Altern - ein Thema, das in der Regel jeden irgendwann betrifft. Genauso wie die Frage, wie - und vor allem von wem - für einen gesorgt wird, wenn man es nicht mehr selbst kann. Sandra Maischberger diskutierte deshalb am Mittwochabend das Thema Vorsorgevollmacht. Mit einer ernüchternden Erkenntnis.

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Laut "Maischberger"-Redaktion werden in Deutschland 1,3 Millionen Menschen wegen körperlicher oder seelischer Erkrankungen rechtlich betreut. Doch wie funktioniert das mit der rechtlichen Betreuung? Wie kann man selbst am besten vorsorgen und was kann man gegen betrügerische Betreuer tun?

Darüber wollte Sandra Maischberger mit ihren Gästen diskutieren: "Die Betreuungsfalle: hilflos, ausgenutzt, betrogen?", lautete das Thema der jüngsten Ausgabe, dass die Moderatorin mit folgenden Gästen diskutierte:

  • Bettina Tietjen, Fernsehmoderatorin
  • Harry Hartwig, mutmaßliches Betrugsopfer
  • Annette Mau, Kriminaloberkommissarin
  • Christa Lange, lebte unter Zwangsbetreuung
  • Cornelia Stolze, Wissenschaftsjournalistin
  • Andrea Schwin-Haumesser, Berufsbetreuerin

Darüber diskutierte die Runde bei "Maischberger"

Der Fall Tietjen:

Bettina Tietjen schilderte zunächst den Fall ihres Vaters und dessen Weg in die Demenz. Es begann mit Kleinigkeiten wie einem verschluderten Schlüssel, verschimmeltem Essen oder dem mehrmaligen Besuch des Geldautomaten am selben Tag.

"Das ging jahrelang gut", erklärte Tietjen, denn der Vater sei ein Meister im Vertuschen gewesen.

Doch als es ernst wurde, musste sich die ganze Familie mit Betreuung, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und auch dem Hausverkauf, um die Betreuung zu finanzieren, auseinandersetzen.

"Es war ein langer Prozess, sich an den Rollenwechsel zu gewöhnen, dass der Vater jetzt der Schützling war", so Tietjen.

Der Fall Lange:

Verlief der Fall Tietjen trotz einiger Hürden noch einigermaßen harmonisch, sah das bei Christa Lange ganz anders aus.

Nach dem Tod ihres Lebensgefährten erlitt die Hamburgerin einen Zusammenbruch. Sie liegt mehrere Monate im Koma, muss danach drei Jahre im Rollstuhl sitzen.

Die behandelnden Ärzte diagnostizierten bei ihr fälschlicherweise eine Demenz. Lange kommt in ein Pflegeheim und bekommt plötzlich eine gesetzliche Betreuerin, die ihr gesamtes Hab und Gut veräußert.

Nach sechs Jahren und mit Hilfe von Freunden schafft es Lange, sich aus der Zwangsbetreuung zu befreien. Nun lebt sie wieder in einer eigenen Wohnung.

Der Fall Hartwig:

Harry Hartwigs Geschichte begann mit einem Sturz seines Vaters. Hartwig senior war nun auf eine tägliche Hilfe angewiesen, denn der Sohn wohnte in Niedersachen, der Vater wollte aber unbedingt in Berlin bleiben.

Es wurde eine Haushaltshilfe aus der Nähe engagiert. Nach wenigen Wochen bekommt die Haushaltshilfe ohne das Wissen von Harry Hartwig eine Vorsorgevollmacht vom Vater.

Als der Vater plötzlich nicht mehr erreichbar ist, macht sich Harry Hartwig auf die Suche nach ihm und bekommt nach mehreren Monaten die Auskunft, dass der Vater in einem Pflegeheim sei. Doch kurz bevor er seinen Vater besuchen kann, erhält Hartwig die Nachricht von dessen Tod.

Im Nachhinein stellt Hartwig außerdem fest, dass nach und nach Geld vom Konto des Vaters abgehoben wurde. Insgesamt sind laut Hartwig über 700.000 Euro verschwunden.

Das waren die Erkenntnisse des Abends

Endlich mal wieder ein Ratgeberthema und keines, das die Gäste im politischen Kleinklein mit den üblichen Schuldzuweisungen, welche Partei was und wann hätte tun sollen, zerreden.

Außerdem wirft eine solche Diskussion Licht auf ein offenbar unterschätztes Problem und liefert praktische Hilfe. So zumindest hätte es sein können.

Doch stattdessen wurde vor allem über die drei Fälle gesprochen, bei denen der Zuschauer bis auf den Fall Tietjen nicht so recht einschätzen konnte, wie allgemeingültig sie sind.

"Wir sprechen über extreme Fälle, von denen man aber sehr viel lernen kann", schätze Maischberger die ausgesuchten Fälle dementsprechend ein.

Das mit dem "sehr viel lernen" war dann aber doch ein bisschen übertrieben, mann musste genau hinhören, wollte man etwas Nützliches mitnehmen. Das, was man lernen konnte, erfuhr man vor allem von Annett Mau und Andrea Schwin-Haumesser.

Über die Vorsorgevollmacht weiß die Kriminaloberkommissarin Ernüchterndes zu berichten: "Es wäre ohne Weiteres möglich gewesen, diesen Vater aufzusuchen, sich einen Bierdeckel zu nehmen, eine Vollmacht drauf schreiben zu lassen und die alte Vollmacht zu widerrufen. Das geht ganz leicht, es gibt keine Formvorschrift. Er muss es unterzeichnen und dann versuchen Sie mal, dagegen anzukommen."

Maus bitteres Fazit über Vorsorge-Vollmachten: "Das eigentliche Problem an den Vorsorge-Vollmachten ist, dass wenn sie existiert - und das passiert ja zunehmend - dann denken alle, sie sind sicher. Das sind sie nicht."

Ihr Ratschlag: "Geben Sie das Geld selber aus, solange sie noch können!"

Auch Schwin-Haumesser sieht dringenden Regelungsbedarf des Gesetzgebers, vor allem bei der Qualifikation der gesetzlichen Betreuer: "Es gibt einfach keine geregelte Zulassung zum Beruf des Betreuers!"

So schlug sich Sandra Maischberger

Es war eine etwas undankbare Aufgabe, der sich Sandra Maischberger an diesem Abend gegenüber sah. Dabei hat es ihr die Redaktion unnötig schwer gemacht, denn es waren schlicht zu viele Fälle, die Maischberger abhandeln musste.

Alleine die Schilderung des Falls Tietjen dauerte knapp zwanzig Minuten, Profi-Betreuerin Schwin-Haumesser kam erst nach fast 40 Minuten zum ersten Mal zu Wort.

Zudem war Maischberger ein ums andere Mal gezwungen, den Redeschwall von Christa Lange zu bremsen, damit sich die 72-Jährige mit ihren vielen Anschuldigungen nicht um Kopf und Kragen redete.

Das war das Fazit

Es war eine merkwürdige Mischung aus Infosendung und "Aktenzeichen XY ... ungelöst". Auf der einen Seite waren die Fälle der Gäste wichtig, um an ihnen das Thema durchzuexerzieren, auf der anderen Seite waren das offensichtlich sehr spezielle Fälle, wodurch man gar nicht genau wusste, wie allgemeingültig das alles nun ist.

Am Ende wurde die Sendung weder dem Service- noch der Kriminal-Anspruch. Vielleicht hätte es deshalb den einen oder anderen Fall weniger und dafür mehr Ratgeber-Anteil gebraucht.

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