Oliver Pocher macht mit seinem Vater Urlaub auf Kosten von RTL. Das heißt: Es wird peinlich für alle Beteiligten. Doch hinter all den Albernheiten steckt eine rührende Liebeserklärung an den eigenen Vater.

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Es gibt einen seltsamen Moment im Leben von Eltern und ihren Kindern. Irgendwann ertappen sich beide Seiten dabei, wie sie die Rollen tauschen. Meist ist das der Fall, wenn die ersten Enkel auf der Welt sind, ein eigener Haushalt aufgebaut ist, die Kinder selbst Verantwortung für andere Menschen übernehmen.

Plötzlich maßregeln die Töchter und Söhne ihre eigenen Mütter und Väter. "Ernähr dich besser!" "Damit musst du mal zum Arzt!" "Sei doch nicht so unvernünftig!" Die Eltern wiederum reagieren trotzig auf den besserwisserischen Nachwuchs. Prominente sind da keine Ausnahme. Wie zum Beispiel Oliver Pocher, der daraus eine Show gemacht hat. In "Pocher und Papa auf Reisen" fährt er in zwei fast zweistündigen Folgen mit seinem Vater Gerhard in den Urlaub. Zuerst nach Thailand, dann in die USA, beides gedreht Mitte Januar, kurz bevor die Corona-Pandemie die Welt zwang, zu Hause zu bleiben.

Vater Pocher: Buchhalter und Zeuge Jehovas mit Unterhaltungspotenzial

Auf den ersten Blick sind die beiden vollkommen unterschiedlich. Oliver Pocher ist der gnadenlose Selbstdarsteller, der sich in seiner eigenen und der Peinlichkeit anderer weidet, der sofort in den Show-Modus wechselt, sobald eine Kamera in der Nähe ist. Sein Vater Gerhard ist Buchhalter, überzeugter Zeuge Jehovas, lebt in Großburgwedel bei Hannover und benutzt einen grünen Gummiüberstülper am Zeigefinger, um durch seine Akten zu blättern. Klingt nach dem Klischee eines Spießers, doch Vater Gerhard besitzt auch Unterhaltungspotenzial.

Immer wieder in seiner Karriere zerrte ihn Oliver Pocher vor die Kamera. Denn eigentlich führe er selbst das Leben, das sein Vater immer führen wollte, erklärt der Komiker. Zumindest behauptet das sein Sohn. Das zu beweisen, dazu hat er jetzt in den beiden Folgen von seiner Reise-Doku genügend Gelegenheit.

Peinlicher Smalltalk mit der Taxifahrerin

Doch zuerst gehen sich die beiden erst einmal auf die Nerven. Kein Wunder, wenn Vater und Sohn elf Tage ununterbrochen zusammen sind. Der letzte gemeinsame Urlaub liegt nicht ohne Grund 20 Jahre zurück. "Er schafft es auch mal, einen Ton zu treffen", erklärt Pocher, "der war einer zu viel". "Und das von mir", fügt er hinzu, im vollen Bewusstsein, dass er auf diesem Prinzip seine Karriere aufgebaut hat.

Das erste Beispiel für dieses Im-Ton-vergreifen folgt wenig später im Taxi vom Flughafen Bangkok zum Hotel. Pocher senior fragt die Fahrerin, ob sie Kinder habe. Sie verneint. Gerhard Pochers Antwort: "Also sind Sie allein." Sein Sohn dreht peinlich berührt den Kopf zur Seite und sagt: "Vielleicht kann sie keine Kinder kriegen. Kannst du ja gleich mal fragen."

Was nicht heißt, dass der Sohn dem Vater in "Pocher und Papa" nicht genug selbst Gründe zur Fremdscham liefere. Wenig später stehen die beiden in Bikini und mit Federschmuck als Drag-Queens auf der Bühne einer Varieté-Show. Das Publikum verzieht keine Miene, Vater und Sohn haben Spaß. Denn trotz aller unterschiedlicher Lebenswege sind sie sich natürlich doch ähnlich.

Deswegen nutzt Oliver Pocher den Rest des Trips vor allem dazu, seinen Vater mit mehr oder weniger peinlichen Unternehmungen zu ärgern. Sie verabreichen sich gegenseitig eine traditionelle Feuermassage, sie mühen sich beim Artistik-Kurs an Tüchern von der Decke hängend ab, sie legen auf einem Rave auf und Vater Pocher lässt mit seinen Ansagen Scooter vor Scham im Boden versinken. Doch das ist den beiden egal. Es ist schnell klar, von wem Oliver Pocher seinen Drang zur Peinlichkeit geerbt hat.

Bei seinem Glauben versteht Gerhard Pocher keinen Spaß

Nur in einem Punkt versteht Gerhard Pocher keinen Spaß: wenn es um seinen Glauben geht. Offenbar ein unverarbeitetes Trauma Oliver Pochers, der seine Jugend mit seinen Eltern in der Fußgängerzone verbrachte, um den "Wachtturm" zu verkaufen. Mit 18 verließ Pocher die Zeugen Jehovas, sein Vater ist noch heute aktiv. Weshalb der Sohn Gerhard Pocher als Retourkutsche in ein buddhistisches Kloster schleift. Oder besser bis vor die Tür. Sein Vater weigert sich, das Gelände zu betreten. "Es geht um die wahre oder die falsche Religion", sagt er. Der Buddhismus sei die falsche, deswegen trennen sich hier ihre Wege. Pocher geht mit den Mönchen betteln, der Vater lässt sich in Bangkok von Fischen die Hornhaut an den Füßen herunterknabbern.

Lange können sich die beiden aber nicht voneinander trennen. Denn natürlich ist die Reise der beiden vor allem eine sentimentale Unternehmung, auch wenn sie nur selten hinter der dauerkaspernden Fassade von Oliver Pocher durchblitzt. 70 Jahre ist sein Vater mittlerweile, "von einem Tag auf den anderen kann es vorbei sein", sagt der Sohn. Die schönsten Momente in "Pocher und Papa" sind die, in denen ein wenig Ernsthaftigkeit hinter all dem Peinlichkeits-Humor der Reise hervorblitzt. Zum Beispiel, wenn sich beide massieren sollen und immer wieder lachen müssen, weil das in einen Ringkampf ausartet. "Das hat riesigen Spaß gemacht", gesteht der Vater danach.

Das dürfte auch uneingeschränkt für den Sohn gelten, der nicht nur mehr Zeit mit seinem Vater verbringen kann, sondern auch sich selbst von einer anderen Seite zeigen kann. Denn hinter all der Alberei von Oliver Pocher auf Kosten anderer steckt auch ein Mensch, dem seine Familie am Herzen liegt. Und dem es egal ist, ob er sich dafür so manche scheinbare Peinlichkeit ertragen muss.

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