Stimmt es, dass Radfahren impotent macht und Dehnen vor Verletzungen schützt? Über sportliche Aktivitäten und Training kursieren viele pauschale Behauptungen, deren Wahrheitsgehalt unklar ist. Die Sportmediziner Professor Martin Halle und Professor Josef Wiemeyer räumen im Gespräch mit unserer Redaktion mit den gängigsten Irrtümern auf.

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Macht Radfahren impotent?

"Wenn Männer lange Radfahren, kann es zu Sensibilitätsstörungen am Penis kommen. Grund ist, dass ein Großteil des Körpergewichts auf dem Damm lastet und dort auf Nerven drückt, die zum Genitalbereich verlaufen", erklärt Martin Halle, Leiter der Abteilung Prävention und Sportmedizin der Technischen Universität München. Langfristig führe dieser Druck aber nicht zu Impotenz.

Für ihn stellt Ausdauersport wie Radfahren sogar eines der wesentlichen Mittel gegen Impotenz dar. "Insbesondere wenn Männer übergewichtig sind und erste Vorstufen von Diabetes bestehen, ist Radfahren mit dem richtigen Sattel optimal."

Die Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems verbessere nämlich auch die Durchblutung des Penis und beeinflusse die männlichen Sexualhormone positiv. Das Krafttraining für Oberschenkel- und Beckenbodenmuskulatur verhelfe zu einer besseren Erektionsqualität.

Hilft Magnesium gegen Muskelkrämpfe?

Für Josef Wiemeyer, Leiter des Arbeitsbereiches Bewegung, Training und Sportinformatik am Institut für Sportwissenschaft der Technischen Universität Darmstadt, können Muskelkrämpfe ganz unterschiedliche Ursachen haben.

"Wenn Elektrolytverluste durch starkes Schwitzen die Ursache von Krämpfen sind, dann helfen Magnesium und Kalzium - am besten wohldosiert über Nahrungsmittel oder isotonische Getränke."

Die Empfehlung für Menschen, die viel und intensiv Sport treiben und zu Krämpfen neigen, lautet: Die Magnesiumspeicher vor dem Training aufzufüllen, dabei aber auf eine maximale Tagesdosis von 300 bis 600 Milligramm Magnesium zu achten.

Denn bei einer Überdosierung kann es laut dem Darmstädter Professor zu Durchfall und Schwächegefühl kommen, aber auch zu Beschwerden des Nervensystems und des Herzens.

Ist Milchsäure am Muskelkater Schuld?

Milchsäure entsteht als Abfallprodukt im Muskel, wenn bei intensiver körperlicher Belastung eine hohe Energiemenge in kurzer Zeit bereitgestellt werden muss, die Sauerstoffzufuhr aber nicht ausreicht.

Muskelkater tritt erst 48 Stunden nach der sportlichen Belastung auf. "Muskelkater hat mit Milchsäure in der Muskulatur nichts zu tun", erklärt Sportmediziner Halle.

Bei Muskelkater handle es sich um Mikroverletzungen, also kleine Risse in den Muskelfasern. Diese führen zu entzündungsähnlichen Prozessen, die dann die Schmerzen verursachen. Nach zwei bis drei Tagen ist ein Muskelkater jedoch ausgeheilt.

Schützt dehnen vor Verletzungen?

Dehnen ist kein Allheilmittel gegen Verletzungen, stellt Wissenschaftler Wiemeyer klar. Im Gegenteil: Falsches, insbesondere zu intensives statisches Dehnen könne Gelenken instabil machen und dadurch sogar Verletzungen provozieren.

Entsteht Seitenstechen durch falsche Atmung?

"Die Ursachen von Seitenstechen sind noch nicht abschließend geklärt", sagt Wiemeyer. Falsche Atmung sei für dieses Phänomen eher unplausibel. Für wahrscheinlicher hält er, dass eine gestörte Durchblutung von Leber und Milz zu Seitenstichen führe.

"Dazu passt auch, dass Seitenstiche beim Sporttreiben meist bei vollem Bauch auftreten."

Schadet auf Asphalt laufen den Gelenken?

Gelenkschäden haben laut dem Darmstädter Professor vielfältige Ursachen. "Asphalt ist zwar eine sehr harte Unterlage im Vergleich zu Waldboden. Dennoch ist er an sich nicht für Gelenkschäden verantwortlich."

Falsche Schuhe und eine falsche Lauftechnik hingegen würden oft zu Schäden an Gelenken führen.

Lassen sich Erkältungen wegtrainieren?

"Nein!", warnt Martin Halle. "Es ist sogar besonders gefährlich, bei Erkältung zu trainieren. Denn es sind Viren, die die banalen Infekte mit Halsschmerzen, Schnupfen oder Heiserkeit hervorrufen."

Wer dann weiter trainiere, riskiere, dass sich die Viren ausbreiten und das Herz befallen. Die Folgen können laut Halle schwerwiegend sein: Entzündungen des Herzmuskels mit gelegentlich auch tödlichen Herzrhythmusstörungen.

Hilft Sport beim Abnehmen?

Ja, aber nur in Kombination mit der richtigen Ernährung und Sportart. "Generell gilt: Durch Sport steigt der Energieverbrauch bis zum 20-fachen des Ruhewertes an, weshalb man bei gleicher Kalorienzufuhr mit regelmäßigem Sport abnimmt", sagt Josef Wiemeyer.

Allerdings komme es auf die richtige Sportart an: Ausdauertraining in Form von Laufen, Schwimmen, Radfahren und Inline-Skaten ist nach seiner Erfahrung zum Abnehmen besser geeignet als Kraftsport.

Verbrennt moderates Training die meisten Kalorien?

"Je höher die Belastungsintensität, umso mehr Kalorien werden verbrannt", erläutert Professor Halle. Bei moderatem Training sei das eben auch nur eine moderate Anzahl an Kalorien.

"Relativ gesehen wird im moderaten Bereich mehr Fett verbrannt. Absolut gesehen muss man sich aber intensiv belasten, um möglichst viele Fette abzubauen - und somit auch Gewicht zu verlieren."

Das sei wie beim Auto: Je höher die Umdrehungen und je schneller das Auto fährt, umso mehr Benzin wird verbraucht.

Prof. Dr. med. Martin Halle ist Leiter der Abteilung Prävention und Sportmedizin am Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München
Prof. Dr. rer. medic. Josef Wiemeyer leitet den Arbeitsbereich Bewegung, Training und Sportinformatik am Institut für Sportwissenschaft der Technischen Universität Darmstadt

Verwendete Quellen:

  • Augsburger Allgemeine: Fitness: Sportmythen - und was wirklich stimmt
  • GQ Magazin: Diese 8 Sportmythen sind Quatsch
  • Triathlon-Blog Tri Fit: 11 Sportmythen, die du besser nicht glauben solltest
  • EatSmarter: Die größten Sportmythen
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