht. Aber die Klum will nun einmal Extrovertiertes haben, weil das eben wichtig ist. Lustigerweise erzählen immer nur die Extrovertierten, wie wichtig es sei, extrovertiert zu sein. Es könnte sich lohnen, hier einmal nach den Gründen zu suchen.

Unserer Justine wird das aber nicht helfen, denn die extrovertierte Klum wird unserer Justine am Ende aus ihrer fehlenden Extrovertiertheit einen Strick drehen. Da hilft es auch nicht, dass die Klum ihr vorher wochenlang erzählt hat, wie wichtig "personality" sei. Ihre Persönlichkeit und gleichzeitig Extrovertiertheit zu zeigen, ist ein Kampf, den die introvertierte Justine nicht gewinnen kann.

Da nützt es auch nichts, dass sie nach der Talentshow beteuert, Spaß beim Modeln zu haben. Wenn eine Klum feststellt: "Den Spaß kann ich irgendwie nicht erkennen", dann muss Justine keinen Spaß gehabt haben. Man kann nur hoffen, dass das junge Zielpublikum dem Klumschen Gerede nicht allzu große Aufmerksamkeit schenkt. Justine jedenfalls verliert ihren Kampf gegen die Extrovertiertheit und darf nach Hause fahren.

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