Wer behauptet, der Weg zu einer Model-Karriere sei steinig, liegt falsch. In Folge elf von "Germany’s Next Topmodel" erfahren wir nämlich am Donnerstagabend: Der Weg zu einer Model-Karriere ist klein und rund. Für die Kandidatinnen geht es diesmal nämlich auf einen Bällebad-Laufsteg. Keine Pointe.

Christian Vock
Eine Kritik
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Beginnen wir mit einem kleinen Service: Wer vorhat, die elfte Folge von "Germany’s Next Topmodel" mit einem kleinen Buzzword-Trinkspiel zu begleiten, der hat diesmal die Auswahl aus drei verschiedenen Promille-Stufen. Wer sich so richtig die Lampe anzuzünden möchte, der sollte unbedingt die Wörter "Casting" und "Job" nehmen.

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Wer den Abend hingegen lediglich in einem muggelichen Dämmerzustand verbringen will, der gerade so die schlimmsten Folgen der Show auf die geistige Gesundheit abfedert, der sollte "Berlin" als Schlagwort nehmen.

Wer vorhat, den Abend nüchtern zu verbringen, der geht mit "Entschuldigung", "grob fahrlässig" oder "unverantwortlich von mir" kein Risiko ein – sollte aber grundsätzlich überlegen, ob er nicht mit einer anderen Show besser fährt. Wer sich für Variante A oder B entschieden hat, der darf schonmal vorglühen, denn Heidi Klum eröffnet Folge elf mit einem "In Berlin steht die Casting-Woche an."

Aber auf einem Bein kann ein Model doch nicht stehen, oder? "In Berlin heißt es auch: Casting-Woche!" Danke Vivien. Und weiter geht die wilde Fahrt: "Ich hoffe, ich kriege ein Casting, ich hoffe, ich kriege einen Job", hofft Somajia. Na, schon in Stimmung?

Die Damen jedenfalls schon. Kaum in Berlin angekommen, gibt es einen Auftrag: Casting, Kilian Kerner. Ida sieht darin eine besondere Leistung der Gruppe: "Noch einmal sind wir alle eingeladen. Das ist echt krass, dass wir alle die Chance kriegen." Ja, das ist wirklich krass. Fast wie in einer Fernsehshow.

Nina und die Casting-Outfit-Problematik

Doch mit der Freude über die Casting-Einladung ziehen auf Ninas Stirn Sorgenfalten ein: Sie sucht die passenden Klamotten. Oder wie es Mirella formuliert: "Die gute alte Casting-Outfit-Problematik."

Das ist ein guter Hinweis, denn bislang wusste man gar nicht, dass die Casting-Outfit-Problematik nicht nur gut, sondern auch alt ist, ja man wusste noch nicht einmal, dass es eine Casting-Outfit-Problematik gibt! Gibt es aber und offenbar wurde Nina dazu auserkoren, die Geschichte der guten alten Casting-Outfit-Problematik zu erzählen.

Am Anfang dieser Geschichte stehen Ninas Entscheidung für Strumpfhose, Minirock und Corsage und ein schlechter Rat von Katherine: "Also, wenn du dich wohlfühlst und wenn du sagst: Das ist mein Casting-Outfit für Kilian Kerner – dann mach das!"

Nina hadert, will hier einfach keinen Fehler machen. Schließlich sei es "letztendlich das, wofür wir hier sind: für Jobs", erklärt Nina und irgendwo in der Produktionsfirma gibt es gerade ein High-Five, denn offenbar glauben das die Kandidatinnen nach 17 Staffeln immer noch.

Aber das Outfit steht, Kilian Kerner sitzt und die Models laufen, aber nicht bei jeder läuft es. Olivia schludert bei der Begrüßung, Somajia ist zu sehr geschminkt und Nina – da wird doch der Kajal in der Schminktasche verrückt – hat das falsche Outfit an! Wer konnte sowas kommen sehen!

Aber weil Kilian Kerner offenbar einen Narren an Nina gefressen hat, greift er ihr ein bisschen unter die Arme. In gegenseitigem Einverständnis fliegt der Rock wegen Unvorteilhaftigkeit raus und Nina bekommt statt der Corsage ein Männer-T-Shirt. Mit einigem Hängen und Würgen und dem Versprechen, zu üben, bekommt Nina den Job und darf zusammen mit Nicole für Kerner auf der Berliner Fashion-Week laufen.

Machen Nägel Macherinnen?

Tags darauf gibt es schon wieder ein Casting, diesmal für eine Nagellack-Firma und deren Vertreterin erklärt, was genau das für eine Firma ist: "Bei Neonail dreht sich alles um Farben, Haltbarkeit, aber vor allem um die Freiheit der Frau."

Es ist ein bisschen schade, dass der Schnitt der Nagellack-Frau das Wort entzieht. Man wünscht sich, dass die Nagellack-Frau noch ein bisschen erklärt hätte, wie das so ist mit dem Nagellack und der Freiheit der Frau.

Eine andere Nagellack-Frau erklärt den Kandidatinnen, man wolle in diesem Jahr "Nägel für Macherinnen" bewerben. Doch bevor sich die Models "als Macherinnen positionieren", wie es die dritte Nagellack-Frau möchte, wird Olivia beim Thema "Macherinnen" emotional: "Mein weibliches Vorbild ist auf jeden Fall meine Mutter, weil sie es in einem Land geschafft hat, wo sie die Sprache nicht sprechen kann, ohne Anschluss, ohne Familie, ohne wirkliche Hilfe." Und als Olivia das so erzählt, hat man das Gefühl, dass Nagellack dabei gar nicht so eine große Rolle gespielt hat.

Aber wer sagt das jetzt den Nägel-Für Macherinnen-Macherinnen? Und vor allem: Was machen wir denn mit den vielen Frauen, die nicht dem Macherinnen-Bild der Nagellack-Frauen entsprechen? Dürfen die den Nagellack nicht kaufen und so nie die Chance bekommen, eine Macherin zu werden?

Das Problem müssen wir aber auf später verschieben, freuen wir uns erstmal, dass Olivia den Job bekommen hat.

"Heidi, was hast du dir gedacht?"

Bei wiederum einem anderen Casting sucht eine Handtaschenverkäuferin ein Model für ihre "Launch-Kampagne". Für alle, die schon ein bisschen angetütert sind: Ja, sie hat "Launch-Kampagne" gesagt, nicht "Lauch-Kampagne". Großer Unterschied.

Jedenfalls darf Ida den Job machen. Einen Job gibt es allerdings noch für jedes Model zu erledigen: den Entscheidungswalk. In einem unnötig großen Hangar hat die Klum dafür ein Bällebad aufbauen lassen, durch das die Models in High Heels stolzieren sollen.

Angesichts dieser Herausforderung für den unteren Bewegungsapparat fragt Somajia nicht ganz zu Unrecht: "Heidi, was hast du dir gedacht?" Ja, Heidi, was hast du dir gedacht? Da raten wir doch einfach mal, was sich die Klum gedacht haben könnte. War es vielleicht:

  • A: "Tuuut … tuuut … tuuut … tuuut …"
  • B: "Leute, was soll die Aufregung? Es sind doch nicht meine Knöchel! Also alles gut."
  • C: "Entschuldigung! Ich weiß, hier geht es nicht ums Model-Suchen, sondern um TV-Unterhaltung, aber das war jetzt wirklich grob fahrlässig und unverantwortlich von mir. Tut mir leid, war ‘ne blöde Idee."

Aber die Klum sagt stattdessen: "Mir ist es wichtig, meine Models auf alle Situationen vorzubereiten." Das ist natürlich ein Freifahrtschein, zur Unterhaltung der Zuschauer alles mit den Damen zu machen, was einem so einfällt. Denn rein theoretisch kann natürlich alles passieren.

Daher freuen wir uns nach dem Bällebad-Walk schon auf den Barfuß-mit-Lego-Steinen-auf-dem-Boden-Walk und den Päckchen-Butter-unter-den-Füßen-Walk. Man weiß ja nie, was so kommt.

Heidi Klum: "Wird das vielleicht ein bisschen albern mit den Bällen?"

Aber erst einmal lassen die Models ihre Knöchel knacken und ihre Bänder biegen, bis die Klum tatsächlich meint: "Erst hab ich mir ein bisschen Sorgen gemacht: Wird das vielleicht ein bisschen albern mit den Bällen? Aber ich find das nicht albern! Ich finde, das hat irgendwas." Absolut. Jeder Orthopäde in der Nähe rastet aus vor Freude.

"Was war los bei euch?", fragt die Klum Nina und Nicole nach deren Walk und die beiden ergehen sich in Selbstkritik. Die richtige Antwort wäre allerdings gewesen: "Heidi, voll krass. Hast du das gesehen? Irgendein Dulli hat Bälle auf euren Laufsteg geschüttet. Wer macht so was? Das ist echt gefährlich, da müsst ihr besser aufpassen!"

Am Ende des Knick-und-Knack-Walks wählen Klum und ihre Gastjuroren die Kandidatin raus, "die heute für uns kein Model wirklich auf dem Catwalk war." Das ist in diesem Fall Cassy und für die dürfte es nur ein schwacher Trost sein, dass genau genommen keine der Kandidatinnen ein Model ist, denn sonst wären sie ja nicht in die Show gegangen.

Apropos gegangen. Gegangen wurde in Folge elf auch Marielena. Darauf ein: Casting, Job, Berlin - Prost!


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