Der Umgang mit psychischen Erkrankungen ist nicht einfach. Doch auch wenn die Erkenntnisse der modernen Forschung fehlten: Es fällt schwer, sich vorzustellen, wie manche Behandlungen in der Geschichte der Psychiatrie als Methoden zur Heilung angesehen wurden.

Mehr zum Thema Gesundheit

Im Laufe seines Lebens leidet laut Bundesgesundheitsministerium fast jeder Dritte an einer psychischen Erkrankung, die behandelt werden muss. Dabei ist die Palette der Krankheiten ziemlich breit. Sie reicht von Angststörungen über Depressionen bis hin zu Burnout und Stress. Seelische Störungen gelten als häufigster Grund für eine Arbeitsunfähigkeit.

Die Behandlungsmethoden bei psychischen Erkrankungen sind vielfältig. Je nach Krankheitsbild werden sie etwa mit Verhaltenstherapie, Elementen aus der Tiefen- und Neuropsychologie oder analytischer Psychotherapie behandelt. Das war allerdings nicht immer so. Elektroschocks, Exorzismus, Tobzellen und Zwangsjacken gehörten in früheren Epochen zu den gängigen Behandlungsmethoden. Viele dieser Maßnahmen haben bei Patienten noch mehr Schaden angerichtet und werden heute glücklicherweise längst nicht mehr angewandt.

Behandlungsmethoden bei den alten Griechen und Römern

Bereits in der Antike gab es psychiatrische Krankenanstalten. Durch Aderlässe, Schröpfen, Massagen oder Diäten wurde versucht, die Krankheiten zu heilen. Außerdem nutzte man Theater, Brettspiele, Reisen und Musik, um das Gehirn der Patienten zu aktivieren. Allerdings gab es auch für die Behandler in der Antike "hoffnungslose Fälle". Diese Menschen wurden oftmals isoliert und in Räume mit hochliegenden Fenstern gesperrt.

Psychische Erkrankungen im Mittelalter

Wer im Mittelalter an einer psychischen Erkrankung litt, galt als Hexe oder als vom Teufel und Dämonen besessen. Die Krankheit wurde religiös begründet und als "Strafe von oben" gesehen. Die Erkrankten mussten Folter und Exorzismus über sich ergehen lassen. Diese "Behandlungsmethoden" wurden so lange durchgeführt, bis der vermeintliche Dämon aus dem Körper der Kranken vertrieben war. Oftmals mussten diese Menschen die Folter bis zu ihrem Tod über sich ergehen lassen.

Außerdem wurden im Mittelalter die "ruhigen Irren" von den "tobenden Irren" unterschieden. Während "ruhige" Kranke in den Krankenhäusern aufgenommen wurden, sperrte man die "tobenden" Patienten in Käfige, Kisten oder legte sie an Ketten. So wurden sie zusammen mit Prostituierten und Verbrechern der Bevölkerung zur Schau gestellt oder zu harten Arbeiten gezwungen.

Weiterentwicklung der Behandlungsmethoden

Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelte sich die Psychiatrie zu einer eigenen, selbständigen Wissenschaft. In Deutschland wurden im 19. Jahrhundert die ersten rein psychiatrischen Anstalten eröffnet. Aber auch hier blieben viele der Behandlungsmethoden brutal. Stundenlang mussten Menschen auf Zwangsstühlen ausharren oder Sturzbäder in eiskaltem Wasser über sich ergehen lassen.

Eine andere "Heilungsmethode" war der Drehstuhl. Dabei wurden Patienten auf einem Stuhl festgeschnallt, der sich bis zu 100 Mal um die eigene Achse drehte. Die Patienten wurden oft bewusstlos, litten nach der Behandlung an starker Übelkeit oder bluteten aus Mund und Nase.

Allerdings gab es auch humane Behandlungsmethoden. So halfen Patienten auf den an die Kliniken angeschlossenen Höfen in der Landwirtschaft und Viehzucht mit – eine Art Beschäftigungstherapie.

Rückschritte bei Behandlungen in der NS-Zeit

Es ist eines der dunkelsten Kapitel in der Behandlung psychisch Kranker. Insulin- und Elektroschocktherapie waren bei depressiven und schizophrenen Patienten ab 1930 an der Tagesordnung. Diese brutalen Behandlungsmethoden verschlechterten meist den körperlichen und geistigen Zustand der Patienten. So kam es oft zu irreversiblen Schäden nach einer solchen Behandlung. Eine Heilung war in den meisten Fällen ausgeschlossen.

Die Konsequenz: Die Nazis versuchten, die angeblich "minderwertigen" und "unwerten" Menschen auszurotten. Hunderttausende psychisch kranke Patientinnen und Patienten wurden deportiert und ermordet. Andere wurden zwangssterilisiert, um die arische Rasse von vermeintlich minderwertigerem Erbgut zu "reinigen".

Entwicklung von Psychopharmaka

Ab 1952 konnten psychische Erkrankungen auch mit Medikamenten behandelt werden. Zu Beginn gab es jedoch häufig Probleme mit der Verträglichkeit und den Nebenwirkungen der Medikamente. Zusätzlich entwickelten sich die unterschiedlichen Richtungen der Psychotherapie, durch die bessere Heilungs- und Rehabilitationsmöglichkeiten entstanden. Auch Bewegungs-, Reit- und Beschäftigungstherapie wurden Bestandteil der neuen Behandlungsmaßnahmen.

Noch immer werden psychische Erkrankungen tabuisiert, sie lösen Ängste und Verunsicherung aus, wodurch sich Betroffene oftmals ausgegrenzt fühlen oder sich selbst isolieren. Durch vielfältige Maßnahmen fördert beispielsweise das Bundesgesundheitsamt die Aufklärung der Öffentlichkeit über Behandlungsmethoden und den Umgang mit psychischen Störungen.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.