Aktuell ist das öffentliche Leben in Deutschland wieder massiv eingeschränkt. Insbesondere Gastronomen haben angekündigt, gegen die Corona-Maßnahmen des "Lockdown light" vorzugehen.

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Theater, Kinos, Spielhallen, Konzerthäuser, Restaurants und Freizeitparks sind geschlossen: Deutschland hat das öffentliche Leben zunächst für einen Monat weitgehend heruntergefahren, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Die Infektionszahlen waren zuletzt wieder rapide angestiegen.

Gemäß dem Beschluss sind, anders als im Frühjahr, Schulen und Kitas diesmal geöffnet, auch die Geschäfte bleiben vorerst offen; der Freizeit- und Kulturbereich allerdings ist massiv eingeschränkt.

Restaurants etwa können ihre Speisen wie beim ersten Lockdown im Frühjahr aktuell nur in Form eines Abhol- oder Lieferdienstes anbieten. Viele von ihnen haben in den vergangenen Monaten allerdings viel Geld in Hygienekonzepte gesteckt, um weiter Gäste bewirten zu können.

Droht nun eine Klagewelle?

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hat die aktuellen Maßnahmen, die Bund und Länder beschlossen haben, kritisiert und dazu aufgerufen, Klage gegen die Beschränkungen einzureichen, da er die Beschlüsse zumindest in Teilen für rechtswidrig hält. Kritik gibt es insbesondere an den Regelungen für die Gastronomie.

Schon im ersten Lockdown und auch anlässlich des Beherbergungsverbots gab es vermehrt Klagen an deutschen Gerichten. Droht nun angesichts des zweiten Lockdowns eine Klagewelle?

"Klar dürfte sein, dass sich die nun beschlossenen Regelungen – wie auch immer sie im Detail aussehen – vor Gericht werden behaupten müssen", sagt Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke gegenüber unserer Redaktion.

Erste Klagen sind bereits eingereicht worden. "Insofern gehe ich stark davon aus, dass die ersten Entscheidungen im Eilverfahren schon in der kommenden Woche ergehen dürften."

Doch was bedeutet das für die Gerichte, die meist ohnehin schon viel zu tun haben? "Die Gerichte werden durch die bevorstehenden Verfahren stark ausgelastet sein", sagt der Experte. "Vor allem aber werden sie auch schnell entscheiden müssen."

Insbesondere Gastronomen und Hoteliers werden sich wohl mit Anträgen im sogenannten Eilrechtsschutz gegen die neuen Beschränkungen wehren. "Diese Anträge zielen darauf ab, die neuen Regelungen in den Coronaschutzverordnungen der Bundesländer vorläufig außer Vollzug zu setzen", erklärt der Anwalt.

Wenn die Gerichte schon jetzt ausgelastet sind – werden dafür dann andere Prozesse verschoben? "Klar ist, dass die Richter über die Eilverfahren gegen den Corona-Lockdown schnell entscheiden werden müssen. Das liegt bei Eilverfahren allerdings schon in der Natur der Sache", sagt Solmecke.

Er geht aber nicht davon aus, dass die Gerichte deshalb andere Prozesse pauschal hintenanstellen. "Dennoch sind sich alle Richter wohl der besonderen Tragweite und Brisanz ihrer Entscheidungen zum Corona-Lockdown bewusst", sagt er. Es kann also in Einzelfällen durchaus einmal sein, dass die Corona-Verfahren vorgezogen werden und andere Verfahren dadurch warten müssen.

Erfolgreiche Klagen gegen Beherbergungsverbote als Vorbild

Und wie geht man nun vor, wenn man mit den Einschränkungen nicht einverstanden ist? "Gastronomen und Hoteliers haben als Betroffene der neuen Corona-Regelungen zum Beispiel die Möglichkeit, bei den Gerichten einen Antrag auf einstweilige Anordnung zu stellen, damit diese einige Regelungen in den Coronaschutzverordnungen außer Vollzug setzen", erläutert der Rechtsanwalt.

"Wenn diese Anträge positiv beschieden werden, dürften Restaurants, Bars und Hotels in den jeweiligen Bundesländern erst einmal nicht weiter geschlossen bleiben."

Dieser Antrag auf einstweilige Anordnung ist ein in der Verwaltungsgerichtsordnung festgeschriebener Rechtsbehelf. Es handelt sich laut Solmecke um ein klassisches Eilrechtsschutzverfahren, das vor den Verwaltungsgerichten angestrengt wird.

"Der Antrag kann schriftlich, als elektronisches Dokument oder – trotz eventueller Zugangsbeschränkungen – bei den meisten Gerichten auch weiterhin zu Protokoll bei der Geschäftsstelle erklärt werden", sagt der Experte.

Und wie sind die Erfolgsaussichten der Klagen? "Die Chancen dürften in vielen Fällen gut sein", sagt Christian Solmecke. So wurden die Beherbergungsverbote erst in den vergangenen Wochen reihenweise gekippt. "Auch Gastronomen haben bereits erfolgreich geklagt, jüngst gegen die Sperrstunde."

Über den Experten: Christian Solmecke (45) hat sich als Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke auf die Beratung der Internet- und IT-Branche spezialisiert. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt ist Christian Solmecke vielfacher Buchautor und als Geschäftsführer der Kanzleisoftware Legalvisio.de auch LegalTech-Unternehmer.

Verwendete Quellen:

  • E-Mail-Kontakt mit Rechtsanwalt Christian Solmecke
  • Bundesregierung: Bund-Länder-Beschluss zur Corona-Pandemie
  • Robert Koch-Institut: COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit
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