Die Darts-Weltmeisterschaft hat mit Luke Humphries ihren Champion gefunden. Anders als sein Gegner Luke Littler musste der 28-Jährige hart kämpfen, um in den Darts-Olymp zu kommen. Dabei hat Humphries sogar Panikattacken überwunden.

Ein Porträt
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Als der zweite Matchdart sein Ziel fand und er damit um 580.000 Euro reicher war, sackte der neue Darts-Weltmeister Luke Humphries in sich zusammen. Soeben hatte er auf der größten Bühne, die der Darts-Sport zu bieten hat, das Märchen des 16-jährigen Luke Littler gestoppt. Er kämpfte mit den Tränen, umarmte Caller-Legende Russ Bray, der sein letztes Spiel leitete, und fand tröstende Worte im Gespräch mit seinem unterlegenen Gegner.

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"Ich hätte nie gedacht, dass es sich so toll anfühlt, es ist ein wahnsinniges Gefühl", sagte Humphries, kurz nachdem er den riesigen WM-Pokal in die Höhe gestemmt hatte, über das Weltmeister-Glück. Es ist die Krönung unglaublicher Wochen. Im Vorfeld der Weltmeisterschaft gewann er drei Major-Turniere in gerade einmal 50 Tagen und reiste dementsprechend als Favorit zum bedeutendsten Darts-Event des Jahres an.

Luke Humphries hatte zwei Matchdarts gegen sich

Doch im Alexandra Palace in London wird er seiner Favoritenrolle im Turnierverlauf nicht immer gerecht. In Runde drei gegen den Deutschen Ricardo Pietreczko liegt er bereits mit 1:3 in den Sätzen zurück und ein Leg vor dem Aus, setzt sich dann aber doch noch gegen "Pikachu" und die deutschen Fans durch.

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Im Achtelfinale spielte "Cool Hand Luke" die komplette Drama-Klaviatur des Darts, als er gleich acht Matchdarts gegen Joe Cullen vergab, aber auch zwei Matchdarts seines Gegners überstand. Erst im alles entscheidenden Sudden-Death-Leg setzte Humphries sich durch und sank danach ungläubig auf die Knie, während sein Gegner mit Tränen in den Augen die Bühne verließ.

Spätestens dieses Darts-Drama weckte Humphries aber auf, sodass er schlussendlich im Finale gegen Wunderkind Littler spielte. Auch der 16-Jährige forderte seinen Kontrahenten bis aufs Letzte, verpasste beim Stande von 4:2 in den Sätzen aber einen Satz-Dart zum womöglich vorentscheidenden 5:2. Ab diesem Zeitpunkt legte Humphries noch einmal zu in Sachen Scoring und Check-Out. Mit vier Satzgewinnen in Folge stürmte der 28-Jährige zu seinem ersten WM-Titel.

Erleichtert sagte er: "Ich musste mir den Titel jetzt holen, weil in den nächsten Jahren ist er (Littler, Anm.d.Red.) auf jeden Fall da." Eine vorläufige Krönung, die so, anders als bei Ausnahmetalent Littler, nicht zwingend vorherzusehen war. Im Alter von 16 Jahren bewarb sich Humphries für einen Bürojob in seiner Heimat Berkshire in Nordengland. Eine Profi-Darts-Karriere schien kein Thema zu sein.

Zwischen 17 und 20 legte "Cool Hand Luke" die Pfeile sogar komplett weg und arbeitete als Dachdecker mit seinem Vater sowie seinem Bruder. Vom Vater erbt Humphries auch das Fan-Dasein für den aktuellen Zweitligisten Leeds United. So soll sein Vorname als Synonym für "Leeds United Kings of Europe" (Deutsch: Leeds United: Die Könige von Europa) stehen.

"Ich war kurz davor aufzuhören"

Luke Humphries

Im Alter von 21 Jahren entschließt sich Humphries dann doch dazu, Darts-Profi zu werden. Gleich in seinem ersten Jahr schlägt er unter anderem Rekord-Weltmeister Phil Taylor. Aber abseits des Dart-Boards kämpft der junge Profi mit großen Problemen. Angststörungen und Panikattacken machen ihm das Leben auf der Bühne schwer.

"Natürlich ist es ein großer Kampf, an die Spitze des Darts zu kommen, aber es ist noch viel härter, gegen Angststörungen und Panikattacken zu kämpfen", blickte Humphries kürzlich bei "Sky UK" auf diese Zeit zurück. "Ich war kurz davor aufzuhören, weil ich nicht wusste, ob ich es schaffen werde. Aber ich habe schlussendlich Wege herausgefunden."

Noch heute ist Humphries extrem darauf bedacht, auf der Bühne nicht zu viel Emotionen zu zeigen. Schüttelte er vor einigen Jahren noch mit dem Kopf nach schlechteren Würfen, bleibt er jetzt fokussiert.

Gewichtsverlust machte Humphries stärker

Aber nicht nur mental hat Humphries einen Wandel durchlaufen, auch körperlich hat er sich in Form gebracht. Die Corona-Pandemie nutzte Humphries, um etwa 25 Kilogramm abzunehmen, sodass seine Statur inzwischen mehr an andere Profi-Sportler erinnert als an die eines Dart-Profis.

"Ich glaube, dass es mir bei längeren Tagen und Spielen hilft, dass ich fitter bin. Es ist kein Zufall, dass ich davor nicht in ein Viertel- oder Halbfinale gekommen bin, denn mir ist die Energie ausgegangen", sagte er über seinen körperlichen Wandel. Der Gewichtsverlust sei der Schlüssel dafür, dass er da stehe, wo er nun sei.

Denn in der Folge startet Humphries, der mit seiner Partnerin Kayley Jones einen gemeinsamen Sohn hat, auf der Darts-Bühne durch. Drei WM-Viertelfinals, mehrere European-Tour-Titel und ein Halbfinale bei den Players Championship Finals lautete seine Bilanz bis zum Jahr 2022. Das Jahr 2023 startete zunächst ohne größere Erfolge, bevor sein unglaublicher Lauf mit dem Triumph beim World Grand Prix seinen Anfang nahm.

Die aktuelle Bilanz liest sich bereits beeindruckend: Vier Major-Siege, darunter ein WM-Titel, und Weltranglisten-Erster. Humphries ist im Darts-Olymp an- und dabei auf den Geschmack gekommen. Er wolle so viele Titel wie möglich gewinnen, erklärte "Cool Hand Luke" nach seiner Weltmeister-Premiere. In seiner aktuellen Verfassung mehr als nur Wunschdenken.

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