Gründe, die Pille abzusetzen, gibt es viele: Viele Frauen etwa wissen gar nicht mehr, wie sich ihr natürlicher Zyklus anfühlt - sie nehmen seit vielen Jahren die Pille und wollen ihren Körper wieder besser kennenlernen. Andere leiden unter Nebenwirkungen oder wollen lieber natürlich verhüten.

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Grundsätzlich kann man jederzeit mit der Einnahme aufhören. "Es ist jedoch dringend zu empfehlen, die Einnahme erst mit dem Verbrauch des Blisters nach 21 Tagen zu beenden", sagt Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte. "Wenn die Einnahme zwischendurch gestoppt wird, kommt es meist zu einer leichten Blutung und wenige Tage später zum Eisprung."

Oft pendelt sich der Zyklus recht schnell wieder ein

Wenn eine Frau nicht schwanger werden möchte, muss sie dann sofort mit Barrieremethoden wie beispielsweise Kondomen verhüten, bis sich ihr Zyklus eingespielt hat. Bei jeder zweiten Frau setzen Eisprung und Monatsblutung sofort nach dem Absetzen der Pille wieder ein. Laut Albring dauert es nur bei sechs Prozent aller Frauen mehr als drei Monate, bis sich nach einer Pilleneinnahme der Zyklus einspielt.

Wenn es lange dauert, bis der Körper den Zyklus reguliert, spielen oft auch andere Faktoren mit hinein. "Starkes Übergewicht, Untergewicht oder Leistungssport können eine große Rolle spielen, da sie zu Zyklusstörungen führen können", sagt der Experte. Auch starker Stress kann den Zyklus beeinflussen.

Manchmal entdecken Frauen unangenehme Symptome

Wenn eine Frau nach der Einnahme der Pille mit der sogenannten natürlichen Familienplanung verhüten möchte, ist es wichtig, dass sie zunächst einmal wieder einen regelmäßigen Zyklus hat. "Dann ist der Eisprung in Kombination mit einer sorgfältigen Messung von Körpertemperatur und der Gebärmutterhals-Schleimdichte zuverlässig zur Verhütung erkennbar", sagt Albring.

Das muss jede Frau allerdings erst lernen und dann regelmäßig anwenden. "Einfach nur den Eisprung nach dem Kalender zu berechnen, wie es viele Apps machen, ist extrem unsicher und führt zu vielen ungewollten Schwangerschaften."

Manche Frauen berichten, dass sie nach dem Absetzen der Pille plötzlich unter Beschwerden leiden. Sie bekommen zum Beispiel Akne, leichten Haarausfall oder ein prämenstruelles Syndrom, bei dem sie sich in den Tagen vor der Regelblutung reizbar fühlen, Kopfschmerzen haben oder Heißhunger verspüren. Auch eine stärkere und längere Regelblutung und stärkere Regelschmerzen kommen vor.

Pille absetzen: Frauen müssen sich und ihren Körper oft erst einmal neu kennenlernen

"Diese Veränderungen werden allerdings nicht durch das Absetzen der Pille verursacht", sagt der Experte. Sie wären auch vorher vorhanden gewesen, wurden aber lange Zeit durch die Einnahme der Pille überdeckt. Nach einer langjährigen Pilleneinnahme müssen die meisten Frauen sich und ihren Körper erst einmal neu kennenlernen und sich auf die Veränderungen im Lauf des Zyklus einstellen. "Häufig wissen Frauen gar nicht, wie ihr Zyklus vor Pillenbeginn als Mädchen verlief", sagt Albring. Das gilt insbesondere dann, wenn die Verhütung schon früh nach Beginn der ersten Menstruation begonnen hat.

Es gibt allerdings auch Gründe dafür, die Pille nicht abzusetzen. "Das wichtigste Argument, die Pille nicht abzusetzen, ist, dass sie nach wie vor die zuverlässigste Verhütung ist, einmal abgesehen von der Spirale und der Sterilisation", sagt Albring. "Die natürliche Verhütung ist viel aufwendiger, wenn sie zuverlässig sein soll – und hat dann trotzdem ein höheres Restrisiko."

Bei bestimmten Erkrankungen kann es sinnvoll sein, die Pille weiterzunehmen

Auch bei Frauen, die unter bestimmten Krankheiten leiden, kann es sinnvoll sein, die Pille weiter zu nehmen. Das gilt beispielsweise für das Polyzystische Ovar-Syndrom (PCOS). "Eine kombinierte Pille mit einem Gestagen, das eine antiandrogene Wirkung hat, kann das hormonelle Ungleichgewicht des Körpers gut ausgleichen", sagt der Experte.

Bei PCOS kommt es nicht nur häufig zu Zysten an den Eierstöcken, sondern auch zu Akne und zu einer verstärkten Körperbehaarung. "Ohne eine Pille würden sich wieder vermehrt kleine Zysten in den Eierstöcken bilden", sagt Albring. Auch ein Eisprung würde seltener auftreten. "Da die Pille die Symptome des PCOS unterdrückt, kann sich diese Krankheit allerdings auch erstmals überhaupt nach dem Absetzen der Pille bemerkbar machen."

Die Symptome einer Endometriose bessern sich meist unter Einnahme einer Pille

Auch bei sehr schmerzhaften Monatsblutungen, die durch eine Endometriose verursacht werden können, kann die Pille betroffenen Frauen helfen. "Das Gestagen Dienogest alleine oder in einer Pillenkombination hemmt das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut auch in den Endometriose-Herden", sagt Albring. Bei einer Endometriose siedelt sich Schleimhaut aus der Gebärmutter auch außerhalb der Gebärmutter im Körper an und wird am Ende des Zyklus ebenfalls abgestoßen, wenn es zu keiner Befruchtung gekommen ist. Das kann zu Entzündungen und Zysten im Bauchraum führen und starke Schmerzen verursachen.

"Die kombinierte Pille kann auch monatelang durchgenommen werden", sagt Albring. "Ohne Regelblutung gibt es auch keine Regelschmerzen." Wenn Frauen, die unter einer Endometriose leiden, keine solche Pille mehr einnehmen wollen oder wenn sie nicht ausreichend wirkt, kommt laut Albring nur eine andere hormonelle Behandlung infrage, um die Schmerzen und das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten.

"Man verwendet dafür ein künstliches Hormon, das die körpereigene Produktion von Östrogen blockiert." Dadurch wird zwar die Endometriose aufgehalten. "Aber die Frau kommt in eine Art von Wechseljahren mit allen Begleiterscheinungen", sagt Albring. "Letztlich hilft bei einer Endometriose in vielen Fällen nur eine Operation, bei der möglichst alle Endometriose-Herde entfernt werden."

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte
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