Vier Tage nach dem eigentlichen Election Day lag endlich ein Wahlergebnis vor: Joe Biden wurde zum 46. Präsidenten der USA gewählt und mit ihm die erste schwarze Frau, Kamala Harris, die als Vize-Präsidentin mit ins Weiße Haus einziehen wird. Viele US-Bürger und auch unser Kolumnist, erlebten einen bedeutenden Augenblick.

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Meine Twitter-Timeline war am Samstagabend ein digitaler, hupender Autokorso. Ein großes Straßenfest. Mit Videos von tanzenden Menschen aus amerikanischen Städten. Ich habe gefühlt überall mitgetanzt und selbst fast feuchte Augen bekommen, als CNN-Kommentator Van Jones vor Rührung über die Bedeutung des Augenblicks Tränen in die Augen bekam.

Heute sei ein guter Tag, sagte er. Es sei einfacher geworden, ein Elternteil zu sein. "Character matters. Being a good person matters." – Der Charakter zählt. Es ist wichtig, eine gute Person zu sein.

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Ja, ich kenne auch die Kritik, die später dem CNN-Kommentator aufkam, weil er doch schon mal den noch amtierenden Präsidenten für politische Entscheidungen gelobt habe.

Ich weiß auch, dass politischer Streit und gesellschaftliche Diskussionen weiterhin hart in der Sache geführt werden – und werden müssen. Aber es geht neben dem Was eben auch um das Wie: Was wollen wir – und wie wollen wir dabei miteinander umgehen? Es spielt eine Rolle, eine gute Person zu sein.

US-Wahlergebnis: Ein Comeback des Lagerfeuer-Fernsehens

Decency, Anstand, das ist Joe Bidens Stichwort. Und ich glaube auch darum hupte der digitale Autokorso vor Freude; das Wahlergebnis gibt Hoffnung, dass Anstand wieder zählt. Dass die Wirklichkeit wieder zählt. Dass die offensichtlichen Lügen aufhören. Dass Gewissenhaftigkeit wieder Einzug erhält.

Und dann habe ich mich kurz gefragt, ob die Tage des Stimmenzählens und vor allem der Samstagabend vielleicht ein kurzer Comeback-Moment des Lagerfeuer-Fernsehens waren, an dem sich so viele um die Sender hierzulande, aber auch um amerikanische TV-Stationen wie CNN versammelten?

Ich selbst luscherte zusätzlich regelmäßig bei Fox News, dem einstigen Haussender des Noch-Präsidenten, weil ich seit vielen Jahren glaube, dass dieser erst aus dem Amt ist, wenn Fox News sich ändert.

Dann surfte ich wieder zu amerikanischen Medien-Websites wie Washington Post, New York Times, CNN, wo ich mir nachts die Rede von Joe Biden und Kamala Harris anhörte. Und selbst zu dieser späten Stunde, als hierzulande schon alle schläfrig waren, kamen zahlreiche Twitter-User noch mal ans digitale Lagerfeuer.

Kamala Harris: "Wir haben es geschafft, Joe!"

Es strömte an diesem Tag und in dieser Nacht einfach so viel Herzlichkeit, so viel Menschlichkeit und Nähe durch meinen Bildschirm. Von Bidens "Keep the faith" zu "We did it, Joe!" von Kamala Harris, die dann als künftige Vize-Präsidentin mitten in der Nacht diese wichtige Botschaft um die Welt schickte: "Auch wenn ich vielleicht die erste Frau in diesem Amt sein mag, ich werde nicht die letzte sein. Denn jedes kleine Mädchen, das heute Nacht zusieht, sieht auch, dass dies ein Land der Möglichkeiten ist."

Kamala Harris richtete sich im Anschluss an alle Kinder ihres Landes, eine Botschaft an die künftige Generation: "Träumt mit Ehrgeiz, führt aus Überzeugung und seht euch selbst in einer Art, die andere vielleicht nicht sehen – weil sie es einfach noch nie gesehen haben. Aber seid gewiss: Wir werden Euch bei jedem Schritt auf Eurem Weg applaudieren!"

Die Autos beim Auftritt von Biden und Harris und der digitale Korso im Internet haben zurecht gejubelt. Ich hoffe, dieses Geräusch der Freude, Hoffnung und des Anstands war laut genug und tönt noch lange nach.

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