Der berühmte Astrophysiker und Bestsellerautor Stephen Hawking ist tot. Wir blicken zurück auf sein spannendes, von schweren Rückschlägen und emotionalen Momenten geprägtes Leben. Ein Nachruf.

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"Ich lebe nun seit 49 Jahren mit der Erwartung eines frühen Todes. Ich habe keine Angst vor dem Tod", sagte Professor Stephen Hawking mal in einem Interview mit der britischen Zeitung "The Guardian". Nun ist er im Alter von 76 Jahren in seiner Heimat Cambridge verstorben. Dies bestätigte seine PR-Agentur Pagefield unter Berufung auf seine Familie. Am frühen Morgen des 14.03.2018 erlag der weltberühmte Astrophysiker seiner jahrelangen schweren Nervenerkrankung Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS.

"Das Leben nach dem Tod ist ein Märchen"

Gefürchtet hatte er sich nie vor dem Moment, in dem seine jahrzehntelange Forschungsreise endet. Obwohl für ihn als Wissenschaftler stets feststand, dass der Tod tatsächlich das Ende bedeutet: "Es gibt keinen Himmel und kein Leben nach dem Tod. Dies ist ein Märchen für Leute, die Angst vor der Dunkelheit haben", sagte Hawkings dem "Guardian".

Doch die Dunkelheit war es, die ihn sein Leben lang faszinierte: Die Dunkelheit des Universums, Schwarze Löcher – alles, was die Welt im Innersten zusammenhält und sie dort platziert, wo sie sich heute befindet. Die unendliche Weite des Weltalls bedeutete Hawking alles, war für ihn Beruf und Berufung zugleich.

In den vergangen 50 Jahren war er um die Welt gereist und hatte die Zeit, den Raum und die Naturgesetze, die den Weltraum zusammenhalten, studiert und darüber doziert. Diesen Drang verspürte er nach eigenen Angaben bereits als kleiner Junge. Schon damals wollte er wissen, wie die Dinge funktionieren – von der Spielzeugeisenbahn bis hin zum Universum. Letzteres faszinierte Hawking, weil es das einzige auf der Welt war, das kein Ende zu haben schien. Dieses Interesse prägte das gesamte Leben des Genies.

Der Beginn von Stephen Hawkings Krankheit

Er studierte an der Oxford University Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Physik – ein Kompromiss, auf den er sich damals mit seinem Vater geeinigt hatte. Dieser hatte immer gewollt, dass sein Sohn Medizin studiert und ein erfolgreicher Arzt würde. Hochgerechnet verbrachte Hawkings jedoch nur eine Stunde am Tag mit wissenschaftlichem Arbeiten, worauf er nicht besonders stolz war. Dennoch galt er bei seinem Kommilitonen stets als der brillanteste Kopf des Jahresgangs, der "hoffentlich auch etwas aus seinem Intellekt machen würde", wie es sein Studienfreund Gordon Berry in der Dokumentation "Hawking" von Stephen Finnigan (2014) beschreibt.

In seinem letzten Jahr in Oxford kommt es wiederholt zu Schwindelanfällen und Aussetzern. Eines Abends stürzte der junge Hawking ohne ersichtlichen Grund eine Treppe hinunter und verlor das Bewusstsein. Dieser Sturz kennzeichnete den Beginn einer schweren Krankheit.

Der angehende Doktorand verlor immer mehr die Kontrolle über seinen Körper. Nach langwierigen Untersuchungen und Tests im Krankenhaus dann die schockierende Diagnose: Hawking litt unter der Nervenerkrankung Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Die Ärzte prognostizierten ihm noch zwei bis drei Jahre Lebenszeit. Der Physiker fiel in ein tiefes Loch und war dabei, sich aufzugeben.

Hawkings Liebe zu seiner Jane und dem Urknall

Ausgerechnet zu dieser düsteren Zeit lernte Stephen Hawking seine spätere Ehefrau Jane Wilde kennen. Jane ließ sich von Hawkings Krankheit nicht abschrecken – die beiden heirateten im Jahr 1965. Der Ehe entstammen drei gemeinsame Kinder. "'Liebe und verloren' war genau die Motivation, die ich brauchte. Denn für die Ehe und eine Familie benötigte man einen Job, Voraussetzung für einen Job war ein Abschluss", sagt Hawking in Fennings Dokumentation.

Im Jahr 1966 schloss er seine Promotion über theoretische Astronomie und Kosmologie mit einem Doctor of Philosophy ab.

Sein Forschungsthema machte ihn weltberühmt: Stephen Hawking wollte das Prinzip der Singularität auf das gesamte Universum übertragen - und es gelang ihm. Er arbeitete heraus, dass das Universum bei seinem Beginn ebenfalls eine Singularität war.

Hawkings Theorien – erst belächelt, dann ausgezeichnet

Er hatte bewiesen, dass das Universum tatsächlich einen Anfang hat: Der Urknall, durch den sich der Kosmos spontan selbst erschaffen hat. Hawking konnte belegen, dass es nach den Naturgesetzen keinen Schöpfer geben musste. Es war eine bahnbrechende Entdeckung für die Geschichte der Astrophysik – und eine vernichtende Kritik an der Schöpfungsgeschichte.

Die Reputation, die er sich durch diese Entdeckung erarbeitet hatte, festigte er durch eine wissenschaftliche Erkenntnis, die er in den 1970er Jahren hatte: Abgeleitet von Albert Einsteins Relativitätstheorie und der Quantenfeldtheorie konnte Hawking nachweisen, dass Schwarze Löcher strahlen.

Entgegen aller gängigen Theorien sondern sie Partikel ab, wie ein fiebriger Körper Wärme abstrahlt. Das bedeutet, dass ein Schwarzes Loch theoretisch verschwinden könnte. Diese "Hawking-Strahlung", wie sie genannt wurde, öffnete dem Genie endgültig das Tor zum Physik-Olymp und zu einer Professur in Cambridge.

Es folgte eine internationale Auszeichnung auf die nächste, sein Name wurde in einem Atemzug mit Issac Newton und Albert Einstein genannt. Damals saß Stephen Hawking bereits im Rollstuhl, sprach aber noch mit seiner eigenen Stimme. In den darauffolgenden Jahren nahmen die Symptome seiner Krankheit gravierend zu.

Familiäre Spannungen und fortschreitende Krankheit

Während eines Besuchs in der Schweiz im Jahr 1985 erlitt Hawking einen schweren Rückschlag. Eigentlich wollte er sich bei einer Besichtigung des Forschungszentrums CERN vom Schreiben seines Buchs "Eine kurze Geschichte der Zeit" erholen, für das er gerade einen Verlag gefunden hatte. Doch stattdessen erkrankte Hawking an einer schweren Lungenentzündung, die ihn seine Stimme und beinahe das Leben kostete.

Die Belastung für die Familie wuchs, Stephen Hawking war nun auf ständige Hilfe und Betreuung angewiesen. Es wurde ein Sprachcomputer entwickelt, der es dem Physiker ermöglichte, weiter an seinem Buch und seinen Theorien zu arbeiten und mit seiner Umwelt zu kommunizieren.

Sein Buch wurde ein Bestseller, er selbst wurde zu einer Person der Popkultur. Die Nachfragen nach seiner Krankheit und seiner Ehe nahmen gravierend zu, ebenso wie die mediale Aufmerksamkeit.

Beruflicher Erfolg zum Preis zweier Ehen

Das war zu viel für die Familie. 1990 trennten sich Hawking und seine Frau Jane, 1995 folgte die Scheidung. Im selben Jahr gab der Wissenschaftler die Verlobung mit seiner Pflegerin Elaine Mason, die er kurze Zeit später heiratete. Doch auch diese Ehe scheiterte. Grund hierfür sollen laut Hawking selbst Medienberichte gewesen sein, die behaupteten, er würde zu Hause misshandelt werden. Die Vorwürfe stürzten das Paar in eine tiefe Beziehungskrise. Im Jahr 2006 ließen sich Stephen Hawking und Elaine scheiden.

Stephen Hawking stirbt im Alter von 76 Jahren

In den sozialen Medien wurde Hawking schon fast mit einer gewissen Regelmäßigkeit für tot erklärt – doch diesmal ist die traurige Nachricht wahr. Freunde und Fans trauern auf der ganzen Welt um den hochintelligenten Wissenschaftler.

Hawking hatte trotz aller privaten wie gesundheitlichen Rückschläge nie aufgegeben, sondern sich seine Wissbegier und vor allem auch seinen Humor bewahrt.

Seinen Traum, eines Tages ins Weltall zu reisen, hat er nie aufgegeben. Es war sein größter Wunsch zu Lebzeiten, der leider unerfüllt blieb. Doch wer weiß: Vielleicht gibt es für Hawking nun einen metaphysischen Platz im Universum, wenn schon keinen Himmel im religiösen Sinne.

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