Um in einer immer schneller werdenden Welt zu innerer Ruhe finden, gibt es verschiedene Entspannungsverfahren. Neben der Muskelentspannung nach Jacobson gehört Autogenes Training sicherlich zu den bekanntesten Methoden, um Stress abzubauen und ausgeglichener zu werden.

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Autogenes Training wird auch "Yoga des Westens" genannt, denn die Methode funktioniert ähnlich wie Meditation, ist aber unabhängig von Kultur und Weltanschauung.

In der Psychotherapie wird Autogenes Training oft begleitend bei verschiedenen Problemen wie Burnout, Depressionen und Ängsten eingesetzt. Das Verfahren eignet sich für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Werdenden Müttern kann Autogenes Training außerdem zu einer entspannteren Schwangerschaft und Geburt verhelfen.

Was bedeutet Autogenes Training?

Autogenes Training: Was ist das nun genau? Die Erklärung ist einfach: Die Technik basiert auf der Erkenntnis, dass wir mithilfe unserer Vorstellungskraft einen tiefen Zustand der Entspannung erreichen können. Der Geist steuert den Körper – und umgekehrt.

Die Wirkung der verschiedenen Schwere- und Wärmeübungen des Autogenen Trainings ist wissenschaftlich gut untersucht. So führt allein der Gedanke daran, dass der Fuß warm wird, zu einer verstärkten Durchblutung und der Fuß fühlt sich in der Wahrnehmung tatsächlich warm an.

Gibt es eine Anleitung für Autogenes Training?

Autogenes Training gliedert sich in drei Stufen: Grundstufe, Mittelstufe und Oberstufe. Für Anfänger sind vor allem die sechs Grundübungen interessant. Man kann sie im Rahmen eines Kurses erlernen, welcher häufig von der Krankenkasse übernommen wird. Alternativ kann man sich die Übungen mithilfe eines Hörbuchs zu Hause selbst beibringen und sich die Anleitung vorlesen lassen.

Die Übungen können im Sitzen oder Liegen durchgeführt werden. Man beginnt mit einer Ruheformel wie "Ich bin ganz ruhig, die Gedanken kommen und gehen". Diese wird mehrmals geistig wiederholt. Dann folgen die Grundübungen:

  • 1. Schwereübung: Mit formelhaften Sätzen wie "Der rechte Arm ist ganz schwer" wird nach und nach ein Schweregefühl im ganzen Körper erzeugt.
  • 2. Wärmeübung: Dank der Kraft der Gedanken wird ein Wärmegefühl erzeugt. Durch Übungssätze wie "Der rechte Arm ist ganz warm" weiten sich die Blutgefäße und nach und nach erwärmen sich die einzelnen Körperteile spürbar.
  • 3. Herzübung: Hierbei konzentriert man sich auf den Herzschlag. Mithilfe von Sätzen wie "Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig" werden Pulsschlag und Blutdruck gesenkt.
  • 4. Atemübung: Man beobachtet den eigenen Atem und beruhigt ihn mit dem Satz "Mein Atem geht ruhig und gleichmäßig".
  • 5. Sonnengeflechtsübung: Um die Verdauung und den Stoffwechsel anzuregen, fokussiert man sich auf den Satz "Das Sonnengeflecht ist strömend warm".
  • 6. Kopfübung: Der Satz "Die Stirn ist angenehm kühl" soll den Kopf erfrischen und widerstandsfähig gegen die Probleme des Alltags machen.

Fortgeschrittene können in der Mittelstufe des Autogenen Trainings knappe, positiv formulierte Vorsätze für die Zukunft fassen. Diese können die Gesundheit betreffen, wie zum Beispiel "Rauchen ist mir egal" für die Rauchentwöhnung oder auch die geistige Haltung wie "Ich bleibe gelassen". In der Oberstufe werden die erlernten Übungen noch einmal vertieft und mit Elementen der Meditation kombiniert.

Eine Alternative zum eher rational geprägten Autogenen Training sind Phantasiereisen beziehungsweise Traumreisen: Dabei konzentriert man sich nicht auf den eigenen Körper, sondern allein auf die Vorstellung. Statt durch Gedanken körperliche Reaktionen auszulösen, geht es bei Traumreisen darum, durch die Gedanken positive Gefühle und somit Entspannung zu erzeugen. Dies kann mit Musik-Begleitung geschehen.

Wer entwickelte Autogenes Training als Entspannungstechnik?

Der Erfinder dieser Technik ist der Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz. Die Methode wird deshalb auch "Autogenes Training nach Schultz" genannt. Der Mediziner entwickelte das Autogene Training in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts basierend auf seinen Erfahrungen mit Hypnose: Prof. Dr. Schultz beobachtete, dass es möglich ist, sich nur durch reine Vorstellungskraft in einen tiefen Entspannungszustand zu versetzen.

Autogenes Training ist demnach eine vereinfachte, standardisierte Form der Selbsthypnose: Mithilfe der Autosuggestion wird Stress abgebaut und der Organismus harmonisiert.

Anwendungsgebiete von Autogenem Training

Autogenes Training wird bei einer Vielzahl von psychosomatisch bedingten Krankheitssymptomen eingesetzt. Die Entspannungsmethode hilft dabei, Stress und Angst zu mindern und kann sogar gegen körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen und Migräne helfen. Zu den Anwendungsgebieten zählen aber auch Schlafstörungen, Tinnitus, leichte Depressionen und Burn-Out.

Darüber hinaus kann Autogenes Training zur Verbesserung der Konzentration, zum Abnehmen und zur Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit eingesetzt werden.

Gut zu wissen: Wer das Autogene Training zum Einschlafen nutzen möchte, lässt die sogenannte Rücknahme weg, mit der die Grundübungen normalerweise enden. Mit Formeln wie "Arme fest!", "Atme tief!" und "Augen auf!" soll der Geist zurückgeholt und Müdigkeit vorgebeugt werden. Dies ist nicht nötig, wenn man direkt nach der Übung einschlafen möchte.

Verwendete Quellen:

  • Klinik Prof. Schedel: "Autogenes Training (AT) nach Prof. Dr. J. H. Schultz"
  • Hebammen Herz an Herz: "Autogenes Training in der Schwangerschaft"
  • Die Techniker: "Autogenes Training"
  • AOK-Erleben: "Autogenes Training: Übungen gegen Stress"
  • Gesundmed: "Autogenes Training"
  • Netdoktor: "Autogenes Training"
  • Landsiedel-Seminare: "Autogenes Training"
  • Neurologen und Psychiater im Netz: "Entspannungsverfahren: Autogenes Training"
  • Krankenkassenzentrale: "Autogenes Training - Entspannung durch Autosuggestion"
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