Wieso können Menschen eigentlich ins Koma fallen – und was geschieht dabei in ihrem Körper? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

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Bei einem Koma führt eine Hirnschädigung zu einer schweren Bewusstseinsstörung. Ärztinnen und Ärzte müssen im Fall eines Komas die Ursache schnellstmöglich behandeln. Eine Narkose oder ein künstliches Koma sind bei vielen Operationen oder bestimmten Erkrankungen sinnvoll.

Gesunde Menschen nehmen über ihre Sinne die Umgebung wahr. Sie denken und handeln, reagieren auf Schmerzen und verfügen über Schutzreflexe. Für die Entwicklung dieses Bewusstseins ist ein intaktes Gehirn notwendig. Bei einem Koma hingegen führt eine Hirnschädigung zu einer schweren Bewusstseinsstörung. Wie der aus dem Griechischen stammende Begriff "Koma" andeutet, fallen die Betroffenen in einen tiefen Schlaf.

Worum handelt es sich bei einem Koma und was sind die Ursachen?

Bei einem Koma handelt es sich um eine tiefe Bewusstlosigkeit, aus der ein Patient weder durch Ansprache, Berührung noch Schmerz erweckbar ist. Die Ursache liegt in einer schweren Störung des Gehirns. "Auslöser können beispielsweise ein Schädel-Hirn-Trauma durch einen Unfall, ein Schlaganfall, Blutungen oder ein Tumor im Kopf sein", sagt Martin Söhle, stellvertretender Klinikdirektor Anästhesie des Universitätsklinikums Bonn und Sprecher des wissenschaftlichen Arbeitskreises Neuroanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. "Weiterhin sind Ursachen außerhalb des Kopfes möglich." Dazu zählen Sauerstoffmangel wie beim Herz-Kreislauf-Stillstand, Vergiftungen oder Stoffwechselstörungen wie Über- beziehungsweise Unterzuckerung.

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Je nach Tiefe der Bewusstseinsstörung werden verschiedene Stufen unterschieden. Während Patienten bei Somnolenz – also Benommenheit – noch auf Ansprache erweckbar sind, reagieren sie beim Tiefschlaf nur noch auf schmerzhafte Reize. Hingegen zeigen sie beim tiefen Koma keine Abwehrreaktionen mehr.

Möglichst schnell die Ursache für das Koma ermitteln

Bei einer bewusstlosen Patientin müssen Notfallmedizinerinnen und -mediziner so schnell wie möglich die Ursache für das krankhafte Koma ermitteln. Andernfalls können Komplikationen auftreten. Wird beispielsweise das Gehirn über mehrere Minuten nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt, drohen Langzeitschäden.

Vergiftungen können zum Herzstillstand führen. Neben der intensivmedizinischen Versorgung besteht die Therapie daher in der schnellstmöglichen Diagnose und Behandlung der Ursache.

Was geschieht im Körper?

Im komatösen Zustand sind die Stoffwechselvorgänge im Gehirn eingeschränkt. Einige Forschende vermuten, dass der Körper mit dem komatösen Schlaf großen Schmerzen entgeht und gleichzeitig das Gehirn entlastet. Auch das künstliche Koma soll den Druck im Gehirn senken und dem Körper die Regeneration ermöglichen.

Bei der Diagnose des Komas spielen bildgebende Verfahren eine wichtige Rolle. Die Computertomographie (CT) ist ein Verfahren zur Darstellung des Gehirns, die funktionelle Magnetresonanztomographie (MRT) kann auch kleine Läsionen im Gehirn abbilden. Mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) können Stoffwechselvorgänge im Körper sichtbar gemacht werden.

Was ist ein künstliches Koma?

Der Unterschied zwischen einem "normalen" und einem künstlichen Koma ist die Ursache für diesen Zustand. "Ein Patient wird durch die Gabe von Medikamenten in ein künstliches Koma versetzt", betont Prof. Söhle. Mediziner sprechen von einer Langzeitnarkose. "Dabei soll der Intensivpatient schläfrig, aber erweckbar sein. Nur so können wir auch erkennen, ob das Gehirn intakt ist." Werden die Narkosemittel wieder abgesetzt, erwacht der Patient von selbst.

Eine Narkose wird für die meisten Operationen benötigt, dabei stellen Anästhesistinnen und Anästhesisten die Schwere und Dauer exakt ein. Bei kritischen Erkrankungen kann ein künstliches Koma über einen längeren Zeitraum sinnvoll sein. Beispiele sind langanhaltende Krampfanfälle oder ein Schädel-Hirn-Trauma. Die Narkose soll die Hirnzellen entlasten, indem sie den Stoffwechsel und den Sauerstoffbedarf des Gehirns reduziert.

Was ist ein Wachkoma?

Das Wachkoma ist eine besondere Form des Komas. "Bei diesem apallischen Syndrom handelt es sich um eine bestimmte Art der Hirnschädigung", erklärt Söhle. Dabei ist das Großhirn, das als wesentlich für das Bewusstsein gilt und unter anderem für die Verarbeitung von Sinneseindrücken verantwortlich ist, stark geschädigt. "Im Hirnstamm hingegen sind die Zellen noch intakt, sodass überlebenswichtige Funktionen wie Atmung oder Herzschlag funktionieren."

Der Patient wirkt daher äußerlich wach, hat die Augen geöffnet und atmet selbst. Medizinisch gesehen befindet er sich aber in tiefer Bewusstlosigkeit. Innerhalb des ersten Jahres können sich neurologische Funktionen teilweise erholen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist eine Besserung unwahrscheinlich, doch natürlich gibt es immer wieder Einzelfälle.

Was ist das Locked-In-Syndrom?

Bei diesem "Gefangensein-Syndrom" wirken die Patienten äußerlich, als befänden sie sich in einem tiefen Koma. In Wirklichkeit sind die Betroffenen jedoch hellwach und bei vollem Bewusstsein, allerdings körperlich vollständig gelähmt und unfähig, sich durch Sprache oder Bewegungen verständlich zu machen. Eine Kommunikation ist in einigen Fällen durch vertikale Augenbewegungen möglich.

Die extremst selten auftretende Krankheit beruht auf einer bestimmten Form der Hirnschädigung und weist eine hohe Sterblichkeitsrate auf. Besserungen des Zustands sind selten, aber möglich.

Was passiert nach dem Koma?

Ob ein Patient aus dem Koma erwacht, hängt in erster Linie von seinen Verletzungen und den Beeinträchtigungen der Hirnfunktion ab. Aus einem künstlichen Koma erwacht der Patient durch die schrittweise Reduktion der Medikamente. "Das dauert nach einer einfachen Operation etwa fünf bis zehn Minuten, bei mehreren Tagen auf der Intensivstation braucht der Patient zumeist mehrere Stunden, bis er wieder erwacht ist", erklärt der Mediziner.

Wurden Patienten, wie beispielsweise bei schweren Fällen von Covid-19, über Wochen beatmet, muss zudem die Atemunterstützung durch die Maschinen langsam reduziert werden. Betroffene lernen dabei ganz langsam, wieder eigenständig zu atmen.

In der Aufwachphase nach längerem Koma zeigen sich viele Intensivpatienten verwirrt. Oftmals können sie sich an die Zeit kurz vor dem Koma nicht erinnern. Angehörige können durch Anwesenheit helfen.

Über den Gesprächspartner

  • Prof. Dr. med. Martin Söhle ist stellvertretender Klinikdirektor der Anästhesie des Universitätsklinikums Bonn und Sprecher des wissenschaftlichen Arbeitskreises Neuroanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI).

Verwendete Quellen

  • Interview mit Prof. Dr. Martin Söhle.
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