Die südosteuropäischen Länder sind lange weitestgehend von der Corona-Pandemie verschont geblieben. Doch nachdem die Länder auf dem Balkan ihre teils strikten Gegenmaßnahmen wieder gelockert haben, verzeichnen sie nun immer mehr Neuinfizierte. Einige Nachbarstaaten haben bereits reagiert.

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Es ist ein Schritt, der für Aufsehen sorgt. Griechenland hat seine Grenzen für Reisende aus dem nahen Serbien geschlossen. Das Einreiseverbot gilt seit Montagmorgen und zunächst bis zum 15. Juli.

Athen reagierte damit auf die steigenden Coronavirus-Infektionen in dem Balkanland. Doch auch in weiteren ex-jugoslawischen Staaten und in Albanien sind die Zahlen zuletzt in die Höhe gegangen. Österreichs Außenministerium hat deshalb bereits vergangene Woche wieder Reisewarnungen für Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien ausgesprochen. Bei der nun geltenden höchsten Sicherheitsstufe sechs wird unter anderem allen dort lebenden Österreichern "dringend empfohlen, das Land zu verlassen".

In Österreich gebe es bereits Corona-Fälle, die auf Reisende vom Westbalkan zurückzuführen seien, erklärte der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg (parteilos). Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte intensive Kontrollen im Grenzraum an.

Auch das deutsche Auswärtige Amt rät vor "nicht notwendigen, touristischen Reisen" in die aufgezählten Länder ab. Doch auch im grün und damit als sicher markierten EU-Land Kroatien, einem beliebten Urlaubsziel sowohl für Deutsche als auch Österreicher, ist es zuletzt zu einem Anstieg gekommen. Entsteht gerade auf dem Balkan ein neuer Corona-Hotspot?

Fallzahlen auf dem Balkan seit Mitte Juni stark gestiegen

Wohl auch wegen umfangreicher wie rigider Gegenmaßnahmen waren die Zahlen auf dem Balkan lange Zeit gering geblieben. Mit Beginn der Corona-Pandemie hatte etwa Serbien sofort seine Grenzen geschlossen, dazu auch Schulen, Restaurants und Geschäfte. Jeder, unabhängig von seinem Alter, musste unter der Woche um 17:00 Uhr zu Hause sein, am Wochenende um Mitternacht.

In Bosnien und Herzegowina durften unter 18-Jährige nur in Begleitung eines Erwachsenen ins Freie, in Montenegro waren Kinder unter zwölf Jahren auf einen erwachsenen Begleiter angewiesen. Und Minderjährige in Nordmazedonien durften sich nur zwischen 13:00 und 15:00 Uhr alleine an der frischen Luft aufhalten.

Doch all diese Maßnahmen gibt es mittlerweile nicht mehr, stattdessen kamen überall umfassende Lockerungen – wegen des wirtschaftlichen Drucks, aber auch wegen der Parlamentswahlen in Serbien und Kroatien sowie der Touristen.

Nun sind in den Balkanstaaten die Fallzahlen seit Mitte Juni stark gestiegen, besonders in Serbien und Bosnien und Herzegowina. In Nordmazedonien bewegen sich die Zahlen bereits seit Anfang Juni auf einem vergleichsweise hohem Niveau. Aktuell nähert sich die Zahl bestätigter Corona-Fälle pro eine Million Einwohner den Werten von Deutschland oder Österreich während der dortigen Hochphase der Pandemie Anfang April an.

Belgrad verhängt Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus

Zur Einordnung: In den vergangenen sieben Tagen hat es in der Bundesrepublik insgesamt knapp 2.800 Corona-Fälle gegeben, etwa 2.000 in Serbien, 1.150 in Bosnien und Herzegowina, 950 in Nordmazedonien, 650 in Österreich, 500 in Albanien, 460 in Kroatien und 300 in Montenegro (alle Werte gerundet).

Neben Montenegro hat auch Serbiens Regierung bereits auf den starken Anstieg der Infektionszahlen reagiert und am Freitag für die Hauptstadt Belgrad den Notstand ausgerufen und Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus verhängt. So gilt nunmehr Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln, Geschäften und Ämtern. Zuwiderhandelnde können mit Geldstrafen bis 5000 Dinar (42 Euro) belegt werden. Gaststätten, Cafés und Clubs müssen spätestens um 23 Uhr schließen.

Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sind nur mehr noch mit bis zu 100 Teilnehmern, im Freien mit bis zu 500 Teilnehmern erlaubt. Ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern ist einzuhalten.

Kroatien wirbt um deutsche Touristen

Auch einzelne Orte in Kroatien haben zuletzt Ausbrüche erlebt und Corona-Maßnahmen regional wieder eingeführt. Das EU- und Adria-Land wirbt im Schatten der Corona-Krise weiterhin verstärkt um deutsche Urlauber. "Bei uns ist es sicher, wir arbeiten professionell, wir halten uns an die behördlichen Empfehlungen", sagte Nedo Pinezic, der Koordinator des Wirtschaftsverbands Glas Poduzetnika (Stimme der Unternehmer), der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem Urlauber, die mit dem eigenen Wagen anreisen, hätten nichts zu befürchten.

Die typischen Urlaubsformen in Kroatien seien Aufenthalte in privaten Unterkünften, in kleinen Hotels oder auf Camping-Plätzen, fügte Pinezic hinzu. Damit ließen sich Kontakte zu anderen Menschen auf ein Minimum reduzieren. Für die Sicherheit in Corona-Zeiten gelten behördliche und eigene Vorschriften, sagt Uros Martinovic, stellvertretende Direktor der Betreiberfirma eines Feriendorfs auf der Halbinsel Istrien. So bieten Restaurants weniger Plätze an, damit der Sicherheitsabstand zwischen den Gästen gewahrt bleibt. Das Unterhaltungsprogramm wurde vielerorts zusammengestrichen.

Und auch für die Strände gelten eigene Regeln. Liegestühle müssen paarweise in Abständen von 4,5 Metern aufgestellt werden. Nur so viele Menschen dürfen an den Strand gelassen werden, wie es die Einhaltung des Sicherheitsabstands erlaubt. Die Ordnungsdienste der Gemeinden sollen über die Einhaltung der Vorschriften wachen.

Wie genau all dies genommen werden wird, falls sich doch eine größere Zahl von Menschen an beliebteren Orten einfinden sollte, lässt sich noch nicht abschätzen. In manchen Restaurants entlang der Adriaküste ist schon jetzt zu beobachten, dass man gerne eng beieinander sitzt, wenn die Stimmung steigt. (dpa/afp/mf)

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