Wenn in dieser Woche die Teilnehmer des diesjährigen Champions League-Endspiels ausgespielt werden, markiert das auch ein Aufeinandertreffen der Super-League-Abtrünnigen (Chelsea, ManCity und Real Madrid) bzw. derer, die wirtschaftlich bloß nach einer anderen, aber moralisch genauso fragwürdigen Pfeife tanzen (Paris St. Germain).

Christopher Giogios
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Die Super League, für einige Beobachter und Fans inzwischen nur noch ein Kapitel in den Geschichtsbüchern des modernen Fußballs. Dass der europäische Fußball mit dem Scheitern der Pläne nur einen schmeichelhaften Sieg errungen hat, ging dabei in der breiten Öffentlichkeit unter.

Die Super League ist tot – lang lebe die Champions League?

Im Schatten des Super-League-Skandals wurde eine Reform der Champions League durchgewunken, die gut und gerne als Super League light bezeichnet werden kann. Ein mehr als großes Trost-Pflaster für die zwölf englischen, italienischen und spanischen Giganten, die zähneknirschend wieder in Reih und Glied des europäischen Clubfußballs zurückkehrten.

Die Champions League-Reform war eigentlich nur ein Kompromiss mit der UEFA, um die Drohkulisse Super League abzubauen und den mächtigen Vereinen die Königsklasse wieder etwas schmackhafter zu machen. Man hätte meinen können, dass dieser Kompromiss hinfällig wurde, als die Super League – zumindest für zwei Tage – trotzdem Realität wurde.

Wer aber glaubte, dass die UEFA sowie die übrigen Vereinsvertreter der European Club Association um Bayerns Karl-Heinz Rummenigge und den PSG-Präsidenten Nasser el-Khelaifi sich nun anschicken würden, den Fußball zu retten, nun, der sollte eines Besseren belehrt werden.

Die Champions League Reform ist ein einziges Zugeständnis an die Spitzenvereine

Neben einer Aufstockung von 32 auf 36 Teams ab 2024 sieht die Reform vor, dass die Vorrunde nicht mehr im Gruppenmodus, sondern in einer Liga ausgespielt wird, bei der die besten acht in die K.O.-Phase einziehen. Damit verbunden ist eine erhöhte Zahl an Vorrundenbegegnungen (bisher sechs, nach der Reform zehn). Das Prinzip ist klar: mehr Spiele bedeuten mehr Einnahmen.

Das Bonbon für die Spitzenvereine: Aufstockung bedeutet nicht, dass nun schwächere Ligen bei den Startplätzen berücksichtigt werden. Stattdessen kommt nur einer der vier zusätzlichen Teilnehmer aus der CL-Qualifikation.

Vielmehr geht es darum, den großen Vereinen noch ein Hintertürchen zu öffnen, sollten sie die Qualifikation für die Champions League über ihre nationale Liga verpassen. Wie man in der laufenden Saison in Dortmund oder Liverpool sieht, ist das kein unrealistisches Szenario.

Zwei Vereine können in dieser Konstellation dann über den Klubkoeffizienten nachrücken. Der letzte zusätzliche Startplatz geht an den Dritten des Verbandes, der an Rang fünf der UEFA-Fünfjahreswertung liegt (derzeit die französische Ligue 1).

Die Chance zur nachhaltigen Reform des europäischen Fußballs verpasst

Halten wir also fest: die Champions League Reform ist nicht mehr als ein Zugeständnis an eine Handvoll Spitzenvereine. Die Stärkung der kleineren Vereine oder gar stärkere Umverteilung der Einnahmen sieht die Reform hingegen nicht vor. Solidarität? Fehlanzeige.

Hier knüpft die Kritik von Fanverbänden in ganz Europa an. Das Fanbündnis "Südtribüne Dortmund" führt dazu aus: "Noch mehr Spiele in einem ohnehin schon überfüllten Terminkalender und ein Rettungsanker für die 'Großen', die sich sportlich nicht qualifiziert haben, führen mit Sicherheit nicht dazu, dass der Wettbewerb wieder fairer wird."

Aus Sicht der Fans ist die Sache klar: immer mehr Spiele, die der Stadionbesucher aufgrund TV-gerechter Anstoßzeiten unter der Woche ohnehin nicht mehr besuchen kann, sowie ein Wettbewerb, der durch die finanzielle Kluft zwischen den Vereinen immer weiter verzerrt wird - all das ist nur die Spitze der Entfremdung vom Profifußball.

Eines sollte man sich also vergegenwärtigen: eine kritische Auseinandersetzung mit all den Dingen, die an der Super League falsch sind, muss sich konsequenterweise auch auf die UEFA und die Champions League in ihrer gegenwärtigen Form und erst recht in ihrer Ausgestaltung ab 2024 beziehen.

Die letzten Wochen haben gezeigt, wie stark der öffentliche Druck der Fans sein kann. Wenn man diesen Druck auch auf die aktuellen Zustände im europäischen Clubfußball richten und dadurch nachhaltige Verbesserungen erreichen könnte, ja, dann hätte man wahrlich eine Chance, den Fußball zu retten.

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