In einem Bericht zum überstürzten Abzug des eigenen Militärs aus Afghanistan macht die Regierung von US-Präsident Joe Biden seinen Amtsvorgänger Donald Trump schwere Vorwürfe. Die Trump-Regierung sei für den weithin als Misserfolg gewerteten Abzug verantwortlich.

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Die US-Regierung von Präsident Joe Biden hat dem Kabinett von dessen Vorgänger Donald Trump große Versäumnisse im Zusammenhang mit dem chaotischen Rückzug aus Afghanistan im August 2021 vorgeworfen. Die scheidende Trump-Regierung habe lediglich einen Termin für einen Rückzug, aber "keinen Plan für dessen Ausführung" hinterlassen, heißt es in der Zusammenfassung eines mit Spannung erwarteten und unter Geheimhaltung stehenden Berichts, den das Weiße Haus am Donnerstag dem Kongress übermittelte.

Biden: Wenig Handlungsspielraum

Biden sei in seinen Entscheidungen, wie der Abzug durchzuführen sei, durch die von Trump geschaffenen Bedingungen "stark eingeschränkt" gewesen, hieß es in dem zwölf Seiten langen Bericht verschiedener Nachrichtendienste unter der Führung des nationalen Sicherheitsrates. Als Biden ins Amt gekommen sei, seien die Taliban in der stärksten militärischen Position seit 2001 gewesen, hieß es. Gleichzeitig seien nur noch 2500 US-Soldaten in Afghanistan gewesen, so wenige wie zu keinem Zeitpunkt im gleichen Zeitraum.

Zudem seien staatliche Stellen, die für einen geordneten Rückzug des US-Militärs aus Afghanistan nötig gewesen wären, "nach vier Jahren der Vernachlässigung und in einigen Fällen der absichtlichen Verschlechterung" in einem "schlechten Zustand" gewesen". Kein Geheimdienst habe einen derart schnellen Einbruch der afghanischen Streitkräfte gegen die Taliban vorhergesehen.

Taliban konnten Kabul unerwartet rasant einnehmen

In dem Bericht heißt es weiter, die "Geschwindigkeit und Leichtigkeit", mit der die Taliban nach 20 Jahren US-Präsenz, "mehr als zwei Billionen Dollar Ausgaben und dem Aufbau einer afghanischen Armee mit 300.000 Soldaten" vorgerückt seien, lasse vermuten, dass lediglich eine "permanente und erheblich ausgeweitete US-Militärpräsenz" etwas an der Entwicklung geändert hätte. Biden habe sich aber letztlich "geweigert, eine weitere Generation Amerikaner in einen Krieg zu schicken, der für die USA längst hätte vorbei sein müssen".

Biden hatte im April 2021 angekündigt, alle US-Soldaten spätestens bis zum 11. September bedingungslos aus Afghanistan abzuziehen. Im Juli zog Biden das Datum für den vollständigen Abzug auf den 31. August vor. Aber bereits am 15. August hatten die Taliban die afghanische Hauptstadt Kabul eingenommen. Das war eine schwere Demütigung für die USA, die die Taliban nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 von der Macht vertrieben hatten.

Überschattet wurde der Truppenabzug zudem von einem islamistischen Anschlag am Flughafen der Hauptstadt Kabul, bei dem 13 US-Soldaten und mindestens 170 Afghanen getötet wurden. Man habe aus dem Abzug gelernt, hieß es in dem Bericht. Man priorisiere seither einen früheren Abzug, wenn sich die Sicherheitslage an einem Einsatzort verschlechtere. (afp/dpa/ng)

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