Ein sündteures Flussbad im Zentrum von Berlin, 680 Millionen Staatshilfe für ein Unternehmen, dessen Mutter fette Gewinne erzielt, sowie ein Hafen, den man laut einem Experten vielleicht doch eher zuschütten sollte: Mario Barth und seine prominenten Spürhunde haben wieder in ein paar deutsche Millionengräber geschnüffelt.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Robert Penz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Mario Barth hat wieder mächtig Lust aufs Aufdecken, scheint’s. Sein Format rund um Steuerverschwendungen und Millionengräber ist in die nächste Runde gegangen. Abermals lässt der 50-Jährige dabei prominente Spürhunde in Ecken herumschnüffeln, in denen massiv fehlgeplant und Geld verschleudert wurde. Aber auch er selbst geht auf die Piste.

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Sauteures Flussbad im Spreekanal

In seiner Heimatstadt zum Beispiel. "Ich liebe Berlin", meint der Komiker am Mittwochabend etwa. Aber für das Projekt "Flussbad im Spreekanal" fehlt Barth dennoch jegliches Verständnis. Zwischen Humboldt Forum und Bode-Museum soll unweit des Berliner Doms ein Flussbad entstehen. Mit biologisch nachhaltigem Filtersystem ist es als Bad für alle Berliner vorgesehen.

Laut Anfangsplanung sollten sich die Gesamtkosten auf etwa 77 Millionen Euro belaufen, aktuell geht man von mindestens 100 Millionen Euro aus. Denn die Filteranlagen, das notwendige Schließen von Mischwasserkanälen, damit man beim Schwimmen keine Begegnungen der braunen Art hat, sowie die laufende Prüfung der Wasserqualität sind kostenintensiv.

Das Schlimmste: Dass das Schwimmbad, wenn es fertig ist, gleich wieder wegen zu schlechter Wasserqualität dichtmachen muss, lässt sich nicht ausschließen. 2034 soll das Flussbad jedenfalls fertig werden.

"Bisschen Schuppenflechte" nach dem Baden

Nachdem Barth und Rainer Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, sich die Lage vor Ort angesehen haben, durften Barth sowie dessen Spürhunde Ilka Bessin, Andrea Kiewel und Detlef Steves endlich mit dem Kalauern loslegen, wofür das Format "Mario Barth deckt auf" ja (auch) kreiert wurde.

"Wer käme auf die Idee, dass wir an dieser Stelle, wo Kacki, Pipi, Kotzi drinnen sind, schwimmen wollen?", will etwa die anscheinend gut aufgelegte Andrea „Kiwi“ Kiewel wissen. "Dann haste halt ein bisschen Schuppenflechte danach", spielt Barth die Probleme auf seine gewohnt launige Art herunter. Das städtebauliche Konzept sieht jedenfalls die "Aktivierung des Spreekanals" vor, was danach klinge, als wüsste man noch nichts Genaues, so Holznagel. Der Präsident weiter: "Unter Umständen haben wir 100 Millionen versenkt und dann ist das an zwei, drei Tagen im Jahr auf."

Teures Galeria-Desaster

Auch den Staatshilfen für Galeria Karstadt Kaufhof widmeten sich Barth & Co. am Mittwochabend. Comedian Ilka Bessin steht vor einer Galeria-Filiale, die in Turbulenzen geraten ist. Hintergrund: 2012 kaufte der österreichische Immobilien-Investor René Benko für 1,1 Milliarden Euro 17 Karstadt-Häuser, die er 2018 mit Galeria Kaufhof fusionierte. Der nun alleinige Eigentümer, Benkos Signa Holding, bekam damit Zugriff auf zahlreiche Highend-Immobilien in Toplage.

Das Problem: Der letzte große deutsche Warenhauskonzern steckt seit Jahren in einer veritablen Krise. 2018 schloss das Unternehmen über 70 von 208 Filialen, im April stand es sogar vor der Insolvenz. Dennoch hat es damals 680 Millionen Euro Staatshilfe bekommen, ohne hierfür echte Sicherheiten bieten zu müssen.

Der wirtschaftliche U-Turn in die schwarzen Zahlen gelang dennoch nie. Im Gegenteil: 2022 wollte Benko weitere 238 Millionen Euro von Vater Staat, "obwohl die Mutterfirma Signa Holding über eine halbe Milliarde Euro Gewinn gemacht hat", berichtet Bessin.

Gewinne privatisiert, Verluste sozialisiert

Schon lange wird das Geschäftsmodell des Signa-Chefs René Benko massiv kritisiert. Laut Medienberichten soll es bei einem Teil seiner Immobilien wie folgt funktionieren: Der Immobilien-Investor kaufe Warenhäuser in superben Lagen und trenne umgehend die in der Regel kraftlosen Betreibergesellschaften von den substanziellen Immobilien. Als deren neuer Miteigentümer würde er dann satte Mieten veranschlagen. Geraten die Kaufhäuser in finanzielle Schwierigkeiten, wird der Steuerzahler zum Handkuss gebeten, damit keine Jobs verloren gehen und die Innenstädte nicht an Attraktivität verlieren.

Ein weiterer Vorwurf, der vor allem aus der Ecke der Gewerkschaften und der Karstadt- und Kaufhof-Mitarbeiter kommt: Benko habe eigentlich null Interesse am Kaufhausgeschäft. Für ihn seien nur die Dividenden und Immobilien von Relevanz. "Die Schuld liegt hier eindeutig im Wirtschaftsministerium. Der damalige Bundesminister war der erste, der Benko 460 Millionen Euro gegeben hat. Robert Habeck hat dann auch noch 220 Millionen hinterhergeschoben", so Holznagel. Ihm zufolge sei der Unternehmer und Immobilienmann klug genug, um zu wissen, dass dieses Warenhaussystem vor dem Aus steht.

Tristesse im Schulauer Hafen

Andrea Kiewel wurde von Mario Barth wiederum in die schöne Elbestadt Wedel geschickt, deren Schulauer Hafen nicht aus den Schlagzeilen kommt. Vor 15 Jahren wurde beschlossen, diesen auszubauen und zu einer maritimen Flaniermeile werden zu lassen. Dafür wurden bereits knapp 35 Millionen Euro ausgegeben, davon 19,8 Millionen Euro staatliche Fördergelder.

Das Problem: Man sieht davon vor Ort nichts, rein gar nichts. Nach wie vor blickt man dort in ein verschlicktes Trübwasserbecken, das schon lange kein Schiff mehr gesehen hat. Auch von Flanierenden ist weit und breit keine Spur. Der bis dato einzige ernsthafte Interessent für eine Nutzung des Hafenbeckens hat schon vor drei Jahren das Handtuch geworfen, weil er kein Geschäftsgebäude für etwa Gastronomie vor Ort, sondern lediglich den Hafen bekommen sollte.

Obwohl die Stadt Wedel mit rund 85 Millionen Euro in der Miese ist und eben weder einen Bewerber, noch ein sinnvolles Konzept für den Schulauer Hafen hat, wird laufend Geld ausgegeben. Das findet auch der Wedeler Stadtrat Olaf Wuttke bizarr: "Immer weitere Investitionen zu tätigen, finde ich angesichts der Haushaltssituation unverantwortlich."

Verwahrloster Hafen: "Man könnte einfach zuschütten"

Das Problem: Wenn im Hafen nicht weitergearbeitet wird, hat die Stadt wohl einen Teil der geflossenen Fördergelder zurückzuzahlen, weshalb sie lieber weiter baut. "Es gibt hier eigentlich keine Lösung“, so Wuttke. Weiter gebaut wird übrigens, obwohl eine Machbarkeitsstudie ergab, dass die Hafeneinfahrt alljährlich freigebaggert werden muss und sich mit Sportbooten und Anlegeplätzen hier kein Geld verdienen lässt. "Man könnte einfach zuschütten", kommt Wuttke mit dem vielleicht besten Vorschlag für den Hafen samt maritimer Flaniermeile.


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