Bei der Bundeswehr gibt es derzeit einen massiven Rückstau an unerledigten Sicherheitsüberprüfungen für das Personal. Diese Prüfungen geben Aufschluss darüber, ob Mitarbeiter ein Risiko darstellen. Fast die Hälfte aller Soldatinnen und Soldaten warten auf ihre Überprüfung.

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Beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) hätten zum Stichtag 31. Mai insgesamt 69.687 nicht abgeschlossene Verfahren für das militärische und zivile Personal der Bundeswehr gelegen, heißt es in einer Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Unionsfraktion, aus der die "Bild am Sonntag" zitierte.

CDU-Verteidigungsexperte spricht von einem "Skandal"

Solche Sicherheitsüberprüfungen sollen Aufschluss darüber geben, inwieweit ein Mitarbeiter ein Risiko darstellen könnte – etwa mit Blick auf rechtsextreme Aktivitäten oder auf Spionagetätigkeiten. CDU-Verteidigungsexperte Ingo Gädechens zeigte sich entsetzt über den Stau beim MAD und sprach in der Zeitung von einem "Skandal".

"Fast 70.000 Menschen warten darauf überprüft zu werden, um für den Dienst voll einsatzfähig zu sein – zahlenmäßig ist das fast die Hälfte der Soldatinnen und Soldaten", sagte Gädechens der "Bild am Sonntag". "Gerade mit Blick auf Rechtsextremismus und russische Spionage ist das ein erhebliches Sicherheitsrisiko." Er erwarte von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), "dass er dem Parlament umgehend nach der Sommerpause darlegt, wie er diese Sicherheitslücken schnellstmöglich schließen will", sagte Gädechens.

2021: Nach Rechtsextremismus-Skandal wurden Sicherheitsüberprüfungen verschärft

Bei den Sicherheitsüberprüfungen gibt es drei Stufen – abhängig davon, welche Geheiminformationen der Mitarbeiter einsehen darf. Wie lange die Verfahren durchschnittlich dauern, wollte das Verteidigungsministerium in seiner Antwort an Gädechens nicht sagen. Nach Informationen von "Bild am Sonntag" aus Ministeriumskreisen sollen die Verfahren bei der strengsten Stufe Ü3 mehr als 80 Wochen dauern.

Eine Sicherheitslücke gibt es dem Ministerium zufolge beim Sichten der Internet-Profile der Bundeswehr-Mitarbeiter. Nach einem Rechtsextremismus-Skandal bei der Truppe hatte der Bundestag im Mai 2021 die Sicherheitsüberprüfungen im Soldatengesetz verschärft. Bei Dienstposten mit besonders hohen Sicherheitsanforderungen muss der MAD – der Geheimdienst der Bundeswehr – nun auch einsehbare Einträge des Mitarbeiters in sozialen Netzwerken durchleuchten.

Verteidigungsministerium muss noch Gesetz vorlegen

Für welche Bundeswehr-Jobs diese zusätzliche Überprüfung Pflicht ist, muss das Ministerium laut dem Gesetz in einer Verordnung festlegen. Doch die hat das Verteidigungsministerium nach mehr als zwei Jahren immer noch nicht vorgelegt. "Eine Rechtsverordnung wird angestrebt. Dazu laufen noch interne Abstimmungen", räumte das Ministerium auf Anfrage der "Bild am Sonntag" ein.

Verteidigungsexperte Gädechens kritisierte dies scharf: "Hier wird bei der Sicherheit des Landes geschludert – offenbar, weil der Arbeitsstau beim MAD zu groß ist." (AFP/mak)

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