• Mond und Mars gelten als heiße Kandidaten für eine erste Kolonie der Menschheit im All.
  • Doch laut dem finnischen Forscher Pekka Janhunen hätten planetare Standorte gravierende Nachteile.
  • Er sieht die Zukunft der Menschheit stattdessen auf einer Raumstation - um den Zwergplaneten Ceres.

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Schon lange schielt die Menschheit auf Mond und Mars als erste planetare Außenposten im All. Doch vielleicht ist eine Raumstation wie die Internationale Raumstation ISS - in wesentlich größerem Maßstab - die bessere Alternative.

Dieser Meinung ist zumindest der Forscher Pekka Janhunen vom Finnish Meteorological Institute. Sein Vorschlag, den er in einem Paper veröffentlicht hat, wäre: Die Menschheit solle die Möglichkeit in Betracht ziehen, in einem Mega-Satelliten um den Zwergplaneten Ceres zu leben.

Vorschlag klingt wie Science Fiction - hat aber einen realen Kern

Was sich nach Science Fiction anhört, hat einen realen Kern: Mond und Mars sind nach Janhunens Ansicht nicht die perfekten Standorte für menschliche Kolonien. Der Grund liegt in der im Vergleich zur Erde niedrigeren Schwerkraft der beiden Himmelskörper.

Die Erfahrungen mit Astronauten im Erdorbit hätten gezeigt, dass ein langer Aufenthalt unter wenig Gravitation oder kompletter Schwerelosigkeit zu gesundheitlichen Problemen bei der Rückkehr zur Erde führt. Zudem gebe es keinerlei Erfahrung, wie sich niedrige Gravitation auf die Entwicklung bei Heranwachsenden auswirken würde.

Die Alternative zu einem planetaren Außenposten wäre laut Janhunen eine Raumstation. Die Station könnte nämlich durch ihre Eigendrehung eine der Erde ähnliche G-Kraft erzeugen.

Damit wäre zwar dieses Problem gelöst - doch es gäbe andere: Würde man eine solche Station im interplanetaren Raum bauen, wäre die Logistik ein Problem.

Steigt die Bevölkerung, müssten neue Stationen errichtet werden, die im Zweifel auseinanderdriften könnten, was Reisen zwischen ihnen erschweren würde. Nähme man einen Planeten oder Mond als Ankerbasis, könnten die einzelnen Stationen leicht miteinander kollidieren.

Menschheit soll in einem Mega-Satelliten um Zwergplanet Ceres leben

Janhunens Vorschlag wäre deswegen eine Art Mega-Satellit um den Zwergplaneten Ceres. Mehrere röhrenförmige, durch Magneten gehaltene, Habitate würden dabei in einem starren Rahmen miteinander verbunden.

Zur Erzeugung von Schwerkraft würde sich nicht die ganze Konstruktion drehen, sondern nur die einzelnen Habitate selbst. Ceres würde der Konstruktion dabei nicht nur als Anker im All dienen, sondern gleichzeitig auch als Materiallager.

Künstlerische Darstellung des Mega-Satelliten. Zu sehen ist die Hauptscheibe mit den darin eingehängten, röhrenförmigen Habitaten. Darüber und darunter sind die Spiegel zu erkennen. © Pekka Janhunen

Ceres ist ein Gesteinsbrocken, der im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter seine Bahnen zieht. Er hat einen Äquatordurchmesser von 964 Kilometern und gilt als größter Asteroid des Sonnensystems und der einzige Zwergplanet, der näher an der Sonne liegt als Neptun. Alle anderen Zwergplaneten wie Pluto sind Teil des Kuipergürtels am äußersten Rand unseres Sonnensystems.

Ceres könnte als Anker und Materiallager für Außenposten dienen

Ceres besitzt laut den Annahmen von Forschern viel Stickstoff, welche für die Reproduktion einer erdähnlichen Atmosphäre auf der Raumstation und als Dünger für Pflanzen benötigt würde.

Zudem haben Wissenschaftler herausgefunden, dass es auf dem Zwergplaneten große Mengen Salz gibt, auch große Wasserreservoirs werden unter der Oberfläche vermutet. Die Strahlungsschilde für die Station könnten direkt aus dem vorhandenen Ceres-Gestein produziert werden.

Das benötigte Material könnte dabei mithilfe eines Weltraumfahrstuhls auf den Mega-Satelliten geliefert werden. Durch Ceres schnelle Eigenrotation und eine relativ schwache Anziehung wäre der Einsatz dieses bislang theoretischen Transportmittels möglich, so Janhunen.

Große Spiegel würden Sonnenlicht in die Raumstation bündeln

Der Satellit selbst würde aus einer großen Scheibe bestehen, um dem Gezeitendrehmoment entgegenzuwirken. Darin wären die einzelnen Habitate aufgehängt.

Über und unter der Hauptscheibe wären Spiegel angebracht, welche Sonnenlicht direkt in die einzelnen Röhren bündeln. Die Habitate selbst würden nach ländlichen und urbanen Gebieten unterteilt. In ihnen würde es eine Erdschicht zwischen 1,5 und 4 Metern geben, um den Anbau von Pflanzen und Bäumen zu ermöglichen.

© Pekka Janhunen

Der Vorteil der Scheiben-Konstruktion: Sie ließe sich einfach an den Rändern erweitern und könnte mit einer steigenden Bevölkerungszahl mitwachsen.

© Pekka Janhunen

Janhunens Berechnungen zufolge könnte eine solche Station maximal rund 10.000 Mal die aktuelle Erdbevölkerung versorgen - in der Theorie. Denn auch, wenn daran geforscht wird: Bis dato sind Weltraumfahrstühle, künstliche Gravitation und Mega-Satelliten im All noch reine Science Fiction.

Doch der Forscher gibt sich optimistisch: Der Aufwand, der für eine solche Station betrieben werden müsste, sei von der Schwierigkeit her mit einer Besiedelung des Mars vergleichbar. Und wenn man die Pläne von Multi-Milliardär Elon Musk betrachtet, scheint die Menschheit von diesem Schritt auch nicht mehr allzu weit entfernt zu sein.

Verwendete Quellen:

  • Pekka Janhunen: Terraforming the dwarf planet:Interconnected and growable Ceres megasatellite world
  • sciencealert.com: A 'Megasatellite' Orbiting Ceres Would Make a Fine Home For Humans, Scientist Says
  • phys.org: Physicist proposes human-populated mega-satellite orbiting Ceres
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