Phobien gibt es zahlreiche: Vor Spinnen, Höhe, Flugzeugen oder engen Räumen. Darunter auch solche, die zunächst unerklärbar erscheinen - etwa die Angst vor Löchern. Was hat es damit auf sich?

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Die Samenkapsel der Lotusblume mit ihrer löchrigen Struktur ist für viele schlicht ein faszinierendes Gebilde der Natur. Bei manchen Menschen ruft ihr Anblick allerdings ein starkes Unwohlsein, Juckreiz und Würgereiz bis zum Erbrechen hervor.

Bei einer heftigen Abneigung vor Löchern spricht man von Trypophobie, gebildet aus den griechischen Wörtern für Loch und Angst. Erst 2005 soll eine anonyme Nutzerin in einem Onlineforum den Begriff geprägt haben.

Was hat es mit dem Ekel vor Löchern auf sich?

Eins vorweg: Der Ekel bezieht sich nicht auf Löcher per se. Für viele Trypophobiker geht es um unregelmäßige Löcher in Gewebe und um löchrige Strukturen dort, wo man sie nicht erwartet.

Was unter Trypophobikern als abstoßend empfunden wird, variiert dabei. Manche sind bereits angeekelt beim Anblick von Luftschokolade, Bienenwaben oder Badeschaum.

Während Nasenlöcher und die Löcher im Schweizer Käse bei den meisten keinen Ekel hervorrufen, ist dies bei löchrigen Strukturen auf der Haut, selbst wenn diese nur aufgemalt sind, bei vielen Betroffenen der Fall.

Wissenschaftlich anerkannt als Störungserkrankung ist die Trypophobie nicht. Laut einer Studie der Emory University aus dem Jahr 2018 handelt es sich dabei eher um einen Ekel, der nicht unbedingt mit Angst einhergeht.

Unter einer Phobie versteht man indes unangemessen starke Ängste vor bestimmten Situationen oder Objekten.

Auch wenn die Trypophobie damit keine Phobie im eigentlichen Sinne ist, ist die irrationale Angst vor Löchern auch für die Wissenschaft interessant.

Wissenschaftliche Erklärungsversuche

2017 haben Tom Kupfer von der University of Kent und An Le von der University of Essex eine Studie dazu im Fachjournal "Cognition and Emotion" veröffentlicht. An dieser nahmen 600 Probanden teil.

Die Hälfte davon hatte im Vorfeld angegeben, unter Trypophobie zu leiden. Den Teilnehmern wurden 16 Bilder gezeigt, von denen acht Körperteile zeigten, die von Krankheit gezeichnet waren. Die anderen acht zeigten löchrige Oberflächen, etwa das Bild einer löchrigen Mauer.

Das Ergebnis: Während die Krankheitsbilder auf alle Teilnehmer abschreckend wirkten, war dies bei den anderen acht Bildern nur bei den Trypophobikern der Fall. Diese berichteten beim Betrachten der Bilder von starken körperlichen Reaktionen wie Übelkeit und heftigen Juckreiz.

Laut Kupfer und Le könnte hinter der Trypophobie die übersteigerte Angst vor Krankheiten stecken, die die Haut befallen, also etwa vor Pocken, Masern, Typhus oder der Befall durch Parasiten.

Die Abwehrreaktion auf die Krankheitsbilder sei natürlich, deshalb hätten alle Studienteilnehmer die Bilder als abstoßend empfunden, schrieben die Wissenschaftler. Bei Trypophobikern sei der Ekel aber unbewusst so stark ausgeprägt, dass sie diesen auch auf andere, scheinbar harmlose Bilder projizierten.

Evolutionär bedingt?

Manche vermuten zudem, dass die Angst vor Löchern auch evolutionär bedingt sein könnte.

Auch viele spezifische Phobien, die sich gegen ein konkretes Objekt oder eine Situation richten, haben evolutionäre Wurzeln. So ergibt die Angst vor Gewittern oder die Angst vor Spinnen aus evolutionärer Sicht durchaus Sinn und dient dem Selbsterhaltungstrieb.

Im Falle der Trypophobie könnte die Angst vor giftigen Tieren dahinterstecken. Diese haben oft farbige Kreise oder erzeugen auffällige Wunden und Male auf der Haut, die sie befallen haben. Es gibt übrigens auch den Erklärungsansatz, dass gerade der Austausch im Internet dazu geführt habe, dass die Zahl der Trypophobiker wächst.

Verwendete Quellen:

  • Tandfonline.com: "Disgusting clusters: trypophobia as an overgeneralised disease avoidance response"
  • Journals.sagepub.com: "Fear of Holes"
  • Peerj.com: "Pupillometry reveals the physiological underpinnings of the aversion to holes"
  • Apotheken-umschau.de: "Phobien: Was ist eine spezifische Phobie?"
  • Spektrum.de: "Woher kommt die Angst vor Löchern?"
Hinweis: Dies ist ein Artikel aus unserem Archiv.
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