Soll es einen neuen Schuldenschnitt für Griechenland geben? Der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel hat sich in der Talkshow "Günther Jauch" vehement dagegen ausgesprochen. Wir haben die wichtigsten Aussagen des CSU-Politikers dokumentiert.

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76 Jahre ist er mittlerweile alt, aber die Augenbrauen sind buschig wie eh und je und auch seine Angriffslust hat der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel nicht verloren. In der Sonntagabend-Talkshow "Günther Jauch" profilierte sich der CSU-Politiker erneut als harter Kritiker der griechischen Regierung um Ministerpräsident Alexis Tsipras. "Das ist kein Spiel, das ist eine Tragödie, das kennen wir jetzt seit fünf Monaten", sagte Waigel sichtlich genervt vor dem heutigen Griechenland-Krisentreffen.

Hintergrund ist das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Athen und den Eurostaaten, in dem jede Seite die andere regelmäßig mit neuen Vorwürfen vor sich her treibt. Für Waigel ist der Verantwortliche für das Gezerre klar: "Griechenland war auf einem guten Weg, aber es ist alles in den letzten fünf Monaten alles negativ geworden."

Der Grund sei eine verfehlte Politik. Eine für viele Beobachter nachvollziehbare Kritik. Allerdings ließ Waigel unerwähnt, dass das griechische Bruttoinlandsprodukt bereits im letzten Quartal 2014 wieder schrumpfte, also noch vor dem Wahlsieg Alexis Tsipras'. Es wäre demnach zu einfach, nur das Linksbündnis Syriza, dem der CSU-Mann Waigel nicht gerade nahe steht, für die Misere verantwortlich zu machen. Trotzdem gab es bei den Gesprächen mit Tsipras und seinem Finanzminister Gianis Varoufakis von den europäischen Partnern immer wieder Kritik und Inkompetenz-Vorwürfe, sodass Varoufakis vor einigen Wochen sogar von den Verhandlungen abgezogen wurde. Waigel meinte trocken, man könne sich seine Verhandlungspartner nicht aussuchen.

Schlechtes Vorbild für andere Staaten

Weiterhin bemängelte Waigel die fehlenden Reformbemühungen der Regierung. Es könne keinen Schuldenschnitt und keine Hilfspakete ohne Gegenleistungen geben. "Ich habe mich in meiner Partei immer dafür eingesetzt, dass Hilfen durchgeführt werden. Das war nicht immer einfach, auch für die Kanzlerin. Aber es muss zu Gegenleistungen kommen", betonte Waigel und lobte die ehemaligen Krisen-Staaten Portugal und Irland, die Geld nur gegen harte Auflagen bekommen hatten. Wenn man Athen nun weitere Teile der Schulden erließe, sei das ein schlechtes Signal für alle Länder, die an ihren schmerzhaften Sparbemühungen festgehalten hätten. Nicht umsonst gehören die früheren EU-Krisenländern zu den schärfsten Kritikern Athens.

Auch hier hat Waigel gute Argumente: Tatsächlich scheint die derzeitige griechische Regierung vor allem auf Zeit zu spielen: Sie arbeitet sich in bisher ergebnislosen Debatten mit den europäischen Partnern ab – ohne drängende Reformen im Land voranzutreiben. Eine Folge der Schuldenkrise: Die EU-Kommission hat die Prognose für das Wirtschaftswachstum 2015 von 2,5 auf 0,5 Prozent abgesenkt. "Griechenland kann nicht eine Ausnahme für sich beanspruchen, sondern muss sich auch an dem orientieren, was in anderen Ländern an notwendigen Opfern und Strukturmaßnahmen erbracht wurde", ergänzte Waigel. Tsipras behauptet dagegen, den Menschen sei durch Rentenkürzungen und Einschnitten im Sozialsystem schon zu viel zugemutet worden.

Euro-Einführung ein Fehler

Da war Waigel mit seiner verbalen Prügel für Athen noch lange nicht fertig. "Ich habe für jeden Verständnis, der sein Geld nun retten will. Und verantwortlich dafür ist nicht die griechische Opposition, sondern allein Herr Tsipras und seine Regierung", kommentiert er das massenhafte Leerräumen von Konten durch die Bevölkerung, die Pleiten ihrer Banken befürchtet. Fakt ist: Diese Tendenz hat sich durch den Schlingerkurs von Syriza in der Schuldenkrise erst noch verstärkt: Die Gefahr des Grexit ist so groß wie nie.

Deutschland gilt vielen Griechen mit seiner harten Linie allerdings als Sündenbock der Misere. Der Frage Jauchs, ob es in Griechenland ein deutsches Spardiktat gebe, verneinte Waigel heftig. "Es gibt kein deutsches Spardiktakt! Die Vereinbarungen waren mit der Euro-Zone, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds getroffen." Das ist korrekt, die führende Rolle Deutschlands kann aber auch Waigel nicht bestreiten.

Den grundsätzlichen Fehler sieht der CSU-Politiker, der als wichtiger Wegbereiter des Euro gilt, in der Vergangenheit: die Einführung der Währung in Griechenland, gegen die er sich als Bundesfinanzminister vehement ausgesprochen habe.

Aus der Krise ist längst ein Dauerzustand geworden. Und auch dazu hatte Theo Waigel ein paar Sätze parat: "Die Stunde der Wahrheit kommt immer näher. Ich glaube nicht, dass das noch ewig herausgezögert werden kann." Ob er auch damit Recht behält, werden die kommenden Tage zeigen.

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