Die Angst vor einem Schlaganfall ist groß - und sie ist nicht unbegründet. Etwa 270.000 Deutsche trifft dieses Schicksal jedes Jahr. Das Tückische: Ein Schlaganfall ist schwer zu erkennen. Wir haben mit einem Neurologen gesprochen, auf welche Symptome Sie achten müssen.

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Der Schlaganfall gehört zu den großen Volkskrankheiten. Er ist die dritthäufigste Todesursache nach Krebs- und Herzerkrankungen. Mehr als eine Viertelmillion Deutsche erleiden pro Jahr einen Anfall. 37 Prozent davon sterben innerhalb eines Jahres, rund die Hälfte der Überlebenden bleibt ein Pflegefall.

Was sind die Ursachen eines Schlaganfalls?

In den meisten Fällen wird ein Schlaganfall durch einen Verschluss einer Arterie im Gehirn ausgelöst. "Ein Blutgerinnsel, das sich zuvor im Herzen oder in der Halsschlagader gebildet hat, wird mit dem Blutstrom in die Hirngefäße geschwemmt und verstopft dort eine der Arterien", erklärt Professor Matthias Reinhard von der Neurologischen Universitätsklinik Freiburg.

Dadurch erhalten die Nervenzellen zu wenig Blut und Sauerstoff. Auch eine Hirnblutung durch den Einriss eines Gefäßes im Gehirn kann zu einem Schlaganfall führen.

Anzeichen und Symptome eines Schlaganfalls

"Das frühe Erkennen der Symptome und schnelles Handeln sind überlebenswichtig", sagt Professor Reinhard. Doch das sei nicht immer so einfach. "Ein Schlaganfall ist meist schmerzlos und kann auch anfangs mit leichten Symptomen einhergehen." Zudem werde er im Schlaf oft nicht bemerkt.

Bei einem Schlaganfall fallen plötzlich Funktionen von Gehirnteilen aus. Dem Experten zufolge betrifft das meist eine Hemisphäre des Hirns. Deshalb treten Symptome oft nur halbseitig auf. "Häufig betroffen sind Arm, Gesicht und Sprache", sagt Professor Reinhard.

Typische Anzeichen sind Ausfallserscheinungen wie Sehstörungen, vorübergehende Taubheit, Sprachverlust, Gesichtslähmung, hängende Mundwinkel und Schwäche. Diese Symptome beginnen meist plötzlich. "Man kann den Betroffenen bitten, beide Arme für zehn Sekunden und mit den Handinnenflächen nach oben vorzustrecken. Sinkt ein Arm während der Zeit ab, weist das auf eine Lähmung hin", erklärt der Mediziner.

Eine Gesichtslähmung sei hingegen besser zu erkennen. Hier helfe es, den Patienten zu bitten, die Zähne zu zeigen.

Ein Schlaganfall kann sich aber auch durch sehr starke Kopfschmerzen und plötzliche Bewusstlosigkeit bemerkbar machen.

Bei einem Schlaganfall zählt jede Stunde

Bei einem Schlaganfall muss schnell gehandelt werden. "Leichtere Ausfallserscheinungen werden oft bagatellisiert. Das ist gefährlich", betont der Mediziner. Denn ein Gefäßverschluss vernichtet im Schnitt 1,9 Millionen Nervenzellen pro Minute.

Um die Folgen so gering wie möglich zu halten, gibt es nur ein kleines Zeitfenster. Innerhalb von vier Stunden ist die Thrombolyse möglich, sagt Professor Reinhard. Der Blutklumpen wird dabei medikamentös aufgelöst. "Die Thrombolyse über eine Infusion ist in der Regel recht wirksam, aber nicht bei jedem Patienten erfolgreich. Große Gerinnsel können in spezialisierten Zentren dann auch mit einem Hirnkatheter direkt entfernt werden", erklärt der Arzt. Bei Betroffenen mit Hirnblutungen hingegen sei eine solche Behandlung nicht hilfreich.

"In der ersten, der goldenen Stunde, haben die Patienten die größte Chance auf eine Genesung", sagt Professor Reinhard. Jeder zweite Betroffene erholt sich danach gut von einem Schlaganfall.

Mit jeder weiteren Stunde sinken die Chancen. "Die Amerikaner haben das treffend formuliert mit 'time is brain' (dt. Zeit ist Gehirn)", so der Neurologe.

So verhalten Sie sich als Ersthelfer

Wer typische Symptome bemerkt, muss sofort handeln und den Notarzt rufen. Vor der Krankenhausaufnahme sollten keine blutverdünnenden Medikamente verabreicht oder selbst eingenommen werden, weil unklar ist, um welche Art Schlaganfall es sich handelt", warnt Reinhard.

Im Falle einer Hirnblutung könne zum Beispiel Aspirin lebensgefährlich sein. Ratsam ist es auch, dass Betroffene nicht essen und trinken. Denn bei Lähmungen kann es zu Schluckbeschwerden kommen.

Der Experte empfiehlt, sich Notizen über den Beginn der Symptome, Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme des Betroffenen zu machen. Bewusstlose Patienten sollten zudem in eine stabile Seitenlage gebracht werden.

Im Krankenhaus sieht der Arzt meist mit einer kurzen Ultraschalluntersuchung, ob ein großes Gefäß im Hals oder im Gehirn verschlossen ist. "Die genaue Art des Schlaganfalls wird dann über eine Kernspin- oder Computertomografie festgestellt."

(far)

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