Sie schmecken, sind eine preiswerte Proteinquelle und vielfältig einsetzbar: Hülsenfrüchte. Sie spielen auch eine wichtige Rolle für unsere Böden – und den Klimaschutz. Zeit, sich die Tausendsassas einmal genauer anzuschauen.

Diese Kolumne stellt die Sicht von Marianne Falck (RiffReporter) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Kindheitserinnerungen sind bei mir mit unzähligen Stunden im Garten verbunden. Ich wuchs in der DDR auf, frisches Obst sowie Gemüse waren in den Läden Mangelware. Deshalb bauten meine Eltern von Äpfeln bis Zucchini gefühlt alles selbst an.

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Sie tauschten Samen und Pflänzchen mit Nachbarn und Bekannten, manchmal mit überraschenden Ergebnissen: So erblickten statt Gurken eben sehr viele Zucchini das Licht der Welt – und wir konnten aufgrund üppiger Ernte fortan alle Nachbarn und Freunde mit dieser Unterart des Gartenkürbisses beglücken, und das wöchentlich. (Natürlich bilde ich mir bis heute ein, sie haben sich alle jedes Mal darüber gefreut und keine Zucchini-Abneigung entwickelt!)

Im Sommer warteten gelbe Buschbohnen darauf, gepflückt zu werden. Meine Mutter bereitete diese häufig als Eintopf mit Kartoffeln und etwas saurer Sahne zu. Auf dem Teller richtete sie alles mit einem pochierten Ei und etwas frischem Dill an. Und obwohl ich gelbe Bohnen bis heute mag, gerieten sie bei mir – wie auch andere Hülsenfrüchte – jahrelang in Vergessenheit. Ich habe sie erst vor einigen Jahren wieder für mich entdeckt.

Die Hülsenfrüchtler, auch Leguminosen genannt, sind eine der artenreichsten Pflanzenfamilien und gehören zur Ordnung der Schmetterlingsblütenartigen (Fabales). Im engeren Sinne – etwa im ernährungswirtschaftlichen Bereich – versteht man unter Hülsenfrüchten die Körner-Leguminosen. Zu diesen gehören alle Arten von Erbsen, Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Lupinen sowie Erdnüsse. Nicht nur ich habe Hülsenfrüchte lange Zeit weitgehend ignoriert. Im deutschen Speiseplan fristen sie eher ein Schattendasein. Das war aber nicht immer so.

Wie Erbsen, Bohnen & Co. von deutschen Böden verschwanden

Mitte des 19. Jahrhunderts wurden deutschlandweit im Schnitt noch 15 bis 20 Kilogramm Hülsenfrüchte pro Person im Jahr konsumiert – fast genauso viel wie Fleisch. Dabei waren sie hierzulande nicht einmal besonders beliebt. Dennoch landeten die harten Samen mit ihrer langen Zubereitungszeit, die oft schwer verdaulich sind und ein Image als "Arme-Leute-Essen" hatten, deutlich häufiger als heute auf den Tellern. Das belegen auch die Zahlen, die der Historiker Hans Jürgen Teuteberg zusammengetragen hat.

Wegen des "geringen Geschmackswertes", den jedenfalls Teuteberg den damaligen Hülsenfrüchten zuschreibt, fügte man Suppen und Breien nach Möglichkeit Speck, Würste, Kochfleisch oder geröstete Brotkrumen, Kartoffeln und Gewürze hinzu. Natürlich kann ich die früheren Lebensweisen nicht nachempfinden: Ich weiß allerdings, dass ich "meinen" gelben Bohnen aus dem Garten keineswegs einen geringen Geschmackswert bescheinigen würde.

Ganz im Gegenteil. Ich schätze ihr zartes Aroma – sie sind in der Tat ein Lieblingsgemüse auf meinem Teller. Während die Bohnen also in unserem Garten beständig vor sich hinwuchsen, verschwanden die Hülsenfrüchte im Allgemeinen von den hiesigen Speiseplänen und Äckern. Bereits zu Beginn der 1960er-Jahre verbrauchten die Menschen in Deutschland durchschnittlich nicht einmal mehr zwei Kilogramm Erbsen, Bohnen und Co. im Jahr.

Im Grunde ließ sich in allen Industriestaaten Europas der gleiche Übergang beobachten: Der Verzehr von Fleisch, tierischem Fett und Eiern, aber auch von frischem Gemüse, frischem Obst und Zucker nahm zu, während die Nachfrage nach Brot, Hülsenfrüchten und Kartoffeln zurückging. Dennoch fällt auf, dass Hülsenfrüchte im Gegensatz zu Deutschland in einigen Kulturen weiterhin ihren festen Platz behielten, etwa in der italienischen Küche. Hierzulande dagegen setzten sich Kartoffel- und Fleischgerichte durch.

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Die zunehmende mineralische Düngung war – und ist – neben dem starken globalen Welthandel und dem Fokus auf billige Fleischproduktion einer der Hauptgründe, warum konventionelle Landwirte hierzulande die Leguminosen vernachlässigten. Mit herben Effekten für die Böden.

Die Fruchtbarkeit unserer Felder nämlich profitiert von Hülsenfrüchten durch ihren Stickstoffeintrag und weiteren bemerkenswerten Eigenschaften. Kurzum: Der Einsatz von Düngemitteln, die mit Erdöl oder Erdgas produziert werden, wird reduziert oder komplett vermieden – und das senkt die Treibhausgasemissionen.

Warum es sich lohnt, mehr Hülsenfrüchte zu essen

Auch für unseren Körper sind Hülsenfrüchte wahre Kraftpakete: Die enthaltenen Aminosäuren sind Grundbaustoffe für Proteine und damit eine Alternative zu Fleisch. Darüber hinaus sind sie preisgünstig, vitamin- und ballaststoffreich und sättigen langanhaltend. Sie können zudem Einfluss auf unsere Stimmung nehmen, denn Hülsenfrüchte enthalten L-Tryptophan. Die Aminosäure wird vom Körper schrittweise zu Serotonin umgebaut. Das Glückshormon Serotonin gilt als stimmungsaufhellend und beruhigend.

Doch diese Vorzüge der Tausendsassas spiegeln sich nicht in unserer aktuellen Ernährung wider. Derzeit liegt der aktuelle Pro-Kopf-Verbrauch von Hülsenfrüchten nach Schätzungen des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) bei immer noch mageren zwei Kilogramm pro Jahr. Damit ist die Empfehlung von 6,5 Kilogramm pro Jahr, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) seit Kurzem anrät – mindestens eine Portion mit 125 Gramm pro Woche sollte es sein – noch in weiter Ferne.

Die EAT-Lancet-Kommission, die aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt besteht, entwickelte 2015 die sogenannte Planetary Health Diet. Dieser Speiseplan soll die Gesundheit des Menschen und des Planeten gleichermaßen schützen. Das Wissenschaftsteam rät sogar, 27 Kilogramm Hülsenfrüchte im Jahr zu essen. Ihnen kommt das viel vor?

Die meisten europäischen Länder sind längst weiter als Deutschland, wenn es um die wöchentliche Ration Hülsenfrüchte auf dem Teller geht. Einige Beispiele: Die Niederlande empfehlen Erwachsenen zwei bis drei Portionen (bis zu 180 Gramm pro Woche, 9,4 Kilogramm im Jahr); Italien rät zu drei Portionen (450 Gramm pro Woche; 23,4 Kilogramm im Jahr); Spanien empfiehlt 4 Portionen pro Woche (etwa 680 Gramm, 35,3 Kilogramm im Jahr). Italien kommt dem planetarischen Ernährungsplan schon ziemlich nah, Spanien übertrifft ihn sogar – zumindest mit ihren Empfehlungen.

Einfach ausprobieren

Sie möchten gerne mehr Hülsenfrüchte auf ihren Teller bringen – wissen aber noch nicht wie?

Für das bessere Geschmackserlebnis macht es einen Unterschied, ob Sie frische "Hülsen" oder (gefrier-)getrocknete Produkte in der Küche verwenden. Falls Sie also noch nicht auf den Geschmack gekommen sind, könnte es daran liegen.

Erbsen

Mein Tipp: Einfach mal probieren. Grüne Erbsen im Glas oder aus der Dose sind etwas – sehen Sie es mir bitte nach –, womit sie mich jagen können. Ich schätze dagegen gefrorene grüne Erbsen für schnelle Gerichte. Und ja, es gibt natürlich Rezepte, deren Verfasserinnen und Verfasser ausdrücklich nach frischen Erbsen verlangen.

Kichererbsen

Bei Kichererbsen kommen die Hülsenfrüchte aus dem Glas im Geschmack den frisch gekochten ziemlich nah, finde ich. Mit Kichererbsen aus dem Glas können Sie viele Gerichte mit einer Tomatenbasis aufwerten, etwa Pasta mit Kichererbsen und Tomatensauce.

Ein schneller Salat mit Kichererbsen, etwas Essig, Olivenöl, einer kleinen, feingehackten Zwiebel und Salz ist im Handumdrehen gemacht. Noch besser schmeckt er, wenn Sie ihn kurz im Kühlschrank durchziehen lassen.

Bohnen

Toll sind außerdem weiße Bohnen und Kidneybohnen. Wussten Sie, dass sich diese sogar in Schokoladen-Brownies verarbeiten lassen? Ich bekenne aber: Hier suche ich selbst noch ein Lieblingsrezept ...

Bei den trockenen Hülsenfrüchten sind rote Linsen meine Favoriten – lediglich 10 bis 15 Minuten Kochzeit und mein Wohlfühlessen, eine türkische Linsensuppe, ist fertig.

Bald kommt zudem die Zeit für frische Hülsenfrüchte: Juli bis Oktober ist Haupterntezeit. Ich jedenfalls habe mir fest vorgenommen, im Mai gelbe Bohnen auszusäen.

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Verwendete Quellen

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