Im Südwesten Frankreich haben deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg schwere Kriegsverbrechen verübt. Französische Widerstandskämpfer hatten daraufhin Dutzende Angehörige der Wehrmacht ermordet. Nun gibt es Hinweise auf ihr Massengrab.

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In Südfrankreich beginnt an diesem Dienstag die Suche nach 47 im Jahr 1944 ermordeten Wehrmachtssoldaten. Der ehemalige französische Widerstandskämpfer Edmond Réveil hatte das Schweigen über die Massenerschießung der Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg gebrochen und die Nachforschungen damit ins Rollen gebracht. Wie der Sender France 3 berichtete, soll zunächst bis Freitag mit einem Bodenradar das mutmaßliche Massengrab lokalisiert werden.

Sollten die Deutschen an der vermuteten Stelle gefunden werden, werde der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die Exhumierung und Beisetzung auf einem deutschen Soldatenfriedhof veranlassen, hatte das französische Verteidigungsministerium angekündigt.

Vergeltung für Kriegsverbrechen der Waffen-SS

Die Region ist bekannt für schwere Kriegsverbrechen deutscher Soldaten: Im Juni 1944 hatten im 50 Kilometer entfernten Tulle SS-Soldaten 99 Zivilisten an Balkonen und Laternen aufgehängt. Eine andere SS-Einheit verübte in dem Ort Oradour-sur-Glane das schlimmste Massaker des Zweiten Weltkriegs in Westeuropa mit 643 Toten.

Als Vergeltung waren die Deutschen sowie eine der Kollaboration beschuldigte Französin im Juni 1944 in einem Waldgebiet erschossen worden. Das war grundsätzlich bekannt. Zu den Umständen hatten alle Beteiligten aber zeitlebens geschwiegen. Der letzte überlebende Zeuge brach nun kürzlich im Alter von 98 Jahren sein Schweigen.

Demnach sollen die Erschossenen in zwei Massengräbern ruhen. Eines mit elf Leichen soll bereits 1967 unter größtem Stillschweigen lokalisiert worden sein. Die übrigen Toten sollen rund 100 Meter davon entfernt unter der Erde verscharrt sein.

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Früherer Widerstandskämpfer wünscht sich Gedenkstein

Der frühere Widerstandskämpfer Edmond Réveil. © AFP/Pascal Lachenaud

Der 98 Jahre alte Edmond Réveil berichtet, die Partisanen seien damit überfordert gewesen, eine Gruppe von Kriegsgefangenen zu versorgen. "Es war kein Racheakt", betont er. Von den Massakern der Waffen-SS wenige Tage zuvor in Tulle und Oradour-sur-Glane habe er damals nichts gewusst.

Réveil wirkt heute erleichtert, dass er eine lebenslange Last losgeworden ist. Er wünscht sich, dass für die toten Deutschen im Wald von Meymac ein Gedenkstein aufgestellt wird. Es wäre eine Premiere in Frankreich.

Nicht jeder in der Region ist froh über die neuen Entwicklungen. "Niemand wollte, dass die Geschichte hochkocht und das Bild des Widerstands beschmutzt", sagt der Bürgermeister von Meymac, Philippe Brugère, der Nachrichtenagentur AFP über die ersten Lokalisierungen in den 60er Jahren.

Dieses Gefühl ist auch heute noch anzutreffen. "Réveil hätte besser daran getan zu schweigen", sagt der frühere Landwirt André Nirelli. Andererseits habe er Verständnis für die Nachkommen der deutschen Soldaten, die auf diese Weise Gewissheit bekämen. "Vielleicht muss man auch erst wissen, was passiert ist", fügt er nachdenklich hinzu. (AFP/dpa/fab)

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