Schlanksein wird oft mit Gesundsein gleichgesetzt, doch das kann täuschen. Denn fast jeder fünfte Schlanke hat eine ungünstige Körperfettverteilung und deshalb ein erhöhtes Risiko für eine Herzkreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Wer genau gefährdet ist, klären wir mit einem Experten.

Mehr Gesundheitsthemen finden Sie hier

Skinny fat oder TOFI (englische Abkürzung von "Thin outside, fat inside", deutsch = äußerlich dünn, innen verfettet), sind Begriffe, die für Menschen stehen, die schlank sind, aber dennoch ungünstige Fettablagerungen in den Zellen aufweisen, die schlecht für die Gesundheit sein können.

Wissenschaftlich gesehen spricht man bei diesem Phänomen eher von schlanken Stoffwechselkranken oder Schlanken mit Bauchfettsucht. Grund für die ungünstige Körperfettverteilung ist in der Regel ein erkrankter Stoffwechsel. TOFIs haben - genauso wie stark Übergewichtige mit hohen Cholesterin- und Blutdruckwerten - ein erhöhtes Risiko einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden oder an Diabetes zu erkranken.

Das charakterisiert einen TOFI

Dünne Arme und Beine, kaum Fett an den Hüften oder den Oberschenkeln, aber ein dicker Bauch oder zumindest Speckröllchen – so sieht ein klassischer TOFI aus. Häufig gehören ältere Menschen ab 60 Jahren und Menschen mittleren Alters von 45-60 Jahren zu dieser Gruppe. Studien kamen zu dem Ergebnis, dass knapp 20 Prozent der Normalgewichtigen stoffwechselkrank sind.

"Ein TOFI hat relativ wenig Fett unter der Haut, aber eine vermehrte Ansammlung von Fettzellen im Bauchbereich, sogenanntes viszerales Fett und Fettanlagerungen an Organen, wie Leber oder am Herzen. Das kann Herzkreislauf-Erkrankungen oder Diabetes begünstigen," sagt Prof. Dr. med. Norbert Stefan, Inhaber der Heisenberg-Professur für klinische und experimentelle Diabetologie am Universitätsklinikum Tübingen und Leiter der Abteilung für Pathophysiologie von Prädiabetes am Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz-Zentrums München.

Aber nicht immer ist ein TOFI optisch sofort auszumachen, denn es gibt auch Stoffwechselkranke mit Bauchfettsucht, die komplett schlank und normalgewichtig sind. Gerade wenn das Gewicht und der Body-Mass-Index unauffällig sind, werden selten Stoffwechselerkrankungen und damit Fettablagerungen an gefährlichen Stellen vermutet. Erhöhte Cholesterin- oder Blutdruckwerte können auch bei Schlanken erste Hinweise auf einen erkrankten Stoffwechsel geben.

Ursachen für Bauchfettsucht bei Schlanken

Warum manche Menschen nur wenig Fett im Unterhautfettgewebe anlagern, dafür aber umso mehr im Bauchbereich oder an den Organen und warum bei anderen Menschen kaum viszerales Fett vorhanden ist, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Allerdings scheint es – egal ob dick oder dünn – eine genetische Veranlagung zu geben, die bestimmt wo sich Fett im Körper am ehesten ansammelt. Auch der zurückgehende Geschlechtshormonspiegel im Alter spielt eine Rolle dabei, dass Fett aus der unteren Körperhälfte hoch zum Bauchbereich wandert.

"Wenn man das Risiko für einen Schlaganfall, Herzinfarkt und frühzeitigen Tod von schlanken Stoffwechselkranken, also den TOFIs, vergleicht mit dem Risiko von Normalgewichtigen mit funktionierendem Stoffwechsel, dann ist das Risiko bei den schlanken Kranken dreifach erhöht. Das ist genauso viel wie das Risiko bei den stark Übergewichtigen, die auch erhöhte Cholesterin-, Blutdruckwerte haben," sagt der Mediziner.

Übergewicht ist aber nicht automatisch ein Indikator für ein hohes Krankheitsrisiko, so wie schlank nicht immer gesund bedeutet. Es gibt auch dicke Menschen, die Fett unter der Haut und wenig an den Organen speichern und die dementsprechend wenig gefährdet sind Diabetes und eine Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erleiden.

Körperfettverteilung selbst kontrollieren

Wer beim Griff in Hüfte, Oberschenkel oder Po Speck greifen kann, und wenn auch der Bauch eher schwabbelig ist, hat sehr wahrscheinlich einen gut funktionierenden Stoffwechsel und muss sich keine Sorgen um eine mögliche Fettsucht machen. Ist das Fett aber hauptsächlich im Bauchbereich angelagert und ist der dicke Bauch prall und fest – häufig beim typischen Bierbauch der Fall – dann ist Vorsicht geboten.

Ein weiterer Test, der Zuhause möglich ist: den Taillen- und Hüftumfang mit einem Maßband messen und ihn ins Verhältnis setzen. Bei Frauen sollte der Hüftumfang etwas mehr sein, als der Taillenumfang. Bei Männern können die Werte etwa gleich sein. Wenn man Taillenumfang durch Hüftumfang teilt und der Wert unter 1 liegt, scheint die Körperfettverteilung in Ordnung zu sein. Je niedriger das Teilungsverhältnis, desto besser.

"Auch wenn der BMI in Ordnung zu sein scheint, sollte man die Körperfettverteilung untersuchen lassen, sie hat eine wichtigere Vorhersagekraft. Wenn die Körperform eher einer Birne, als einem Apfel entspricht und das Mess-Verhältnis von Taille zu Hüfte unter 1 liegt, ist die Wahrscheinlichkeit stoffwechselkrank zu sein relativ gering," sagt Professor Stefan.

Wer aber den Eindruck hat, dass eine ungünstige Fettverteilung vorliegt, sollten zusätzlich Blutdruck, Blutfettwerte und Blutzucker beim Arzt kontrollieren lassen. Auch kleine Auffälligkeiten sollten von Ärzten ernst genommen und weiter beobachtet werden.

Skinny fat – so beugt man vor

Um das Risiko einer möglichen Herzkreislauf-Erkrankung zu senken, rät Stefan zu Folgendem: die Kalorienaufnahme regelmäßig kontrollieren, im Tagesverlauf längere Fastenperioden einbauen und grundsätzlich schnell wirksame Kohlenhydrate vermeiden.

"Man sollte dem Körper regelmäßig Zeitspannen einräumen, in denen er keine Kalorien zu sich nimmt, wie zum Beispiel beim Intervallfasten. Dann wird das Fettgewebe aktiviert und verbrannt. Auch sollte man eher Vollkorn- als Weißmehl-Produkte essen. Denn Weißmehl führt zu einer starken Zucker- und Insulinausschüttung, das heißt das Insulin senkt den Blutzucker nach einer Stunde schnell und man bekommt wieder Hunger. Vollkorn hält länger satt," sagt der Experte.

Über den Experten: Prof. Dr. med. Norbert Stefan ist Leiter der Abteilung für Pathophysiologie von Prädiabetes am Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz-Zentrums München und hat die Heisenberg-Professur für klinische und experimentelle Diabetologie am Universitätsklinikum Tübingen inne. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt unter anderem in der Charakterisierung des Risikos für Diabetes-Typ-2. Dazu erforscht er vor allem die stoffwechselgesunde Adipositas, das stoffwechselkranke Normalgewichts, die Hepatokine (Leberhormone) und die Erfolgsfaktoren einer Lebensstilintervention zur Prävention des Diabetes-Typ-2 und seiner Folgeerkrankungen.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Prof. Dr. med. Norbert Stefan, Inhaber der Heisenberg-Professur für klinische und experimentelle Diabetologie am Universitätsklinikum Tübingen und Leiter der Abteilung für Pathophysiologie von Prädiabetes am Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz-Zentrums München
  • Helmholtz Zentrum München: Schlank und dennoch ein hohes Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen
  • Deutsches Zentrum für Diabetesforschung: Wie und warum Hüftgold vor Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen kann
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.