Fahrradfahren ist wie eine Therapie für Oliver Trelenberg: Durch seine psychischen Erkrankungen fing er mit dem Radeln an. Als er einige Jahre später die Diagnose Kehlkopfkrebs erhält, gründet er das Projekt "Oli radelt". Damit hilft er nun anderen an Krebs erkrankten Menschen und gibt sich selbst ein Stück Leben zurück.

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1.550 Kilometer. 30 Tage. Ein Fahrrad. Oliver Trelenberg schwingt sich im Mai wieder für den guten Zweck auf sein Rad. Trelenberg, Spitzname "Oli", freut sich riesig auf das neue Projekt: "Ich kann es kaum erwarten, ich würde am liebsten jetzt schon wegfahren", erzählt er uns im Gespräch.

Fahrradfahren ist Therapie

Radeln ist seine Therapie – im wahrsten Sinne des Wortes: "Das Fahrradfahren hat mir Lebensqualität gegeben." Diese Lebensqualität hatte er lange nicht. 2003 begann Oli, wegen seiner Alkoholsucht in psychologische Behandlung zu gehen. Trelenberg kam in eine Tagesklinik – und das erste Mal mit dem Sport in Berührung.

Ein Patient sei jeden Tag mit dem Fahrrad in die Klinik gefahren. Bewegung? Nicht schlecht, dachte er. "Irgendwann habe ich dann festgestellt, so bist du schneller als zu Fuß", sagt der 52-Jährige unvermittelt in seinem westfälischen Dialekt. Also fing er an zu radeln. Das half ihm, das psychischen Leiden zu verarbeiten.

Diagnose: Krebs. Aufhören? Fehlanzeige

Dann die niederschmetternde Diagnose: Kehlkopfkrebs. 2013. Das Gefühl? Für ihn schwer zu beschreiben: "Wie mit einem Vorschlaghammer. Da ist die Psyche Amok gelaufen." Trelenberg musste sich am Kehlkopf operieren lassen, ihm wurde der Kehldeckel entfernt, seitdem muss er bei jedem Schluck aufpassen.

"Den Kopf nicht in den Sand stecken", sagt er platt. Nach kurzer Zeit begann er wieder, Rad zu fahren. Zunächst kleine Touren, mehr als sieben Kilometer schafft er nicht. Atemprobleme machen es ihm kaum möglich, Steigungen zu fahren. Aufhören kommt für ihn nicht infrage: "Immer weiter, immer weiter."

Das erste große Projekt startete er bereits rund ein Jahr später, 2014, als er anfing, für einen guten Zweck zu radeln. Seitdem ist sein Name Programm: "Oli radelt." "Ich präsentiere keine Leistung, ich bin Freizeitradler." Er machte anfangs Tagestouren durch das Ruhrgebiet, am Rhein bis nach Köln und in die Niederlande. Sein Ziel waren 4.000 Kilometer am Jahresende. Es wurden 5.500 Kilometer.

Mit dem Rad Unterstützer finden

2015 sammelte er erstmals Spenden mit seinen Radtouren für den Deutschen Kinderhospizverein. Seit vergangenem Jahr hilft er der Aktion "Engel mit Herz". Das Projekt unterstützt an Krebs erkrankten Menschen, die in Armut leben, mit einem einwöchigen Urlaub nach Ostfriesland.

Trelenberg, der selbst nur eine überschaubare Rente bekommt, fühlt sich mit dem Projekt verbunden. Er druckt Flyer, kommt mit den Menschen unterwegs ins Gespräch. "Fahrradfahrer unterwegs sprechen sich ja immer an", lacht er.

So gesellig er ist, am liebsten radelt er allein. Viele hätten ihm eine gemeinsame Tour vorgeschlagen, doch in den meisten Fällen ergebe sich daraus nichts. "Dieses ganze Hin und Her, da kann ich in der Zeit selber mehr machen." Trotz allem Herzblut, das er in das Projekt steckt, bleibt er an dieser Stelle pragmatisch.

Die Motivation: Anderen Menschen helfen

Trelenberg selbst fühlt sich besser, wenn er anderen hilft. Der gute Zweck ist seine tägliche Motivation, aufs Rad zu steigen. Wenn er die Leute unterwegs anspricht, um sie auf "Oli radelt" aufmerksam zu machen und sie das Projekt bereits kennen, ist er glücklich.

Wenn er eine krebskranke Frau trifft, die durch seine Spendenaktion zum ersten Mal in ihrem Leben in Urlaub gehen konnte, das spornt den 52-Jährigen an. Und macht ihn auch ein wenig Stolz.

Geringer Einsatz – großer Erfolg

Seine nächste Tour führt ihn von Dresden die Elbe entlang nach Cuxhaven, über den Weser- und den Diemel-Radweg wieder in seine Heimat nach Hagen. Für 1.500 Kilometer ist er 30 Tage unterwegs. Im Gegensatz zu seiner Anfangszeit auf dem Fahrrad, in der er "nur losgejagt" sei, "um dann k.o. zu sein", nimmt er die Natur nun bewusst wahr.

Dieses Bewusstsein will er anderen Menschen zeigen. Seine Sicht: "Es ist überall schön in Deutschland, man muss sich nur aufraffen". Auch trotz Krankheit habe das Leben seine schönen Seiten. Das Fahrrad erlaube ihm "mit ganz geringen Mitteln einen superschönen Tag zu verbringen", lacht Trelenberg. Denn Sport ist für ihn eben die beste Medizin.

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