Klaas Heufer-Umlauf ist in seiner Fernsehkarriere ja schon ziemlich in der Welt herum gekommen. Am Dienstagabend hat er nun bei "Late Night Berlin" die Möglichkeit bekommen, durch Deutschland zu reisen und dabei gleichzeitig zu Hause bleiben zu können. Möglich macht's: die Deutsche Bahn.

Christian Vock
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Als Klaas Heufer-Umlauf vor knapp dreieinhalb Jahren die erste Folge seiner damals neuen Late-Night-Show "Late Night Berlin" hinter sich gebracht hatte, fielen die Kritiken eher lau aus. Nicht so toll, aber mit Potenzial, wenn sich Heufer-Umlauf erst ein bisschen eingegroovt habe, lautete der Tenor. Nach dem Ende der ersten Staffel blieb die Kritik die gleiche, außerdem fehle etwas, über das man am nächsten Tag in der Mittagspause diskutieren kann.

Nun, nach sieben Staffeln kann man sagen: Ja, Klaas Heufer-Umlauf hat sich eingegroovt. Die Show ist erwachsen geworden, weiß, was sie kann und was funktioniert. Und auch die Sache mit der Mittagspause dürfte allerspätestens mit dem Auftritt Armin Laschets Geschichte sein, als dieser kurz vor der Bundestagswahl bei "Late Night Berlin" von Kindern befragt wurde - zur Räumung des Hambacher Forsts, zu seinem Lacher beim Besuch des Flutgebiets und anderen Dingen - und dort eine eher mittelprächtige Figur machte.

Facebook-Störung: War's Mark Zuckerberg beim Staubsaugen?

Dass die Show inzwischen schon lange sitzt, konnte man wieder in der jüngsten Folge am Dienstagabend sehen. Aber auch, dass Heufer-Umlauf nicht in jeder Folge etwas für einen Eintrag in die Fernsehgeschichtsbücher produzieren kann – aber das kann ohnehin niemand. Und wenn man so durchs tägliche Fernsehprogramm streift, ist einfach nur solide Fernsehunterhaltung manchmal schon Gold wert.

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Dieser solide Fernsehabend beginnt ganz klassisch mit dem Stand-up-Part, bei dem Heufer-Umlauf die vergangene Woche nach Bekalauernswertem abklopft. In dieser Woche musste er gar nicht lange zurückgehen, um etwas zu finden, denn der Facebook-Konzern lieferte ihm mit dem Ausfall seiner Dienste am Montag Kalauer-Material frei Haus: "Ich habe wirklich gelesen: Router kaputt. Was ist das für eine Erklärung, Router kaputt? Ist Mark Zuckerberg beim Staubsagen dagegen gekommen? Vielleicht wurde das runtergebrochen für Leute wie mich, aber ich glaube nicht, dass das ein Wackelkontakt war."

Es folgen noch Witze über Cathy Hummels, FDP-Wähler und Friedrich Merz – für Heufer-Umlauf dankbare Gegner. Dankbar, aber damit auch nichts zum Glänzen. Etwas überraschender ist da schon der erste Einspieler. Klaas Heufer-Umlauf will hier mit einem kleinen Experiment bei zwei Freundinnen testen: "Wie gut ist die Freundschaft, wenn die Scheiße am Dampfen ist?" Sein Ansatz: Er konstruiert ein Problem für die Kandidaten, das "nur gelöst werden kann, wenn die Freunde bereit sind, zu lügen."

"Late Night Berlin": Was macht das Pferd vor der Disko?

Am Dienstag überzeugt Kandidatin Jasmin ihre Freundin Alice, sie in einem (fiktiven) Fall von Versicherungsbetrug zu unterstützen. Dafür soll Alice die Schuld an einem zerstörten Handy auf sich nehmen.

Als Heufer-Umlauf dann als angeblicher Versicherungsdetektiv die Angaben bei der nichts ahnenden Alice überprüft, hält die nicht nur zu ihrer Freundin, sondern improvisiert noch einen Saxophonspieler und einen Streichelzoo vor einer Pop-up-Diskothek mit Pferd und Ziege hinzu. Das ist nicht nur erstaunlich, sondern auch erstaunlich unterhaltsam.

Traditionell weniger unterhaltsam ist bei "Late Night Berlin" die Gesprächsrunde. Nicht wegen der Gäste an sich, aber irgendwie doch. Denn Heufer-Umlauf will hier stets jeden Gast gut aussehen lassen, was nett ist, aber eben auch ein bisschen langweilig. Von allen Show-Hosts ist Heufer-Umlauf aber hier noch am mutigsten, wenn er seine Gäste nach amerikanischem Vorbild in die Show-Spiele einbaut.

Und so singt Heufer-Umlauf diesmal mit Sängerin Lea "Songs über Themen, die noch nie besungen wurden". Zum Beispiel über Leas Handicap, sich Gesichter und Namen nicht merken zu können. Oder über das Phänomen, dass man bei manchen Gesprächen trotz mehrfacher Nachfrage einfach nicht versteht, wovon der Gesprächspartner da eigentlich redet. Das funktioniert aus Unterhaltungssicht wunderbar, genauso wie die mehrfach erprobte Rubrik "Ebay-Kleinanzeigen-Karaoke".

Klaas Heufer-Umlauf zieht mit der Bahn übers Land

Dass "Late Night Berlin" aber längst wie angegossen sitzt, liegt auch daran, dass Heufer-Umlauf zum einen weiß, wie man "das Internet" sinnvoll mit klassischem Fernsehen verknüpft und er dafür zum anderen auf das Material aus seinem eigenen Heufer-Umlauf-Kosmos zurückgreifen kann.

So kann er zum Beispiel seine anderen Shows bei ProSieben wunderbar bei "Late Night Berlin" einbauen und das Ganze obendrein mit seinem Sidekick Jakob Lundt und dem Geschäftsführer der Produktionsfirma Florida TV, Thomas Schmitt, im gemeinsamen Podcast "Baywatch Berlin" thematisieren.

In diesem Fall hatte Klaas von seinem "Duell um die Welt"-Kollegen Joko Winterscheidt seinerzeit eine große Heufer-Umlauf-Statue bekommen, die seitdem vorm Berliner Hauptbahnhof steht. Der Spaß wurde ausreichend gesendet, nun aber soll die Statue wieder weg, denn der Stellplatz galt nur bis Ende September. Aber Heufer-Umlauf wäre nicht der Entertainer, der er ist, würde er nicht aus einem solchen Verwaltungsakt nicht noch Fernsehunterhaltung heraus schütteln.

Also aktiviert er erst seine Social-Media-Follower, bei der Bahn mit kleinen Störautoaktionen zu protestieren und zelebriert dann im Studio einen Schriftwechsel mit der Deutschen Bahn. Am Ende steht das Versprechen der Bahn, dass die Statue zwar vom Berliner Hauptbahnhof verschwindet, dafür aber zu verschiedenen großen Bahnhöfen in Deutschland reist.

Bald wird man also zwischen Garmisch-Partenkirchen und Wilhelmshaven den Blech-Klaas bewundern und beschmieren können. Ob das für eine Diskussion in der Mittagspause am Mittwoch reicht, werden Sie ja dann selbst herausfinden können.

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