Früher fantasierten nur Science-Fiction-Liebhaber über die Begegnung mit Aliens. Heute investieren Forschungsinstitute Milliarden von Euro in die Suche nach Hinweisen für Leben außerhalb der Erde. Doch wie sieht die wissenschaftliche Jagd nach Außerirdischen aus und wie hoch sind die Erfolgschancen?

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Sind wir allein im Universum? Manchen Wissenschaftlern zufolge ist es unwahrscheinlich, dass sich im unvorstellbar großen Weltall nur auf einem einzigen Planeten Leben entwickelt hat. Rein statistisch betrachtet müsste es viele andere Orte mit Lebensformen geben. Diese Ansicht vertritt unter anderem Stephen Hawking.

Während die ernsthafte Beschäftigung mit dieser Frage noch vor einigen Jahrzehnten unter Wissenschaftlern verpönt war, wetteifern heute zahlreiche Forschungsinstitute darum, als Erste Spuren von außerirdischem Leben zu finden. Doch wie sucht man nach etwas, das man nicht kennt?

Stephen Hawking unterstützt die aktive Suche nach Aliens. Der Starphysiker wirbt für das Projekt "Breakthrough Listen", das intelligente Lebewesen im Weltall aufspüren will. Die private Initiative wird vom russischen Unternehmer Yuri Milner finanziert und von führenden Weltraumforschern geleitet.

Die Wissenschaftler wollen außerirdische Zivilisationen anhand von Radiowellen erkennen, die diese mutmaßlich aussenden. Ähnliche Projekte gibt es bereits seit den 60er-Jahren. Doch "Breakthrough Listen" will den Prozess deutlich beschleunigen. An einem einzigen Tag wollen die Forscher damit mehr Daten erhalten, als sie bisher in einem ganzen Jahr sammeln konnten.

Hallo, ist da wer?

Natürliche Radiostrahlung gibt es überall im Weltall. In unserem Sonnensystem sendet beispielsweise der Jupiter solche Signale aus. Doch wie wollen Forscher darin Alien-Signale erlauschen?

"Sie wollen Radiostrahlung finden, die intelligent kodiert ist, also nicht willkürlich variiert", sagt Professor Tilman Spohn, Leiter des Instituts für Planetenforschung beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Man könne das auch umgekehrt betrachten: "Wenn eine außerirdische Intelligenz die Radiostrahlung untersuchen würde, die von der Erde ausgeht, würde sie feststellen, dass sie in ihrer Stärke und Frequenz nicht zufällig ist, sondern dass ihr Muster zugrunde liegen. Sie könnte daraus schließen, dass solche Signale von intelligenten Lebewesen erzeugt werden", so Spohn.

Radiowellen erzeugen wir auf der Erde für den Rundfunk, aber auch Radare und GPS-Geräte funktionieren über Radiostrahlung. Die Erfolgsaussichten einer Suche nach Signalen von Außerirdischen schätzt der Astronom aber als relativ gering ein: "Das ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen." Dr. Harald Steininger vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung sieht dabei noch grundlegendere Probleme.

Es sei nicht erwiesen, dass sich im Laufe der Evolution aus Leben zwangsläufig auch immer intelligentes Leben entwickeln müsse: "Angenommen, die Menschen sterben aufgrund irgendeiner Krankheit plötzlich aus. Bildet sich dann innerhalb einer gewissen Zeit wieder eine intelligente Spezies heraus, die ebenfalls Radiosender betreibt? Das kann man nicht sagen."

Gigantisches Teleskop soll Klarheit bringen

Darum haben die meisten anderen Projekte das bescheidenere Ziel, überhaupt Hinweise auf Leben außerhalb der Erde zu finden, das nicht notwendigerweise intelligent sein muss. Dabei grenzen die Forscher zunächst ein, wo sich die Suche überhaupt lohnt. Die Bereiche, die die Bedingungen für Leben erfüllen, werden "habitable Zonen" genannt.

"Es gibt zwei Dinge, die Leben unbedingt braucht", erklärt Spohn: "In einem Organismus muss eine Flüssigkeit die Nährstoffe transportieren. Deshalb muss es irgendeine Flüssigkeit geben. Und irgendwo muss Energie herkommen, die ein Körper braucht, um zu leben und zu wachsen."

Grob gesagt schauen sich Wissenschaftler dafür Sterne an und berechnen, in welchem Abstand zu ihnen die Temperaturbedingungen so sind, dass an der Oberfläche eines Planeten flüssiges Wasser sein könnte. Dann prüfen sie, ob sich in diesem Bereich tatsächlich Planeten befinden.

Wenn man einen solchen findet, besteht die nächste Herausforderung darin, diesen mehrere Lichtjahre entfernten Himmelskörper zu untersuchen und zu prüfen, ob dort Leben existiert. Hinweise darauf könnten tatsächlich auch über große Entfernungen wahrnehmbar sein – vorausgesetzt, dass die Lebewesen dort nach den gleichen Grundprinzipien funktionieren wie auf der Erde.

"Leben verändert einen Planeten", sagt Spohn. Beispielsweise sei die Erdatmosphäre chemisch auffällig: "Wenn wir hier das Leben abschalten würden, wäre innerhalb einer gewissen Zeit der Sauerstoff weg." Unsere Atmosphäre werde durch biologische Prozesse wesentlich mitbestimmt.

"Wenn wir einen Stern finden, der unserer Sonne ähnelt und im entsprechenden Abstand um diesen Stern gibt es einen kleinen Planeten, dessen Atmosphäre hauptsächlich Stickstoff und Sauerstoff enthält, würde ich sagen, der Verdacht liegt nahe, dass auf diesem Planeten biologische Prozesse ablaufen", so Spohn.

Die Atmosphäre eines Himmelskörpers kann im Prinzip mit optischen Mitteln über große Entfernungen bestimmt werden. Das Licht, das uns von einem Planeten erreicht, lässt Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung seiner Atmosphäre zu.

Aber auch die besten Teleskope fangen von weit entfernten Planeten nur sehr wenig Licht ein. "Das ist der Grund, warum die Nasa sagt, dass sie in 20 Jahren eindeutige Hinweise für Leben außerhalb der Erde haben wird", sagt Spohn. Die amerikanische Raumfahrtorganisation baut derzeit das James-Webb-Weltraumteleskop, das frühestens ab 2018 den Betrieb aufnehmen soll.

"Das wird das beste Teleskop sein, das je gebaut worden ist. Damit werden wir in der Lage sein, solche Untersuchungen zu machen", sagt Spohn. Dennoch ist bei den Aussagen der Nasa eine gehörige Portion Optimismus dabei. Denn auch die Reichweite des James-Webb-Teleskops ist begrenzt.

Und ob es in dem Bereich Leben gibt, den das Teleskop erfasst, kann niemand sagen. Letztendlich wird die Frage auch mit besseren Teleskopen nicht abschließend zu klären sein. Denn Sauerstoff ist kein eindeutiger Beweis für Leben. Er kann auch durch geologische Prozesse entstehen. Leben auf Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems nachzuweisen, wird also auch in den nächsten Jahrzehnten schwierig sein.

"Hinfliegen ist keine Option", sagt Steininger. "Da haben uns die Physiker einen Strich durch die Rechnung gemacht." In der Theorie kann ein Körper maximal auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Praktisch bräuchte man dafür aber fast unendlich viel Energie.

"Der nächste Stern ist vier Lichtjahre entfernt. Wenn wir uns richtig anstrengen und alles machen, was technisch möglich ist, sind wir immer noch mehrere hunderttausend Jahre unterwegs", so Steininger. "Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass wir je Besuch von Aliens bekommen. Die müssten sich schon vor sehr langer Zeit auf den Weg gemacht haben."

Wie sieht Leben überhaupt aus?

Harald Steininger konzentriert seine Suche deshalb auf unser eigenes Sonnensystem. Er ist an der Entwicklung von Instrumenten beteiligt, mit denen Raumsonden Himmelskörper chemisch untersuchen.

Einfache außerirdische Lebensformen könnte es nämlich quasi direkt vor unserer Haustür geben. Mit der ExoMars-Mission, die voraussichtlich im nächsten Jahr starten soll, wollen Steininger und seine Kollegen beispielsweise unseren Nachbarplaneten Mars ansteuern.

Doch die Suche nach Leben ist sogar dann schwierig, wenn Wissenschaftler Proben im Labor analysieren können. "Es ist nicht sicher, dass wir Leben erkennen würden, wenn wir es sehen", sagt Steininger.

Die Forscher müssen dabei detektivische Kleinarbeit leisten, um festzustellen, ob bestimmte organische Moleküle tatsächlich auf Leben hinweisen. "Erdgas ist beispielsweise ein einfaches organisches Molekül. Aber das kann auch aus rein geologischen Prozessen stammen", so Steininger.

"Wenn ich aber ein Steroidhormon finde, dann würde ich sagen, das ist ein so komplexes Molekül – die Chance, dass sich das irgendwo allein im Untergrund gebildet hat, ist relativ klein. Wir suchen also komplizierte Strukturen, die sich nicht allein gebildet haben können."

Dabei können die Wissenschaftler immer nur nach Anhaltspunkten suchen, die sie vom Leben auf der Erde kennen. Laut Steininger ist es theoretisch möglich, dass Biologie außerhalb der Erde ganz anders aufgebaut ist: "Ist eine außerirdische Mikrobe so ähnlich aufgebaut wie eine Mikrobe hier oder ist sie vollkommen anders? Wenn sie vollkommen anders ist, wird es schwierig, sie zu erkennen."

Die Suche nach außerirdischem Leben ist eines der spannendsten Aufgaben der heutigen Forschung. Die Wissenschaftler versprechen sich davon auch Erkenntnisse über die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten. Ob wir aber jemals außerirdische Lebensformen zu Gesicht bekommen, bleibt offen.

Prof. Dr. Tilman Spohn ist Leiter des Instituts für Planetenforschung beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Außerdem ist er wissenschaftlicher Leiter des Instruments MUPUS auf dem Rosetta Lander Philae, der Wärmeflussonde HP3 für die im nächsten Jahr startende Nasa-Mars-Mission InSight sowie einer der leitenden Wissenschaftler für das Laser Altimeter BELA für die Esa-Mission BepiColombo zum Merkur.
Dr. Harald Steininger arbeitet beim Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung im Bereich Planeten und Kometen. Er ist außerdem Teil der wissenschaftlichen Teams der Rosetta- und der ExoMars-Mission der Esa.
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