In der Dienstagsausgabe des Podcasts "Coronavirus-Update" spricht Virologe Christian Drosten über die künftig essenziellsten Maßnahmen für die Medizin, die Gründe, warum mitunter nicht viel mehr getestet werden kann, sowie das in Stuhl und Abwasser nachweisbare Coronavirus.

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Eingangs der aktuellen Ausgabe des "Coronavirus-Update"-Podcasts des NDR wies Virologe Christian Drosten auf die Bedeutung von Zahlen und Statistiken hin: Die Zahlen des "Robert-Koch-Instituts" zum Thema Coronaviren seien derzeit "die einzige harte Währung und verlässliche Quelle" in Deutschland, so der Experte.

Coronavirus: Mehr Tests derzeit nicht so leicht machbar

Derzeit werden in Deutschland zwischen 500.000 und 700.000 Tests pro Woche durchgeführt. Weshalb nicht mehr? Das hat einen simplen Grund, wie Virologe Drosten erläuterte: "Trotz vorhandener Testkapazitäten in Form von Personal und Maschinen werden bestimmte Reagenzien, die Labore für Tests natürlich benötigen und beschaffen müssen, nicht mehr geliefert."

Was viele nicht wissen: Die internationale Zuteilung essenzieller Reagenzien an die diversen Länder ist längst auch ein Politikum. Heißt: Oft entscheidet die Politik, welche Länder in welchen Größenordnungen beliefert werden "Wir bestellen Vorrat für zwei Wochen und bekommen dann aber nur eine Lieferung für drei Tage", verriet Drosten. Für ihn sei es aber ohnedies wichtiger, dort zu testen, wo es besonders notwendig ist – etwa in Krankenhäusern.

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Die drei wichtigsten Maßnahmen aus medizinischer Sicht

Danach fasste der Mann, der für die Deutschen seit Wochen das Coronavirus aufschlüsselt, die aus medizinischer Sicht wichtigsten Maßnahmen für die Zeit nach der Kontaktsperre noch einmal zusammen: "Das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit, das Optimieren von Testqualität und –quantität sowie der Einsatz besserer Maßnahmen zur Fallverfolgung , Isolierung und Quarantäne – sprich der Einsatz von elektronischen Mitteln via Mobiltelefonie."

Lockerere Maßnahmen führen zu mehr Infektionen

Danach betonte Drosten ein weiteres Mal, dass sich Deutschland erst am Anfang einer Epidemie befinde und die Bevölkerung keineswegs stark durchseucht sei. Mit den in den Medien häufig verbreiten Gerüchten, dass Antikörpertests jetzt schon feststellen könnten, dass bereits die Hälfte der Bevölkerung immun sei, räumte der Virologe danach auf: Wegen der Kontaktsperre würde man derzeit keine überraschend hohe Zahl an positiven Antikörper-Ergebnissen finden.

"Wir brauchen erstmal einen Ausgangszustand, der jetzt in diesen Wochen erhoben wird. Danach müssen die Untersuchungen mehrfach wiederholt werden", so der Virologe. Und zwar, um zu sehen, wie viele positive Antikörper-Testergebnisse dazukommen würden. "Insbesondere, wenn die Maßnahmen gelockert werden. Denn, was dann zwangsläufig passieren wird, ist, dass sich die Personen wieder schneller durchinfizieren", prophezeit Drosten.

Trinkwasser und Abwasser sind keine Überträger

Am Ende des Podcasts beantwortete der Experte noch die Frage, ob man über Kläranlagen Rückschlüsse über das Infektionsgeschehen ziehen könne. Die Frage bezog sich auf eine niederländische Studie, die derzeit in den Medien die Runde macht. Drosten: "In anderen Ländern ist das Suchen des Poliovirus (Anm.: Auslöser der Kinderlähmung), das es ja bei uns zum Glück nicht mehr gibt, als Ausscheidung im Abwasser ein gutes Werkzeug. Und zwar, um zu erkennen, ob dieses Virus wieder eingetragen worden ist."

Aus diesem Kontext heraus sei man in den Niederlanden auch der Sache nachgegangen, vermutete der Berliner Virologe. Mehr als eine "gute Screening-Methode" ist dies laut Drosten aber nicht. Sars-CoV-2 lasse sich durchaus im Abwasser nachweisen. "Wir wissen ja, dass das Virus auch in hoher Konzentration im Stuhl ausgeschieden wird. Es landet zwangsläufig in der Toilette – aber nicht mehr in Form von infektiösem Virus." Aus diesem Grund könne sich das Virus auch über Abwasser nicht verbreiten. "Über Trinkwasser schon gar nicht", so der Virologe abschließend.

Professor Dr. Christian Drosten ist Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité und einer der führenden Virus-Forscher Deutschlands. Der 48-Jährige gilt als Mitentdecker des SARS-Virus. Unmittelbar nach dem Ausbruch SARS-Pandemie 2003 entwickelte er einen Test auf das neu entdeckte Virus, wofür er 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. In der aktuellen Coronakrise ist der gebürtige Emsländer ein gefragter Gesprächspartner, täglich gibt er Auskunft zur aktuellen Lage.
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