Der "Fernsehgarten" und "Mallorca". Das klingt ein bisschen nach Meteoriteneinschlag und Reaktorunfall. Auf dem Mainzer Lerchenberg ging es dann im Prinzip lediglich um das schöne Thema "Saufen". Schließlich müsse man manchmal "Fünfe g'rade sein lassen", meint ja auch ZDF-Obergärtnerin Andrea "Kiwi" Kiewel, die am Sonntagnachmittag mehrere vermeintliche Malle-Stars begrüßte und in Hüpfburgen gegeneinander antreten ließ. Dazwischen wurde von leidenschaftlichen Insulanern das Thema "Alkohol" in Songs nicht allzu komplex aufgearbeitet. Tendenz der Lyrics: Eher mehr als weniger trinken!

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Robert Penz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es ist schon sehr hart, wegen eines Fußballmatches auf den "ZDF-Fernsehgarten" warten zu müssen. Insbesondere dann, wenn dessen Macher "Mallorca" zum Thema gemacht haben. Denn es gibt wohl nichts Schöneres auf diesem Planeten, als sich an einem Sonntagnachmittag den ZDF-Fernsehgarten reinzuziehen. Auch der korpulentere Mann mit Glatze, der zu Beginn des Formats über "die Mutter aller Inseln" singt, scheint glücklich zu sein. Es ist aber auch nicht ganz auszuschließen, dass sein Glück auf einem zuvor versenkten Eimer Sangria fußt.

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Saufen ist das zentrale Thema

"Wir alle sind Malle", reimt die Stimme aus dem Off gekonnt, unmittelbar bevor Obergärtnerin Andrea "Kiwi" Kiewel "Aber scheiß drauf, Malle ist nur einmal im Jahr" anstimmt. Den Zusehern vor Ort scheint es auch gut zu gehen, manche von ihnen tragen T-Shirts, auf denen "Suff-Geschwader" steht. Das ist keineswegs verwerflich, denn natürlich ist das Saufen bei einem Mallorca-Fernsehgarten das zentrale Thema. "Vier Menschen, die ein Leben und manchmal auch gern Fünfe g'rade sein wollen", verteidigt auch die Kiewel das Quartett in den "Suff-Geschwader"-Oberteilen. Dass ein anderes Quartett – nämlich die vier selbsternannten Malle-Stars Marry, Jürgen Milski, Lorenz Büffel und Tim Toupet – jetzt gemeinsam mit der Moderatorin aus dem Nichts heraus Wolle Petrys "Wahnsinn" trällert und danach mehrere Hüpfburg-Parcours absolvieren muss, macht ja den Tag überhaupt zum schönsten im Leben.

60 Sekunden ohne Alkohol

Okay, dass sich Peter Wackel, während er den Song "Inselfieber" darbietet, so bewegt, als ob er auch alle anderen Fieberschübe aktuell durchmachen muss, verwirrt uns vielleicht zunächst ein wenig, aber dann fällt uns ja gleich wieder ein, dass ja heute das Saufen großes Thema ist. Und wer bechert schon nur aus Spaß, bitte? Vom ersten Hindernisparcours liefert uns das ZDF dann von den vier Komikern, die jetzt über die Hüpfburg rutschen, schlittern und klettern, spektakuläre Bilder aus der Vogelperspektive. Sie machen das ganz gut, wobei man schon konstatieren muss, dass sie zuvor von der Kiewel mit "Es wippt halt, weil's aufgeblasen ist" einen grandiosen Tipp bekommen haben. "Macht's Spaß?", will die Moderatorin nach der ersten Competition um den Titel "Mallorca-König" von den Komikern wissen, die eben ganze 60 Sekunden abstinent leben mussten. "Mega!", meinen die Dehydrierten unisono, während sie sich die letzten zwei Malle-Wochen aus dem Leib husten.

Kein Multitasking beim Saufen

Dass zwischen den Sauforgien auch ein bisschen Literatur geboten wird, lockert die Sendung ungemein auf. "Hätte ich einen Weinberg, würde ich ihn 'Hang zum Alkohol' nennen", steht etwa auf den extrem lustigen T-Shirts von ein paar eingefleischten Fernsehgarten-Fans. Auf diesen herrlichen Aphorismus einen zweiten Eimer Sangria und eine Anna Maria Zimmermann, die ihren Song "1 Million rote Rosen" performt und über ein weißes Top und eine weiße Hose einen kurzen Glitzervorhang trägt, den sie vermutlich der Puppe ihrer Tochter entrissen hat. Dass sie rote Rosen im Publikum verteilt, macht dem Playbackgesang ganz schön zu schaffen. Multitasking ist in einem Fernsehgarten, in dem es ums Saufen geht, aber auch keine Kategorie. Tim Toupet, der, während er "Du hast 'ne geile Figur und Abitur" trällert, sich voll und ganz auf seine Lippen konzentriert, weiß das. Extrem smarter Kerl.

"Kühles Blondes" & "Wigga Digga"

Warum es plötzlich um das Thema "blonde Haare" geht, bekommen auch die Zuseher vor Ort nicht wirklich mit. In einigen Gesichtern begegnet man einem leichten Furor. Erst als die Assoziationskette "blonde Haare" und "kühles Blondes" in deren Denkapparaten zu rasseln beginnt, zeigen sie sich versöhnlich. "Blondierung ist keine Pflege", offenbart jedenfalls die Stylistin im Interview mit Andrea Kiewel. Eine Info, die jeder einzelne Zuseher auf dem Mainzer Lerchenberg definitiv mit nach Hause nehmen und morgen gemeinsam mit seinem Kater reflektieren kann. Dass während des Gesprächs zwei jungen, auf Stühlen sitzenden Frauen das blonde Haar gekrault wird, ergibt aber wirklich keinen Sinn. Dass die Kiewel kurz danach die Zuseher fragt, wer gerne ein Selfie mit ihr machen würde, um dann, nachdem unzählige die Hand gehoben haben, "Machen wir jetzt aber nicht" zu sagen, übrigens ebenso nicht. Wichtig ist aber eh nur, dass es ums Saufen geht. Die Räuber trällern jetzt ihren Track "Wigga Digga", der das Thema auch ganz gut aufdröselt. Eine Frau hält ein "Bitte keine Fotos, wir sind krankgeschrieben"-Schild in die Kamera.

Jürgen Milski wird touchy

Der zweite Hindernisparcours ist um nichts spannender als der erste. Warum Malle-"Star" Marry plötzlich "Heute bin ich halb Schwanz, halb Frau" von sich gibt, erschließt sich einem ebenso nicht, scheint ihren Kölner Kollegen aber beflügelt zu haben. "Jürgen, niemand hat die Absicht, Marry an den Po zu fassen", tadelt "Kiwi" den einstigen "Big Brother"-Protagonisten in Ulbricht-Manier. "Ich versteh' das Spiel, die Lieder und die Sendung nicht", macht sich unterdessen bei einem Twitteraner Verzweiflung breit. Ein anderer will sich jetzt Pilze braten, in der Hoffnung, dass diese giftig sind. Endlich wieder Musik: Ein Mann im schwarzen T-Shirt mit neongrünem Aufdruck und neongrünen Socken singt und sieht dabei so aus, als hätte ihn die Kiewel kurz vor der Sendung im "Café Bauchstich" angemietet. Der Song ist aber um nichts schlechter als jene zuvor. Sie sind alle exakt gleich schlecht.

Durstiger Büffel wird Mallekönig

Während Lorenz Büffel im "Wolle Petry"-Shirt und mit Hörnern auf der Baseballmütze "Heute bin ich 'ne Maschine – immer ein Bierchen im Getriebe" und "Jaja, saufen kann ich wie 'ne Maschine" playbackt, klatscht er immer wieder Kinder im Publikum ab. Vielleicht ist es auch genau diese Vorbildfunktion, die ihm die Herzen des Publikums zufliegen lassen. Denn obwohl er beim Hüpfburg-Zeug am schlechtesten abgeschnitten hat, bekommt er die meisten Publikums-SMS, was den Alkohol-Affinen zum Mallekönig des ZDF Fernsehgarten und überaus stolz macht. "Endlich mal ein guter Song", kommentiert jetzt jemand auf Twitter, bei dem der Alkohol anscheinend erst jetzt zu wirken begonnen hat, irgendein wirklich peinliches Partylied. Indes macht Andrea Kiewel einen illuminierten Berliner Fan darauf aufmerksam, dass seine Hose im Schritt nass sei. Dem ist das völlig wurscht. Heute blau, morgen blau und übermorgen wieder!

Nachlassende Konzentration und Resümee

Dass dann auch noch Dekoboy Tom unterdurchschnittlich gute Deko-Tipps für die eigene Malle-Sause gibt, Honk, der offenbar optisch eine Mischung aus Super Mario und Mark Forster angestrebt hat, von einem Delfin in seiner Bauchtasche singt, und Olaf der Flipper ein Medley anstimmt, bekommen viele im Publikum nicht mehr mit. Dass man sich in der Bewusstlosigkeit nicht mehr so gut konzentrieren kann, ist ein kleiner Nachteil dieses Saufens. Viel haben sie aber eh nicht mehr versäumt, war doch der Mallorca-Fernsehgarten kurz danach auch schon zu Ende. Fazit: So schlecht sind die Shows vom Florian Silbereisen und Giovanni Zarrella eigentlich gar nicht.

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