Hastig hetzt ein Hund über die Heide. Plötzlich flattert vor ihm ein Vogel auf. Ein Knall ertönt, das Tier fällt mit dumpfem Schlag zu Boden. Der Jagdhund trabt zurück zu seinem Herrchen, das mit gesenkter Flinte wartet. Die Beute trägt er fest im Maul - es ist ein Moorhuhn, auf Englisch Red Grouse. Bilder wie dieses gehören in den kommenden Monaten wieder zum Alltag in Nordengland und Schottland. Denn an diesem Samstag (12. August) - dem "Glorious Twelfth" oder glorreichen Zwölften - beginnt wieder die Saison. Doch die Kritik an der beliebten Tradition wird lauter.

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Die plump wirkenden Vögel - in Deutschland wegen der gleichnamigen Whisky-Marke "The Famous Grouse" bekannt - sind in Großbritannien weit verbreitet. Doch Tierschützer warnen, die unkontrollierte Jagd könne Folgen haben. Bis zu 3.000 Schottische Moorschneehühner (Lagopus lagopus scotica) werden nach Angaben der Tierschutzvereinigung League Against Cruel Sports in jeder Saison geschossen.

Die schottische Regierung wissen die Aktivisten dabei auf ihrer Seite. In Edinburgh wird derzeit ein Gesetzentwurf diskutiert, der die Jagd deutlich einschränken dürfte. Mit der Vergabe von Lizenzen sollen das "andauernde Problem der Wildtierkriminalität und insbesondere die Verfolgung von Raubvögeln" angegangen werden, heißt es in dem Text. Zuvor waren mehrere per Satellit erfasste Steinadler in Schottland verschwunden - vermutlich illegal abgeschossen.

Die Jagd gilt vielen noch immer als eine der Traditionen auf der Insel. Das Bild des einsamen Flintenträgers in Tweedjacke, dem ein Hund um die Beine streicht, hat die Vorstellungen des Landlebens ebenso geprägt wie die rotberockten Reiter, die zwischen Hecken Jagd auf Hasen und Füchse machen. Doch mittlerweile ist das romantische Image einem erbitterten gesellschaftlichen Konflikt gewichen.

Jäger und konservative Politiker sind über die Gesetzespläne empört. Mit Nachdruck verweisen sie darauf, dass der "Neujahrstag der Jäger" keinesfalls den Auftakt zu einer profanen Freizeitbeschäftigung aristokratischer Großgrundbesitzer bilde.

Vielmehr trage die Moorhuhnjagd zum Schutz wertvoller Moorlandschaften bei und spiele eine "Schlüsselrolle bei der Schaffung und Erhaltung unserer Hügellandschaften", argumentiert die Countryside Alliance, die den "Landsport" unterstützt. "Die wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen haben Einfluss auf Tausende Menschen, die niemals ein Moorhuhn erlegen würden", betonte Alliance-Chef Tim Bonner. Die Vereinigung betont, auch die lokale Wirtschaft werde von den Jägern angekurbelt. Zudem gelte Wild als ethischste und nachhaltigste Fleischsorte.

Seit bald 200 Jahren ist der 12. August im Kalender verankert. 1831 legte ein Gesetz das Datum als Beginn der Saison fest. Dabei sind die Moorhühner zuerst dran, für die meisten Wildtiere beginnt die Jagdzeit am 1. September, für Waldschnepfen und Fasane sogar erst am 1. Oktober. Die Regeln sind deutlich: An Sonntagen darf nicht gejagt werden, die Saison endet in Großbritannien am 10. Dezember und in Nordirland bereits am 30. November.

Vor allem in Südengland haben die Proteste gegen organisierte Jagden an Schärfe zugenommen, es kam zu Handgreiflichkeiten zwischen Befürwortern und Gegnern. Zwar ist die Hetzjagd auf lebende Tiere seit Jahren verboten. Statt einem Fuchs rast die Meute nun einer Geruchsspur hinterher. Doch Kritiker werfen den Jägern vor, die "Trail Hunts" zu missbrauchen, um unter dem Deckmantel der Legalität doch echte Füchse und Hasen zu jagen. Bei der Jagd auf künstliche Spuren würden die Hunde vom Duft lebender Tiere abgelenkt und hetzten dann diese zu Tode. Die Jäger weisen die Vorwürfe zurück und sprechen von Einzelfällen. Doch sie geraten unter Druck: In Schottland sind "Trail Hunts" wegen eines neuen Gesetzes bereits kaum noch möglich.  © dpa

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