Der Superhelden-Film "Freaks – Du bist eine von uns" ist seit dem 2. September auf Netflix abrufbar. Es geht darin um normale Menschen, die plötzlich Superkräfte haben. Einer von ihnen ist der Obdachlose Marek, der von Wotan Wilke Möhring gespielt wird. Im Interview spricht der 53-jährige Schauspieler über den Film, dessen Botschaft und den Einfluss von Netflix auf das deutsche Fernsehen.

Ein Interview

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Herr Möhring, welche Superkraft hätten Sie privat gerne?

Wotan Wilke Möhring: Mich wegzubeamen. Oder irgendwo hinzubeamen. Das wäre meine Nummer eins. Meine Nummer zwei wäre es, unsichtbar zu sein.

Im Film "Freaks – Du bist eine von uns" geht es um normale Menschen, die Superkräfte entwickeln. Der Film schwankt zwischen Comedy, Drama und Science-Fiction. Welches Genre ist es für Sie?

Für mich ist es das Superhelden-Genre. Für mich ist die größte Besonderheit die, dass es um Superhelden geht.

Es ist natürlich auch ein Drama um diese Superkraft, mit den Problemen, die alle Superhelden haben. Wann setze ich sie ein? Wem kommt sie zugute?

Natürlich gibt es auch eine versteckte Kritik an der Pharmaindustrie. Und ich finde den "Was wäre, wenn…"-Aspekt sehr gut. Dass ein bisschen Zweifel gestreut werden, dass wir alle Superkräfte haben könnten, wenn wir bestimmte Sachen nicht mehr machen.

Mobbing ist ein Thema, Medikamentenmissbrauch auch. Was ist für Sie die zentrale Botschaft des Films?

Die zentrale Botschaft ist, dass du einer von uns sein kannst. Du kannst ein Superheld sein. Du alleine kannst etwas bewegen.

Das finde ich auf der Meta-Ebene spannend. Wenn wir zum Beispiel an Greta Thunberg denken, die auch eine Superheldin ist. Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, Dinge anzupacken. Auch alleine, wenn es nötig ist.

Der Film soll also Mut machen, sich zu engagieren?

Genau. Er will auch Mut machen, Dinge in Frage zu stellen, die man unbewusst tut. Und diese Dinge zu hinterfragen.

Man sagt immer: Jeder kann etwas Besonderes sein. Aber wenn man es dann machen will, klappt es nicht. Man muss einfach daran glauben, dass jeder von uns hier mit einer Aufgabe auf der Erde ist. Diese Aufgabe muss man finden.

Damit passt der Film perfekt in unsere Zeit…

Absolut richtig. Deshalb habe ich auch Greta erwähnt. Aber es gibt auch Gegenbeispiele, wie etwa der US-amerikanische Präsident. Keiner von uns hätte gedacht, dass die Machtfülle tatsächlich so groß ist und einer alleine so viel machen kann.

Zurück zu "Freaks – Du bist eine von uns". Wer im Film die Schurken sind, bleibt offen. Kann man dies als eine Art Parabel auf Personen wie Donald Trump verstehen?

Ja, könnte man. Aber auch auf eine Art von Lobby, die an den Tabletten mitverdient. Die dunklen Mächte bleiben im Hintergrund. Sie zu personifizieren wäre ein anderer Film, denke ich.

In "Freaks" steckt sehr viel Handlung, komprimiert auf 90 Minuten. Hätte die Geschichte nicht auch eine Serie hergegeben?

Als Serie hätte man die Geschichte anders erzählen und zum Beispiel alle Charaktere einzeln in Episoden vorstellen müssen. Aber "Freaks – Du bist eine von uns" war schon lange als Film geplant, und ich finde den Ansatz sehr interessant.

Das Erzähltempo ist enorm. Ist das ein Trend bei Netflix-Produktionen?

"Freaks – Du bist eine von uns" ist erst der zweite deutsche Netflix-Film, Serien haben eine andere Erzählweise. Wenn man davon ausgeht, dass der Netflix-User daran gewohnt ist, maximal 45 Minuten am Stück zu schauen, geht man natürlich auf Tempo.

Dann sind 90 Minuten vielleicht eine Challenge für jemanden, der im Zug nur 45 Minuten Zeit hat. So eine Geschichte brennt natürlich auch nur, wenn sie ein entsprechendes Tempo hat und einen wie im Rausch hinterlässt.

Der Film wurde vom ZDF für "Das kleine Fernsehspiel" mitproduziert, ein Sendeplatz, auf dem experimentelle Filme und Essays laufen. Er ist ungewöhnlich und mutig. Wäre es ohne Netflix möglich, solche Filme in Deutschland zu machen?

Ich glaube, tatsächlich nicht. Oder noch nicht, würde ich mal vorsichtig sagen.

Der Unterschied ist, dass Netflix sich die Zielgruppe selbst macht oder sucht. Alle sind jung, kreativ und haben die Möglichkeit, sich in ihren Serien auszutoben. Netflix ist auf der Suche nach Dingen, die noch nicht gemacht wurden.

Die Öffentlich-Rechtlichen tun sich mit diesen Dingen immer noch ein wenig schwer. Die machen Dinge, die sicherer wirken im Hinblick auf die Sehgewohnheiten ihrer Zuschauer.

Ich habe das gemerkt bei "Sløborn", einer anderen Serie, die ihrer Zeit weit voraus ist. Die war dem ZDF schwer zu verkaufen, gerade während des Lockdowns.

Später lief die Serie dann auf ZDF Neo, weil sie der Zielgruppe des ZDF wohl schwer zu vermitteln war. Ich finde, das ist ein problematischer Ansatz, gerade wenn man berücksichtigt, dass es auch andere Zielgruppen gibt.

Noch einmal zu "Freaks". Der Film lässt einige Fragen offen. Könnten Sie sich eine Fortsetzung vorstellen?

Es bleibt offen, wie die Welt gerettet werden soll. Und den Weg der Weltrettung könnte man natürlich noch erzählen.

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