Zum ersten Mal in der Geschichte der Weltklimakonferenz wurde auf der diesjährigen COP28 eine Gesundheitserklärung erarbeitet. 123 Staaten unterzeichneten sie. Neben einer Reihe von Absichtserklärungen stehen im Papier auch konkrete Finanzierungszusagen für Gesundheitsprojekte. Trotzdem fehlt etwas Wichtiges.

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Die HealthCOP, der Gesundheitskonferenztag auf der diesjährigen Weltklimakonferenz, endete am 3. Dezember 2023 mit einer Gesundheitserklärung. Das ist eine gute Nachricht, denn es bedeutet, dass nicht nur die 123 Unterzeichnerstaaten erkannt haben, wie zentral Gesundheitsprobleme in der Klimakrise sind. Es heißt auch, dass von nun an Gesundheit stärker mitgedacht wird, wenn es um Klimaschutzmaßnahmen geht.

Denn wie der Sondergesandte für Klimaschutz der USA, der frühere Außenminister John Kerry, betont: "Tatsache ist, dass die Klimakrise und die Gesundheitskrise ein und dasselbe sind. Sie sind völlig miteinander verbunden."

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Der Deklarationstext entstand schon vor der COP28, um auf der Konferenz eine gute Diskussionsgrundlage zu haben. Deutschland war Teil der Vorbereitungsgruppe. Die deutschen Expertinnen und Experten für Gesundheit und wirtschaftliche Zusammenarbeit bezogen viele Ministerien in den Prozess ein: neben dem Gesundheitsministerium auch die Ministerien für Umwelt, Wirtschaft, Landwirtschaft und Ernährung sowie Finanzen. Ebenso war das Außenministerium als verantwortlicher Verhandlungspartner auf der COP28 eingebunden. Das zeigt: Gesundheit ist ein Thema, das viele verschiedene Fachgruppen betrifft.

Die Gesundheitskonferenz der COP28 teilte sich wie die gesamte Konferenz in eine Blaue und eine Grüne Zone:

  • Die Blaue Zone repräsentiert die offiziellen Veranstaltungen: die Treffen der politisch Verantwortlichen und die Pressekonferenzen.
  • In der Grünen Zone tauschen sich vielfältige Akteure über Lösungen aus. Dort werden auch konkrete Projekte vorgestellt, wie zum Beispiel rein solarbetriebene Gesundheitszentren, die es zum Beispiel in einigen afrikanischen Staaten schon gibt.

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Es gab hohe Erwartungen an die HealthCOP

Gesundheitsfachleute hatten hohe Erwartungen an die Teilkonferenz und die Gesundheitserklärung. In einem offenen Brief richteten sich über 200 Fachorganisationen, Krankenhäuser, Institute und Einzelpersonen vor der Konferenz an den Präsidenten der COP28, Sultan Ahmed Al-Jaber, und forderten ihn zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern auf. Denn dieser Schritt hätte den größten und nachhaltigsten Einfluss auf die Gesundheit aller Menschen – vor allem auf die Gesundheit der Ärmsten.

"Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise."

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus

Gesundheitspersonal aus der ganzen Welt versucht öffentlich Druck zu machen. Ihr Video macht deutlich, was auf dem Spiel steht. Sie sagen: "Unsere Handschrift mag schlecht sein, aber unsere Botschaft ist klar. Wir verlieren die Geduld mit den politischen Verantwortlichen und verschreiben jetzt:

  • Kindern ein Recht auf saubere Luft,
  • reichen Staaten, dass sie die Emissionen am stärksten reduzieren,
  • mehr Geld für Klimaanpassungen,
  • Investitionen in die Umkehr von negativen Klimaauswirkungen,
  • eine Stärkung der Resilienz von Gesundheitssystemen und Gesellschaften,
  • den Abbau von sozialen und gesundheitlichen Ungleichheiten und vor allem:
  • den Stopp aller Investitionen in fossile Energieträger!"

Auch der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, sagt, dass das Gesundheitsargument den Menschen hilft, besser zu verstehen, was Klimawandel konkret bedeutet: "Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise. Gesundheit war jedoch zu lange nur eine Fußnote in der Klimadebatte."

Die Gesundheitserklärung greift einige Forderungen auf

Die Deklaration, die zum Abschluss des Gesundheitstages von 123 Ländern unterzeichnet wurde, enthält 41 Absichtserklärungen, die eine Reihe ganz unterschiedlicher Aktionsfelder betreffen.

Die drei wichtigsten Punkte sind:

  • Stärkung der Resilienz von Gesundheitssystemen
  • sektorenübergreifende Koordination, um die Gesundheitsvorteile von Klimaschutzmaßnahmen, sogenannte Co-Benefits, zu maximieren
  • mehr Geld für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen, die die Gesundheit der Bevölkerungen stärken

Besonders hervorzuheben ist, dass damit zum ersten Mal ein Fonds für Klima- und Gesundheitslösungen aufgelegt wurde. Summe: eine Milliarde US-Dollar. Mit dem Geld sollen konkrete Projekte gefördert werden, die Klimaschutz und Gesundheitsschutz miteinander verzahnen.

Das Geld ist vor allem für Länder im Globalen Süden wichtig, in denen es oft schon gute Strukturen der öffentlichen Gesundheitsfürsorge gibt, die aber mit dem rasant steigenden Bedarf überfordert sind. Die Teilnehmer der Konferenz schätzen, dass weltweit mehr als drei Milliarden Menschen durch die Erderhitzung besonders gefährdet sind. Sie betonen, dass auch die gesundheitlichen Schäden der Klimafolgen ungleich verteilt sind.

Vor allem in besonders betroffenen Regionen müssen die Gesundheitssysteme fit gemacht werden für die kommenden Herausforderungen. Dazu gehört nicht nur, sich auf die medizinische Akutversorgung vieler Menschen gleichzeitig vorzubereiten, wie zum Beispiel bei Überschwemmungen, sondern auch Krankheiten, die im Zuge des Klimawandels zunehmen, wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Allergien, zu behandeln.

Co-Benefits sollen bei Klimaschutzmaßnahmen eine größere Rolle spielen als bisher. Das klappt in manchen Entwicklungsländern schon eindrucksvoll gut, in westlichen Industrienationen hingegen weniger. Der Erklärung merkt man die Bemühungen an, viele Akteure einzubinden. So soll beispielsweise der neue Gesundheitsfonds mit Geld von privaten Investoren, Stiftungen und Kreditanstalten, die Entwicklungsförderung unterstützen, erhalten. Auch einige Staaten haben Einzahlungen zugesagt, wie zum Beispiel Norwegen und Großbritannien.

Aber auch die Kommunikation darüber soll besser werden, wie gesundes Verhalten im Alltag auch gleichzeitig dem Klima dient – und umgekehrt. Denn die Transformation hin zu Netto-Null-Emissionen könnte gleichzeitig eine Transformation hin zu einem längeren Leben in Gesundheit sein.

Was fehlt

In der Abschlusserklärung fehlt jedoch die zentrale Voraussetzung, unter der diese Bemühungen überhaupt nur erfolgreich sein können. Der Abschied von fossilen Energieträgern wird nicht genannt. Das findet auch die bei der Global Health and Climate Alliance für Strategie zuständige Jess Beagley enttäuschend. Sie sagt: "Fossile Energien werden nicht einmal erwähnt, obwohl sie die Hauptschuld am Klimawandel und damit auch an den Gesundheitsauswirkungen tragen."

Eine kleine Hoffnung, dass dieser fossile Ausstieg auf der COP28 noch beschlossen wird, besteht aber weiterhin. Denn Teilkonferenzen wie die Gesundheitskonferenz beschränken sich traditionell auf das Feld, das sie bearbeiten. Es gilt, auf die COP28-Abschlusserklärung zu warten, die am 12. Dezember 2023 vorgestellt wird.

Viele Beobachterinnen und Beobachter sehen kaum Anzeichen dafür, dass auf der Konferenz tatsächlich der Abschied von den Fossilen verkündet wird. Wie hart man dort um den Ausstieg ringt, zeigt auch ein Statement des Präsidenten vom 21. November während eines Online-Events. Die britische Zeitung "The Guardian" zitiert Sultan Ahmed Al-Jaber mit den Worten: "Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz für die Forderung, aus fossilen Energieträgern auszusteigen."

Doch dieses Statement wiederholte der Präsident, der zugleich der Chef des größten Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate ist, in einem Pressegespräch auf der COP28 nicht. Stattdessen bekannte er sich auf Nachfrage doch noch zum Ausstieg aus Öl und Gas. Ob diese Äußerung jedoch die Chancen erhöht, dass der Abschied von den fossilen Energieträgern am Ende der COP28 tatsächlich eingeleitet wird?

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Verwendete Quellen:

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