Mädchen heulen, Mädchen kreischen, Mädchen straucheln auf hohen Hacken. Das kann nur eines heißen: GNTM ist zurück. Und obwohl in diesem Jahr alles anders sein soll als in den Staffeln zuvor, ist schnell klar: Irgendwoher kennt man das neue Konzept der Sendung.

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Es musste etwas passieren. Seit Jahren sinken die Quoten von "Germany's Next Topmodel". Also klaut Model-Mama Heidi Klum in der elften Staffel bei der einzigen Casting-Show, deren Quoten konstant sind: "The Voice Of Germany".

Konkret heißt das, dass die Mädchen bei GNTM nun in zwei Gruppen gegeneinander antreten, betreut von einem Coach. In dieser Staffel sind das Designer Michael Michalsky und Thomas Hajo, der es geschafft hat, auch in diesem Jahr nicht von Heidi Klum gefeuert zu werden.

Bis es soweit ist, folgt aber das übliche Prozedere. Glücklicherweise spart man sich die Homestorys bei den Kandidatinnen in ihren Vorstadtreihenhäusern am Frühstückstisch von Mama und Papa. Oder die Reise durch Deutschland im Tourbus, die Heidi Klum und seiner Jury sowieso nie jemand abgenommen hat.

Das nimmt Heidi Klum doch keiner ab

Diesmal wurden vorher 50 Mädchen aus 1.000 Bewerberinnen ausgewählt. Sie sind laut Klum von ihr persönlich handverlesen. Wer das dem deutschen Fräuleinwunder abnimmt, glaubt auch, dass die Gewinnerin dieser Sendung wirklich ein Topmodel wird.

Um die Zweifler zu überzeugen, sitzt Klum am Schreibtisch einer Lagerhalle und lässt die Mädchen antreten. Die sind die gewohnte Mischung aus Landpomeranze und urbaner Multikulti-Schönheit. Weil das aber wenig unterhaltsam ist, gibt es auch Minderjährige im Bikini und eine Kandidatin, die über ihren SM-Haussklaven berichtet (ja, richtig gelesen!). Was man als Model eben so können muss.

Höhepunkt ist eine 19-Jährige, die erzählt, dass sie mit 16 schwanger wurde, ohne es zu merken. Bis zur Geburt. Oder wie sie es im anschließenden Starmagazin "Red" auf ProSieben schildert: "Ich wurde überall dick, konnte es mir aber nicht erklären." Heidi Klum zeigt sich verständnisvoll. Offensichtlich ist der Grundton von GNTM in diesem Jahr wesentlich zahmer. Eine weitere Referenz an "The Voice".

GNTM: Dialoge wie Betäubungsmittel

Das legt sich auch nicht in der ersten Runde des eigentlichen Castings: 50 Mädchen präsentieren sich der Jury, beim "Express yourself walk". Was im Prinzip nur heißt, dass sie wie immer auf dem Laufsteg auf- und abwackeln. Was daran neu ist? Sie tun es in ihrer eigenen Kleidung. Verrückt!

Gleich geblieben sind dabei die Dialoge zwischen der Jury und den Mädchen, die weiterhin als Betäubungsmittel beim Zahnarzt dienen könnten: "Du hast wahnsinnig schöne Haare." "Ja, finde ich auch."

Zumindest ist bereits nach der ersten Runde klar, wer als Zicke für diese Staffel gecastet wurde. Jasmin, eine Art Ghetto-Version von Rihanna. Sie kann "sehr böse werden", wenn sie Hunger hat, sagt sie. Dazu sollte sie in dieser Sendung viel Gelegenheit haben.

Die anderen haben schlichtere Gründe für ihre Teilnahme: "Ich hab Bock auf Reisen." Ein Satz der in diversen Varianten immer wieder fällt. Offenbar hält ein Großteil der Teilnehmerinnen die "Germany's Next Topmodel" für ein Reisebüro.

Michael Michalsky ist geiler als Butterbrot - glaubt er

Einzig Michael Michalsky weiß, warum er an der Show teilnimmt: kostenlose Werbung für seine aktuelle Kollektion. Die präsentieren die Mädchen in Runde zwei, der "Fashion Show". Bei der sie auch wieder nur auf den Laufsteg müssen. Die Teilnehmerinnen sind gewohnt unterwürfig: "Es ist eine Ehre, das tragen zu dürfen", sagt eine.

Das sieht Michalsky übrigens auch so. Er schaut während der Präsentation als wäre das, was er sieht, das Geilste seit der Erfindung des Butterbrots. Aber was soll man auch von einem erwarten, der laut eigener Aussage alle großen Models und Musiker dieser Welt entdeckt hat. Toni Garrn "war bei ihm". Lady Gaga "war bei ihm". Ja, und Angela Merkel war wahrscheinlich auch zuerst bei ihm. Um regieren zu lernen.

Die 50 Mädchen stört das nicht weiter. Sie dürfen endlich in die "Battles". Was im Prinzip nur heißt, dass sie schon wieder den Laufsteg entlanggehen. Denn nicht sie treten gegeneinander an, sondern Michalsky und Hajo. Per Buzzer wählen sie das betreffende Mädchen für ihr Team aus.

"The Voice" meets GNTM

Man kennt das Prinzip aus, gähn, "The Voice". Verstanden haben es die Macher von GNMT offenbar nicht. Denn statt mit ihren Sticheleien zu unterhalten, wiederholen Michalsky und Hajo immer wieder die gleichen Argumente.

Der Designer sagt in Endlosschleife, dass er genau solche Mädchen immer bucht. Und Hajo, dass er in New York lebt. Sehr überzeugend. Heidi Klum veredelt diese Gaga-Konversation durch Einwürfe wie: "Du hast ein großflächiges Gesicht." Was als Kompliment zu verstehen ist.

Das zehrt auch am Verstand der Teilnehmerinnen: "Um so mehr du wartest, um so mehr Gedanken werden zugelassen." Nicht auszudenken, was passiert, wenn die Mädchen bei "Germany's Next Topmodel" ein eigenes Bewusstsein entwickeln.

Der sinnvollste Satz aus GNTM ever

So zieht sich der "Höhepunkt" dieser Show über eine Stunde Sendezeit. Landen die Mädchen in einem der beiden Teams, quietschen und heulen sie. Werden sie nicht erwählt, quietschen und heulen sie auch.

Was von beidem besser ist? Das wissen wohl selbst die Produzenten von GNMT nicht. Nur eine Mutter, die ihre heulende Tochter tröstet, weiß Rat: "Ist schon gut so. So kann sie ihre Schule weiter machen." Ein sinnvollerer Satz wurde nie in dieser Show gesprochen.

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