Am Ende einer langen Saison belohnt sich der SC Magdeburg mit dem Champions-League-Titel. Dabei hätte das Spiel auch abgebrochen werden können. Gefeiert wird trotzdem.

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Auf der nächtlichen Heimfahrt wurde der Mannschaftsbus des SC Magdeburg zum Partymobil. Nach dem dramatischen 30:29-Endspielsieg gegen Industria Kielce feierten Trainer Bennet Wiegert und seine Schützlinge auf der Autobahn ausgelassen den zweiten Triumph in der Handball-Champions-League nach 2002, ehe am Montagnachmittag in Magdeburg ein großer Empfang für das Team um Gisli Kristjansson anstand.

"Es wird noch Wochen oder gar Monate dauern, alles zu realisieren, was an diesem Wochenende in Köln passiert ist. Ich werde das nie in meinem Leben vergessen, das weiß ich. Ich kann den Charakter der Mannschaft nicht hoch genug loben", sagte Wiegert am Sonntagabend vor der Abfahrt mit dem Siegerpokal mit Gepäck.

Magdeburg sichert sich Champions-League-Krone: Wiegert lobt seine Spieler

Das empfand auch Wiegert so, der die Spieler in höchsten Tönen lobte. "Jeder hat Geschichte geschrieben. Diese Mannschaft ist einfach fantastisch", sagte der 41-Jährige.

Exemplarisch für die Mentalität des Teams stand das Blitz-Comeback von Kristjansson, der sich am Vortag im Halbfinale gegen den FC Barcelona die Schulter des Wurfarms ausgekugelt hatte und trotzdem 24 Stunden später im Finale sechs Tore zum Sieg beitrug.

"Als es passiert war, habe ich gedacht, dass ich bis Januar kein Handball mehr spielen werde. Aber der Wille in mir war so stark. Ich wollte einfach dabei sein und der Mannschaft helfen, egal für wie lange", erzählte der 23 Jahre alte Rückraumspieler und fügte schmunzelnd hinzu: "Isländer geben niemals auf. Das ist einfach unsere Mentalität."

Der Auftritt von Kristjansson ließ auch Wiegert emotional werden, zumal der isländische Nationalspieler nun wohl für längere Zeit ausfallen wird. "Ich freue mich so sehr für ihn, denn ich weiß, welch anstrengende Zeit jetzt vor ihm liegt", sagte der Magdeburger Erfolgstrainer und fügte hinzu: "Hätten wir das Spiel verloren, dann hätte ich für ganz lange Zeit getrauert, einen so guten Spieler für ganz lange Zeit zu verlieren. Mit dem Pokal tut es ihm nicht so weh."

Todesfall am Rande des Spiels: Wiegert hätte auch Abbruch akzeptiert

Dabei war gar nicht klar, ob das Spiel zu Ende gespielt werden würde: Ein polnischer Journalist war 12:20 Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit auf der Tribüne plötzlich zusammengebrochen und nach Angaben der Turnierorganisatoren später im Krankenhaus gestorben. Wie nach Spielende bekannt wurde, verstarb der Mann infolge eines Herzstillstands.

Trainer Wiegert hätte wegen des medizinischen Notfalls mit Todesfolge beim Finale nach eigener Aussage auch einen Spielabbruch in Kauf genommen. Er sei während der 13-minütigen Unterbrechung der Partie zu seinem Trainerkollegen Talant Dujshebaev gegangen und ihm angeboten: "Lass‘ uns das Spiel beenden. Wir nehmen das Ergebnis und ihr seid Champions-League-Sieger, denn es gibt wichtigere Dinge im Leben", schilderte Wiegert nach dem Spiel.

"Man hat wieder gesehen, wie nahe Glück und Trauer beieinanderliegen. Es tut mir unheimlich leid, das ist einfach scheiße", sagte Wiegert über den tragischen Vorfall. "Ich gehe mit allem, was jetzt hier passiert, total demütig um. Und es tut mir unheimlich leid. Meine Trauer, mein Beileid ist bei dem verstorbenen Journalisten aus Kielce."

Gislason huldigt Magdeburg als "effektivste Mannschaft der Welt"

Handball-Bundestrainer Alfred Gislason huldigte unterdessen seiner ehemaligen Mannschaft. "Ein unfassbares Finale mit extremer Intensität! Der SC Magdeburg hat zweimal alles aus seinen Möglichkeiten herausgeholt und zurecht den Titel gewonnen", sagte der Isländer nach dem Endspielspielsieg.

"Ich kann mir nur im Ansatz vorstellen, was in den nächsten Tagen in Magdeburg los sein wird", sagte der Trainer, der den Traditionsverein vor 21 Jahren zum ersten Triumph in der Champions League geführt hatte. Der SCM sei derzeit "die effektivste Mannschaft der Welt".

Unter dem heutigen DHB-Coach hatten die Magdeburger als erstes deutsches Team überhaupt in der Champions League triumphiert. Nun wiederholte das Team von Trainer Bennet Wiegert, der damals als Spieler dabei war, den Triumph von 2002. (dpa/SID/ank)

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