Zum Auftakt des Ibiza-U-Ausschusses steht jenes Video im Fokus, das die Affäre auslöste. Der Journalist Florian Klenk spricht von einem "Korruptionstanz", der darauf zu sehen sei. Die wichtigste Frage der kommenden Wochen ist aber: War die Regierung Kurz I käuflich?

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Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat bei seiner Befragung am ersten Tag des Ibiza-Untersuchungsausschusses den Vorwurf des parteipolitischen Postengeschachers zurückgewiesen. Der 50-Jährige erklärte am Donnerstag, dass er während der Regierungszeit von ÖVP und FPÖ lediglich geeignete Kandidaten etwa für Plätze in Aufsichtsräten vorgeschlagen habe.

Strache betonte mit Blick auf das sogenannte Ibiza-Video, dass eine kriminelle Tätergruppe ihn seit Jahren habe vernichten wollen. Der 50-Jährige vertritt auch weiterhin die Ansicht, dass der im Mai 2019 veröffentlichte Zusammenschnitt des Abends manipulativ gewesen sei und die Szenen aus dem Kontext gerissen worden seien.

Seine Aussage, dass man Parteien auch am Rechnungshof vorbei finanziell unterstützen könne, verteidigte er aber. Er habe lediglich auf die Möglichkeiten hingewiesen, sagte Strache, dessen politische Karriere mit dem Ibiza-Video zumindest kurzzeitig beendet wurde.

Die wichtigsten Szenen des Zusammenschnitts haben sich bei vielen Österreichern ins Gedächtnis eingebrannt: Strache im hautengen T-Shirt, mit einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte über Parteispenden und den Kauf der "Kronen-Zeitung" plaudernd.

Sein früherer Parteifreund Johann Gudenus, der pantomimisch in der Position eines Schützen dem weiblichen Lockvogel klarmachen will, mit welchen Produkten einer der angeblichen Spender reich geworden ist. Das alles wohl gefilmt von einer Gruppe, die nicht mehr als Straches vorzeitiges Karriereende herbeisehnte.

Das Video entstand im Sommer 2017 auf Ibiza. Der Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung "Falter", Florian Klenk, sprach am Donnerstag im U-Ausschuss von einem "Korruptionstanz", den die Gesprächspartner aufgeführt hätten.

Klenk: Strache betonte immer wieder, dass alles legal sein müsse

Die "Süddeutsche Zeitung" und der "Spiegel" veröffentlichten im Mai 2019 einen mehrminütigen Zusammenschnitt der Aufnahmen und lösten damit ein politisches Beben in der Alpenrepublik aus. Nur kurze Zeit später war das Regierungsbündnis von ÖVP und FPÖ zerbrochen und Strache seine Ämter als Vizekanzler und FPÖ-Chef los.

Journalist Klenk hatte der "SZ" und dem "Spiegel" vor einem Jahr bei den Recherchen geholfen und dabei nach eigenen Aussagen das stundenlange Videomaterial gesehen. Klenk betonte, dass Strache in der verhängnisvollen Nacht auf Ibiza selbst immer wieder der vermeintlichen Oligarchen-Nichte Verlockungen angeboten habe.

Strache betonte laut Klenk zwar immer wieder, dass alles legal sein müsse - gleichzeitig habe er sich aber auf Absprachen eingelassen. Strache erklärte, dass er "nie Geldleistungen von irgendjemandem angenommen" habe.

Ibiza-Affäre zieht ihre Kreise

Inzwischen geht die Ibiza-Affäre weit über den Abend auf der Baleareninsel und das Video hinaus.

Seit Mai 2019 wird in Österreich ausgiebig über Parteispenden und mögliches Postengeschacher diskutiert, zudem spielte Strache auch noch die Hauptrolle in einem Spesenskandal. Die rechte FPÖ hat durch all das deutlich an Bedeutung verloren, die Möglichkeiten für Parteispenden wurden gesetzlich eingeschränkt.

Nun soll der U-Ausschuss weiter Klarheit in die Affäre bringen, vor allem mögliche Deals bei Postenvergaben während der Regierungszeit von konservativer ÖVP und rechter FPÖ (Dezember 2017 bis Mai 2019) stehen dabei im Fokus. Außerdem wird die Nationalratsabgeordneten wohl interessieren, welche der von Strache auf Ibiza erwähnten angeblichen Spenden von österreichischen Unternehmern an Parteien und am Rechnungshof vorbei tatsächlich geflossen sind.

Dabei dürften vor allem parteinahe Vereine eine entscheidende Rolle gespielt haben. Journalist Klenk berichtete im Ausschuss, dass er bei seinen Recherchen auf Vereine gestoßen sei, die keine Vereinstätigkeit nachweisen könnten, aber Geld erhielten.

Schon kurz nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos hatten mehrere Medien über solche Vereine berichtet, hinter denen auch die ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz stecken soll.

Kann Ibiza-Skandal Kurz schaden?

Es dürfte daher auch spannend sein, ob neue Erkenntnisse des U-Ausschusses den jungen Kanzler belasten könnten. Bisher gelang es dem 33-Jährigen und seiner Partei stets, jeglichen Schaden in dieser Affäre von sich fern zu halten.

Die Quittung erhielten letztlich vor allem Strache und die FPÖ. Bei den Neuwahlen im Herbst 2019 konnte Kurz mehr Stimmen auf sich vereinen als beim Urnengang 2017.

Ganz vergessen ist aber nicht, dass etwa ein ÖVP-Mitarbeiter mitten in der Ibiza-Krise unter falschem Namen Festplatten aus dem Kanzleramt schreddern ließ. Zudem stellt sich die Frage, ob ausgerechnet der Regierungschef von möglichem Postengeschacher nichts gewusst haben kann. "Es wurde bestellt, es wurde geliefert, und es wurde gespendet", war sich Kai Jan Krainer von der SPÖ bereits vor Beginn der Verhandlungen im Ausschuss sicher.

Die FPÖ warf der ÖVP vor, Einfluss auf die Behörden auszuüben. Es sei irritierend, dass in den Akten zum U-Ausschuss keine SMS oder Kurznachricht von Kurz auftauche, obwohl die Ermittler Straches Handy beschlagnahmt hätten.

Strache bestätigte am Donnerstag, dass er mit Kurz früher SMS geschrieben habe. Auch er wisse nicht, wieso die Kommunikation nicht in den Akten auftauche.  © dpa

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