Die letzten Überreste der Opfer von Flug 4U9525 sind geborgen worden. Spezialisten arbeiten nun unter Hochdruck an ihrer Identifizierung. Bis Ende dieser Woche sollen die Ergebnisse feststehen. Doch damit ist die Arbeit der Ermittler nicht getan. Wie es jetzt weitergeht.

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Die Opfer von Flug 4U9525 sind geborgen. Ihre Identifizierung hat begonnen. Dabei arbeiten französische und deutsche Ermittler unter Hochdruck Hand in Hand, um den Hinterbliebenen allerletzte Gewissheit zu geben und ihnen die Bestattung ihrer getöteten Angehörigen zu ermöglichen. Es ist eine große Herausforderung. Eine, die zu bewältigen ist?

Das Bundeskriminalamt (BKA) will sich auf unsere Nachfrage nicht zu den aktuellen Ermittlungen äußern und verweist auf frühere Einsätze mit ähnlich vielen Todesopfern. Dazu gehören das Zugunglück ICE 844 "Wilhelm-Konrad-Röntgen" im Juni 1998 in Eschede mit 101 Todesopfern sowie der Flugzeugabsturz am Bodensee bei Überlingen im Juli 2002 mit 71 Opfern. Alle Opfer der beiden Unglücke wurde zweifelsfrei identifiziert.

Doch wie muss man sich die Arbeit der Beamten vor Ort vorstellen? Antworten auf aktuelle Fragen.

Wer identifiziert die deutschen Opfer?

Es ist die Aufgabe der Mitarbeiter der sogenannten Identifizierungskommission (IDKO). Ihr gehören bis zu 120 Spezialisten des BKA an - Kriminalbeamte, Rechtsmediziner, Zahnärzte und Psychologen. Sie melden sich freiwillig für die Einsätze. Den Angaben des BKA zufolge beginnt die IDKO ihre Arbeit unter anderem dann, wenn im Ausland eine größere Anzahl deutscher Opfer zu vermuten ist. Zum Team gehören je nach Bedarf auch Spezialisten anderer Polizeibehörden. So ist in Seyne-les-Alpes ein Experte des Landeskriminalamts für lasergestützte Tatortvermessung und digitale Spurenkarten vor Ort.

Wurden wirklich alle Opfer geborgen?

Ja. Am Montag sollen laut französischen Behörden auch die letzten der mutmaßlich insgesamt 150 Leichen geborgen worden sein. Es gebe keine Leichen mehr am Absturzort, erklärte der Vertreter der Gendarmerie, Jean-Marc Ménichini. Frankreichs Präsident François Hollande hatte zuvor gesagt, bis Ende der Woche könnten alle 150 Opfer identifiziert sein.

Wie geht es bei der Bergung jetzt weiter?

Ab sofort sammeln Gebirgsjäger der französischen Armee persönliche Gegenstände der Opfer ein. Es geht um Schmuck, Kleidung und Handys. Die Ermittler haben bis dato ausführliche Personenbeschreibungen erstellt. Die Gegenstände sollen in einer nahegelegenen Halle dann den Leichenteilen zugeordnet und somit die Identifizierung der Opfer vereinfacht werden.

Wie werden die Opfer identifiziert?

Vor Ort werden alle Befunde erhoben, die zu einer Identifizierung beitragen können. Es werden Fingerabdrücke genommen, Schmuck-, Bekleidungsstücke und weitere persönliche Gegenstände akribisch dokumentiert. Rechtsmediziner stellen besondere Merkmale am und im Körper fest. Es werden Gewebeproben für DNA-Analysen genommen und die Zähne analysiert. Parallel zu den Untersuchungen am Unglücksort werden im BKA Wiesbaden Vergleichsunterlagen wie DNA, Zahnstatus oder Fingerabdruckspuren möglicher Opfer über Polizeidienststellen eingeholt. Diese werden dann mit den vor Ort erhobenen Befunden verglichen.

Können alle Opfer identifiziert werden?

Bisherige Einsätze der IDKO zeigen, dass es möglich ist. Beim Zugunglück in Enschede 1998 wurden alle untersuchten 96 Opfer zweifelsfrei identifiziert, meist über Zahnschema- und Fingerabdruckvergleich. Mithilfe von DNA-Proben konnten auch die 539 nach dem Tsunami 2004 in Südostasien vermisst gemeldeten deutschen Opfer identifiziert werden.

Was passiert mit persönlichen Daten aus Handys oder Laptops?

Diese sind entscheidende Beweise bei der Rekonstruktion des Unglücks. Zum aktuellen Stand der Ermittlungen seien Videos entgegen anders lautender Medienberichte aber nicht Gegenstand der Untersuchung, erklärte der Marseiller Staatsanwalt Brice Robin. Für den Fall, dass jemand über ein solches Video verfüge, solle dies unverzüglich an die Ermittler übergegeben werden, wird er von der französischen Nachrichtenagentur "AFP" zitiert.

Es seien eine Reihe von Handys gefunden worden, die noch ausgewertet würden, hieß es. Sie seien aufgrund des Aufpralls aber in einem sehr schlechten Zustand. "Ich weiß nicht, ob sie ausgewertet werden können", wird Robin zitiert. Zuvor hatten die "Bild"-Zeitung und das französische Magazin "Paris Match" von einem Video berichtet, das angeblich die letzten Sekunden vor dem Aufprall zeigen soll. Dies wurde aber dementiert.

Was passiert mit den Flugzeugtrümmern?

Die Ermittler fanden tausende Metall- und Kunststofffetzen. Die weitere Suche nach Beweisen setzen nun die Gebirgsjäger fort. Zeitweise war der Hang am Absturzort mit zahlreichen Fähnchen übersät, die Beweisstücke markieren. Diese werden in kleine Tüten gepackt und in einer nicht weit entfernten Halle wieder zusammengesetzt - Schritt für Schritt. Die Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) finanziert als Versicherungsnehmer des Flugzeugs die aufwendigen Sicherungsmaßnahmen und Untersuchungen am Absturzort. Diese sollen dem Vernehmen nach noch Monate dauern.

Wird der zweite Flugschreiber vielleicht nie gefunden?

Die Suche nach dem Flugdatenschreiber soll ab diesem Mittwoch weitergehen. Ob er aber tatsächlich jemals gefunden wird, ist ungewiss. Möglicherweise ist er unter Geröll versteckt und beschädigt. "Es könnte sein, dass die Belastung hier zu groß war und er keine Signale sendet", erklärte Lufthansa-Manager Kay Kratky vor kurzem in der Sendung von Günter Jauch. Der Airbus sei mit etwa 800 Stundenkilometern am Berg zerschellt, so Kratky.

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