Was ist das wichtigste Accessoire, das die Kandidatinnen zu "Germany's Next Topmodel" mitnehmen sollten? High Heels? Schminksachen? Nein, eine Mütze natürlich! Denn beim großen Umstyling weiß man eben nicht, was man bekommt. Deshalb ist es fast noch wichtiger, neben einer Mütze auch einen klaren Verstand zu GNTM mitzubringen. Zwei Kandidatinnen haben das gemacht – und sind am Donnerstagabend freiwillig ausgestiegen.

Christian Vock
Eine Kritik
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So, nun ist es endlich da. Das große Umstyling. Nicht, dass man darauf gewartet hätte. Das große Umstyling ist nämlich auch nach so vielen Jahren immer noch und in so vielen Bereichen unerträglich: Es ist selbst für GNTM-Verhältnisse überdurchschnittlich laut, für etliche Kandidatinnen ein emotionales Desaster und es hinterlässt im Anschluss ein unangenehm pelziges Gefühl im Gehirn.

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Also: die emotionale Schutzmütze gegriffen, Verstand runter gekühlt und los geht's. Zumindest für eine Teilmenge der Damen. Denn während die eine Hälfte von Heidi Klum zum Frisör beordert wird, darf der Rest nur von der Villa aus dabei zusehen. Das muss natürlich für manche der Daheimzubleibenden niederschmetternd sein. Da freust du dich seit Wochen auf einen kostenlosen Haarschnitt, machst einen Quatsch-Walk nach dem anderen dafür und wenn es so weit ist, guckst du in die Röhre.

Berlinerin Anya hingegen ist dabei und lässt ihrer Freude freien Lauf: "Ich will diese ekelhaften, langweiligen Haare endlich wegbekommen, ich will was Neues haben!" Ach herrje, was hat man ihr denn bitte erzählt? Dass es nur einen Frisör auf der Welt gibt und der nur Haare auf Klums Befehl schneidet? Was ist da los in Berlin? Bei Sarah hingegen fließen bereits bei der Ankündigung die Präventiv-Tränen. Für den Kameramann ein Segen, dann kann er schon ein bisschen planen, auf wen er sich später konzentrieren muss. Aber genug Vorgeplänkel, bringen wir es hinter uns.

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Heidi Klum: "Ich hab' auch Lust auf eine Veränderung"

"Let's do it! Umstyling!" quietscht die Klum Startschuss gebend am nächsten Tag und hüpft dabei herum, als hätte man ihr in den Fuß geschossen. Aber die Kandidatinnen wollen natürlich mental mitgenommen werden und so fragt die Klum: "Umstyling, habt ihr Lust?" Als ob das eine Rolle spielen würde. Aber dazu gleich mehr. Erst einmal sammelt der Kameramann die Sorgen der Zwangsfrisierten ein.

"Meine größte Angst ist, komplett anders auszusehen und mich nicht mehr selbst zu erkennen", erklärt etwa Selma und dafür muss man absolutes Verständnis haben. Stell dir vor, du gehst zum Frisör und erkennst dich danach selbst nicht mehr! Du bist immer noch du, aber im Spiegel ist plötzlich ein anderer. Da gehen die Probleme sofort los. Wer bezahlt zum Beispiel den Haarschnitt? Der, der zum Frisör hingegangen ist oder der, der wieder rausgekommen ist? Aber wir können Entwarnung geben: Obwohl Selmas langen, braunen Haare am Ende kurzen pinkfarbenen Haaren weichen, erkennt sich das Model trotzdem wieder.

Aber kommen wir nun zum Wichtigsten bei "Germany's next Topmodel": zu Heidi Klum. Steht ja schließlich auf der Show drauf: "by Heidi Klum". Sonst würde ja draufstehen: "by Heidi Klum, aber noch viel wichtiger: mit ganz vielen Kandidatinnen, ohne die man die Show nicht machen könnte." "Ich hab' auch Lust auf eine Veränderung", erklärt die Klum jedenfalls plötzlich mittendrin und man hofft für einen kurzen Moment, dass sie einfach grußlos geht und die Show in sich zusammenfällt. Aber es ist nur eine zarte Einleitung, dass sich die Klum diesmal auch die Haare machen lässt.

"Dann bin ich raus"

Widmen wir uns also lieber Kandidatin Sarah, der nach wie vor äußerst unwohl mit der Haare-Abschneiderei ist. Mit kalten Händen, Tränen in den Augen und Panik im Blick sitzt Sarah auf dem Frisierstuhl und daher ist es nur gut, dass ihr die Klum erklärt, dass die geplante Neu-Frisur und das Gewese darum einzig dem Zweck dienen, Sarahs berufliche Chancen auf dem Modelmarkt zu erhöhen. Und nicht etwa, damit die Klum Trash-TV-Unterhaltung machen kann. Also quasi. In anderen Worten eben: "Ich kann euch ja nichts verraten, das wär ja langweilig."

Doch für Klums gute Absichten hat Sarah gerade kein offenes Ohr: "Mir wird schlecht." Also versucht es die Klum noch eine Spur einfühlsamer: "Also das hätte ich ja gar nicht gedacht, dass du jetzt so ausrastest." "Voll peinlich", glaubt Sarah daraufhin offenbar, dass sie das Problem ist. Da macht die Klum das, was wahrscheinlich jeder machen würde, der sich gut um seine Kandidatinnen kümmert: Sie geht mit dem Frisör einen Kaffee trinken.

Nach der Kaffeepause legt Sarah dann die Konditionen fest, unter denen sie den Frisör an ihre Haare lassen würde, denn "ich hatte einen langen Weg, bis ich mich so wohl fühle und ich fühl mich so wohl wie noch nie". Doch darauf lässt sich die Klum am Ende nicht ein: "Wunschkonzert können wir hier leider nicht machen. Du weißt doch wie es ist bei mir." Ja, weiß Sarah. Wer beim Umstyling nicht will wie die Klum, muss gehen. Für Sarah ist das in Ordnung: "Dann bin ich raus." Und die Klum? Die weiß, wie man sich verabschiedet: "Aber du bist ein ganz tolles Mädchen!"

Auch ein anderes Model bricht die Show ab

Aber? Genau deswegen! Die Klum hätte auch einfach sagen können: "Ich weiß, das ist eine wirklich blöde Lage, in die ich euch da immer bringe und wäre ich mit diesem Umstyling nicht seit Jahren so erfolgreich, würde ich das gar nicht mehr machen. Aber das gehört einfach zum Markenkern der Show. Der Fehler liegt also nicht bei dir und wenn ich irgendwann den Mut und das Konto voll genug habe, werde ich mich bei all den Kandidatinnen entschuldigen, die ich so einem Druck ausgesetzt habe. Aber gerade ist mir meine Show noch ein bisschen wichtiger, sorry."

Und Sarah? "Ich will mich danach wohlfühlen, das ist mir das Wichtigste und dafür gehe ich auch über keine Show. Da bleibe ich mir selber lieber treu", erklärt die Rausgeworfene und es ist schön, dass es nach 17 Staffeln GNTM noch gallische Dörfer der Selbstbehauptung gibt. Allerdings hätte Sarah bei der Klum auch gerne mal das Regelwerk hinterfragen und sagen können: "Liebe Heidi, ich will nicht kniefieselig sein, aber ich verstehe diese Haare-ab-oder-raus-Klausel nicht. Beim Umstyling geht es ja nicht darum, dass ich eine neue Frisur bekomme, sondern um das Drama drum herum. Und genau dieses Drama habe ich euch geliefert. Ich habe geweint, geschluchzt, gezittert und gebettelt. Was also soll das dann? Mein Job ist getan."

Aber so rettet Sarah immerhin ihre mentale und emotionale Gesundheit und sie ist nicht die einzige, bei der die Umstyling-Folge in einem Happy End mündet. Beim Entscheidungswalk der Folge merkt Tracy, dass ihr GNTM nicht guttut: "Ich komm mit dem ganzen Stress und der Tatsache, dass wir kaum Privatsphäre haben, nicht so gut zurecht", erklärt Tracy ihren Kolleginnen, dass sie der Klum gerade die weitere Show-Gefolgschaft verweigert hat und in ein kleines gallisches Dorf gezogen ist.

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