Aus Ablagerungen eines Sees in Nordkanada rekonstruieren Forscher die Temperaturen des Nordatlantik. Demnach erwärmt sich das Wasser derzeit stärker als irgendwann während der letzten drei Jahrtausende.

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Die derzeitige Erwärmung des Nordatlantik ist einer Studie zufolge für die letzten drei Jahrtausende beispiellos. Ein US-kanadisches Forscherteam hat die Temperaturen des Oberflächenwassers über 2.900 Jahre in hoher Auflösung rekonstruiert.

Am kältesten war das Wasser demnach etwa zwischen den Jahren 1400 und 1800, wie die Wissenschaftler um Francois Lapointe von der University of Massachusetts in Amherst in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS") berichten.

Temperaturen im Nordatlantik schwanken zwischen kalten und warmen Phasen

Das Team untersuchte ein Phänomen im Nordatlantik, bei dem die Wassertemperaturen über Jahrzehnte zwischen kälteren und wärmeren Phasen hin und her pendeln - die sogenannte Atlantische Multidekaden-Oszillation. Diese Schwankungen haben den Forschern zufolge Auswirkungen auf die Atmosphäre, die weit über den Ozean hinausreichen. Als Beispiele nennen sie Hurrikane in Nordamerika und Dürrephasen in der nordafrikanischen Sahelzone.

Direkte Messungen der Wassertemperaturen im Atlantik reichen nur etwa 160 Jahre zurück. Das Team um Lapointe analysierte nun die Sedimente eines Sees auf Ellesmore Island, einer Insel in der kanadischen Arktis. Die Ablagerungen am Grund des 80 Meter tiefen See enthalten Jahresschichten, deren Titan-Gehalte Rückschlüsse auf das damalige Klima der Region zulassen.

Forscher nutzen Element Titan zur Temperaturbestimmung über Jahrtausende

Demnach gehen kühlere Wassertemperaturen verstärkt mit Tiefdruckgebieten über der Arktis einer. Dies steigert sowohl die Schneemengen im Winter als auch die Niederschläge im Sommer, was dem See besonders viel Sedimentmaterial zuführt. Da das Sediment das Element Titan (Ti) enthält, interpretieren die Forscher höhere Titan-Konzentrationen in den Schichten als Hinweise auf kühlere Wassertemperaturen. Diesen Zusammenhang überprüften sie anhand der jüngeren Daten der nahegelegenen Wetterstation Eureka. Demnach ging der höchste Titan-Wert in den Sedimenten mit einer besonders kühlen Wetterphase im Zeitraum von 1900 bis 1925 einher.

Aus den Titan-Werten rekonstruierten die Forscher die Temperaturen des nordatlantischen Oberflächenwassers für die vergangenen 2.900 Jahre. Relativ warm war der Ozean demnach von etwa 100 vor Christus bis zum Jahr 420 und dann wieder ab dem frühen 9. Jahrhundert. Am wärmsten ist jedoch die Phase seit 2005. Die Forscher betonen, dass ihre Resultate mit Ergebnissen aus Bohrkern-Analysen aus Arealen bei Island, Grönland und dem Malangen-Fjord in Norwegen übereinstimmen. Daher gehen sie davon aus, dass die Resultate aus der kanadischen Arktis für den gesamten Nordatlantik gelten. Die jüngste Erwärmung sei für die vergangenen 2.900 Jahre beispiellos, betonen sie. (mgb/dpa)

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