Kitas schließen, Bahnen fahren nicht oder die eigene Firma bleibt zu: Immer mehr Deutsche sind von den Vorsichtsmaßnahmen zum Coronavirus betroffen. Was Arbeitnehmer jetzt wissen müssen.

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Die neuen Fälle von Ansteckungen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 haben zum Teil Konsequenzen für öffentliche Einrichtungen. In mehreren Bundesländern bleiben als Vorsichtsmaßnahme Kitas und Schulen geschlossen. Kinder, die in Risikogebieten Urlaub gemacht haben, sollen vorsorglich zu Hause bleiben.

Was gilt für Arbeitnehmer und -geber in solchen Situationen?

Fall 1: Kind kann nicht in die Kita oder Schule gehen

Die Faschingsferien in Baden-Württemberg und Bayern sind vorbei, doch einige Schüler bleiben dennoch zu Hause: Die Kultusministerien der beiden Länder riefen dazu auf, Kinder nicht in die Schule gehen zu lassen, die in einem der Risikogebiete für das Coronavirus Urlaub gemacht haben. Dies gilt auch, wenn die Kinder keine Symptome der neuartigen Lungenkrankheit aufweisen. Laut Robert Koch-Institut gelten diese Regionen als Risikogebiete:

  • Italien: Region Emilia-Romagna, Region Lombardei und die Stadt Vo in der Provinz Padua in der Region Venetien
  • China: Provinz Hubei (inkl. Wuhan) und die Städte Wenzhou, Hangzhou, Ningbo, Taizhou in der Provinz Zhejiang
  • Iran: Provinz Ghom
  • Südkorea: Provinz Gyeongsangbuk-do

In diesem Fall - und auch wenn Kindergärten und Schulen aus Vorsicht zum Infektionsschutz geschlossen sind, gilt: Arbeitnehmer können im Notfall zu Hause bleiben, um ihre Kinder zu betreuen, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln. Ob sie dann auch weiter ihr Gehalt bekommen, hängt aber davon ab, ob wirklich keine andere Betreuung möglich war.

Der Paragraf 616 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) besagt: Wer ohne eigenes Verschulden und aus einem persönlichen Grund verhindert ist und nicht zur Arbeit kommen kann, bekommt dennoch weiter sein Gehalt.

Die erste Maßnahme sollte in einem solchen Fall aber immer sein, mit dem Arbeitgeber gemeinsam eine Lösung zu finden - etwa Überstunden abzubauen, im Homeoffice zu arbeiten oder Urlaub zu nehmen.Gleiches gilt für diejenigen, die ein krankes Kind zu Hause haben: Kurzfristig können Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben und trotzdem weiter ihr Gehalt bekommen, wenn sie den Nachwuchs betreuen müssen und die Betreuung nicht anderweitig gesichert werden kann.

Fall 2: Ich habe Angst vor dem Virus - kann ich zu Hause bleiben?

Die reine Sorge vor einer Ansteckung am Arbeitsplatz reicht nicht aus als Grund dafür, von zu Hause aus zu arbeiten. Wenn im Betrieb aber die Arbeit im Homeoffice ohnehin üblich ist, kann das in Absprache mit dem Arbeitgeber in Anspruch genommen werden.

Wo eine solche Möglichkeit bisher nicht besteht, kann man dennoch zu Hause arbeiten, wenn in derselben Stadt oder im selben Landkreis Infektionsfälle aufgetreten sind. Das erklärt Wolfgang Däubler, Professor für Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht an der Universität Bremen, in einem Interview mit dem Bund-Verlag.

Das gelte aber nur dann, wenn die Arbeit zu mindestens 80 Prozent von zu Hause aus erledigt werden kann und Besprechungen per Telefon oder Videokonferenz möglich sind.

Fall 3: Kann der Chef Mitarbeiter auf Verdacht nach Hause schicken?

Ist ein Arbeitgeber der Ansicht, dass ein Arbeitnehmer nicht arbeitsfähig ist, kann er die Person nach Hause schicken, erklärt der DGB Rechtsschutz. Arbeitnehmer zu Urlaub zu verpflichten, sei aber nicht rechtens.

Auch kann der Arbeitgeber nicht einfach anordnen, dass ein Arbeitnehmer zu Hause bleiben und etwa Überstunden abbauen soll. Das ist nur mit der Einwilligung des Mitarbeiters möglich.

Bestehen Regeln zur Arbeit im Homeoffice, können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter im Rahmen der getroffenen Abmachungen ins Homeoffice schicken und sie von dort aus arbeiten lassen.

Fall 4: Der Betrieb schließt als Vorsichtsmaßnahme

Auch bei einer solchen Maßnahme bekommen Arbeitnehmer weiter Gehalt, erklärt Nathalie Oberthür: "Das gehört zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers."

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Fall 5: Im Betrieb tritt ein Coronafall auf

Zeigt ein Mitarbeiter Symptome von Covid-19, ist das zuständige Gesundheitsamt der erste Ansprechpartner für Betriebe, wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag erklärt. Das Gesundheitsamt ist dann für den Meldeweg zuständig und prüft, welche weiteren Maßnahmen zu ergreifen sind. Außerdem informiert die Behörde, wie sich Arbeitgeber weiter zu verhalten haben.

Hat ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz entsprechende Symptome, sollten Arbeitgeber ihn nach Hause oder zum Arzt schicken, damit geklärt wird, ob es sich wirklich um das Coronavirus handelt, empfiehlt die IHK für München und Oberbayern.

Fall 6: Ich bin unter Quarantäne gestellt

Wer krank ist und zu Hause bleiben muss, bekommt weiterhin sein Gehalt gezahlt - auch bei Covid-19 gelten die gleichen Regeln wie sonst im Krankheitsfall.

Wer dagegen nicht krank ist, aber trotzdem einer Quarantäne-Anordnung unterliegt, hat laut Infektionsschutzgesetz einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Verdienstausfalls. Die Entschädigungsleistung hat der Arbeitgeber zu zahlen, der sie sich von der Behörde erstatten lassen kann. Betriebe müssen diese Entschädigung laut Informationen der IHK für München und Oberbayern binnen drei Monaten beim zuständigen Gesundheitsamt beantragen.

Wer auf Reisen ist und zum Beispiel im Hotel über seine geplante Abwesenheit hinaus unter Quarantäne gestellt wird, kann nicht zur Arbeit kommen. "In einem solchen Fall hat man Anspruch auf Entschädigung", sagt Oberthür. Der Arbeitgeber muss also weiter das Gehalt zahlen, "er holt es sich an anderer Stelle wieder zurück."

Fall 7: Der Bahn- und Nahverkehr sind eingestellt

Für einen solchen Fall trägt der Arbeitnehmer das sogenannte Wegerisiko, erklärt Oberthür. Das bedeutet: Er ist in der Regel selbst dafür verantwortlich, pünktlich bei der Arbeit zu sein. Gibt es gar keine Möglichkeit , zur Arbeit zu kommen, "muss man auch in diesem Fall nicht mit Sanktionen rechnen", sagt die Fachanwältin. Der Vergütungsanspruch entfalle aber: Arbeitnehmer bekommen für die Zeit, in der sie nicht bei der Arbeit sind, im Zweifel kein Geld.

Fall 8: Eine Dienstreise steht an

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer verpflichtet, Dienstreisen anzutreten. Angst, sich anzustecken, ist laut DGB Rechtsschutz noch kein Grund, eine Dienstreise zu verweigern.

Gibt es jedoch eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amts, müssen Arbeitnehmer nicht aus dienstlichen Gründen in das entsprechende Land reisen. Für China dürfte aufgrund der geltenden Reisewarnungen und weitreichenden Einschränkungen eine Anordnung zur Dienstreise wohl nicht mehr billigem Ermessen entsprechen, erklärt die IHK für München und Oberbayern.

Für Länder wie Italien sei jeweils der Einzelfall zu betrachten. Eine Dienstreise in abgeriegelte Gebiete sei sinnlos, weshalb Arbeitnehmer sich hier verweigern können, heißt es beim Bund-Verlag. Für andere Regionen in Italien ist auch die Dringlichkeit des einzelnen Auftrags ein entscheidender Faktor, erklärt die IHK - ebenso wie die gesundheitliche Gefährdung für den Mitarbeiter.

Grundsätzlich sei es ratsam, sich mit den jeweiligen Mitarbeitern abzusprechen und eine Lösung zu finden, die für alle verträglich ist.

Muss der Arbeitgeber Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen?

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Verletzungs- und Erkrankungsrisiken im Betrieb so gering wie möglich sind, heißt es beim DGB Rechtsschutz. Zu den erforderlichen Maßnahmen hierfür kann es auch zählen, dass der Arbeitgeber Desinfektionsmittel bereitstellt. Welche Schritte ein Betrieb unternehmen sollte, hänge aber immer von den Faktoren dort ab - zum Beispiel, ob die Mitarbeitenden Kundenkontakt haben oder nicht.

Arbeitgeber sind in der Pflicht, ihre Mitarbeiter über Risiken und Möglichkeiten aufzuklären. Dazu gehört es dann beispielsweise, Informationen zur Husten- und Niesetikette bereitzustellen und Regeln für den Umgang miteinander festzulegen, wie die IHK erklärt. Atemschutzmasken, Handschuhe oder sonstige Schutzausrüstung könnten ebenfalls unter Umständen zu zumutbaren Maßnahmen gehören - das hängt aber vom Betrieb ab. (af)

Verwendete Quellen:

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