Außerhalb Chinas gab es lange nirgendwo so viele Corona-Infizierte wie in Südkorea. Doch seit Tagen vermelden die dortigen Behörden immer weniger Neuerkrankte. Südkorea scheint den Kampf gegen das Virus gewonnen zu haben – allerdings mit teils drastischen Maßnahmen.

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Die blanken Zahlen klingen dramatisch: 7.869 Corona-Infizierte und 66 Tote, die bisher in Südkorea an der Krankheit COVID-19 gestorben sind. Lange gab es weltweit nur in China mehr Coronavirus-Fälle. Doch seit Tagen flacht die Kurve der Erkrankten immer weiter ab.

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Am Mittwoch seien 114 weitere Infektionen mit dem Sars-CoV-2-Erreger festgestellt worden, teilten die südkoreanischen Gesundheitsbehörden mit. Es war der geringste Tagesanstieg seit mehr als zwei Wochen.

"Südkorea zeigt, dass es möglich ist, gegen COVID-19 zu gewinnen", erklärt der Ökonom und Statistiker Max Roser auf Twitter. Der Deutsche arbeitet an der University of Oxford und hat mit einem Team zahlreiche Zahlen und Fakten zum Coronavirus zusammengetragen und ausgewertet.

Zu Südkorea schreibt Roser weiter, dass Tests ein wichtiger Grund für den Erfolg gewesen seien. "Die täglich neu bestätigten Fälle erreichten vor zwölf Tagen ihren Höhepunkt und sind seitdem rückläufig", bemerkt er.

Die Entwicklung in dem ostasiatischen Land ist auch deshalb interessant, weil es ökonomisch und medizinisch vergleichbar gut aufgestellt ist wie Deutschland. Der Umgang Südkoreas mit dem Virus kann aus mehreren Gründen Vorbild sein:

  • Einerseits setzte Südkorea schon früh auf drastische wie umfassende Maßnahmen, die auch das soziale Leben einschränken
  • Und andererseits testet wohl kein anderes Land seine Bürger so flächendeckend auf das Virus wie Südkorea.

Südkorea setzt früh auf Maßnahmen, die das soziale Leben einschränken

Am 20. Januar meldeten die südkoreanischen Gesundheitsbehörden den ersten Corona-Fall. Doch es dauerte gut einen Monat, bis die Zahlen sprunghaft anstiegen – und Südkoreas Präsident Moon Jae reagierte: Er rief landesweit die höchste Warnstufe für Infektionskrankheiten aus.

Früh setzte die südkoreanische Regierung auf breite, gegen die Epidemie gerichtete Maßnahmen – die auch das soziale Leben stark einschränken. Konzerte und Festivals werden abgesagt, Museen und Büchereien bleiben geschlossen. Großunternehmen ordnen Heimarbeit an.

Schulhalbjahr verschoben, Sportevents abgesagt

Der Beginn des Schulhalbjahrs wurde erst um eine, dann um zwei weitere Wochen verschoben. Die Regelung gilt auch für Kindergärten. Ebenso wurden nationale und internationale Sportveranstaltungen verlegt.

Dazu kommen umfangreiche Informationskampagnen, offline wie online. "Zum einen sendet die Regierung mehrmals täglich Warnungen und Hinweise per SMS auf absolut jedes Handy des Landes", erzählte Eric Busse bereits Ende Februar unserer Redaktion. Er unterrichtet als Lehrer an einer internationalen Schule in Seoul. Zum anderen gibt es eine App, bei der man genau sehen kann, wo sich einzelne Corona-Patienten gerade aufhalten.

Aus Datenschutzgründen wären diese Schritte allerdings in Deutschland nur sehr schwer denkbar.

Ausnahmefall Südkorea

Parallel testen die Behörden umfassend – bisher über 210.000 Mal (Stand 10. März). Zum Vergleich: Italien, das ebenfalls sehr stark vom Coronavirus betroffen und mit etwa 60 Millionen Einwohnern sogar bevölkerungsreicher als Südkorea ist, hat nur 61.000 Mal getestet.

Positive Corona-Fälle schnell zu finden, diese isolieren und behandeln. So konnte Südkorea einen exponentiellen Wachstum der Infizierten verhindern – anders als etwas Italien und womöglich auch Deutschland.

Die Sterberate von COVID-19 liegt in Südkorea bei 0,8 Prozent – wenn man davon ausgeht, dass im Land tatsächlich auch milde Verläufe vollständig erfasst werden. "Ich denke, wir konnten fast alle Fälle in Korea erfassen, darunter auch milde und symptomlose Fälle", sagt Kim Dong Hyun von der Koreanischen Gesellschaft für Epidemiologie. Südkorea sei in dieser Hinsicht ein Ausnahmefall.

Behörden: Erfolg durch "Kampagne der sozialen Distanz"

Die Behörden sehen ihre "Kampagne der sozialen Distanz" als wichtige Maßnahme. Daneben wird auf transparente Informationsweitergabe, den Ausbau der Testkapazitäten und rasche Ergebnisermittlung verwiesen. "Wir sehen Erfolge in unseren Bemühungen, die Ausbreitung der Infektionskrankheit einzudämmen", sagte Vize-Gesundheitsminister Kim Gang Lip am Montag.

Er meint: Die Situation komme zusehends unter Kontrolle. Mittel- bis langfristig wird der Erfolg sichtbar sein.(dpa/mf)

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