"Fort Boyard", das war mal eine einigermaßen spannende Spielshow. Zumindest in einer Zeit, als man noch nichts von "Dschungelcamp" und "Big Brother" wusste. Die 2018-Variante von "Fort Boyard" feiert diese "gute" alte Zeit, mit Spannung hat das aber nichts zu tun. Immerhin weiß Jürgen Milski jetzt, wie man eine Fackel anzündet.

Christian Vock
Eine Kritik
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Da steht er nun. In einem atlantikblauen Ganzkörperanzug mit klebrigem Glibber überzogen und einer Miene wie nach dem verlorenen Champions-League-Endspiel. Gerade eben hat Mario Basler bei der wieder aufgewärmten Spielshow "Fort Boyard" unter den Anfeuerungsrufen der Trash-TV-Darstellerinnen Sarah Knappik und Carina Spack es nicht geschafft, genauso klebrige Kugeln auf eine Zielscheibe zu werfen.

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Ja, das Leben eines Ex-Fußballers im Jahr 2018 kann grausam sein. Früher machte man nach der Karriere einfach eine Trinkhalle auf oder wurde Trainer. Die Nach-Karriere-Karriere von Bundesliga-Fußballern folgte fast schon ehernen Gesetzen.

2018 nun haben ehemalige Profi-Kicker längst ein ganz anderes Betätigungsfeld für das Leben danach gefunden: Fernsehshows. Zwei, die das bereits probiert haben, sind David Odonkor und eben Mario Basler. Den einen kennt man, weil er auf dem Fußballplatz schnell laufen konnte, den anderen, weil er alles andere konnte – außer schnell laufen.

Beiden Ex-Fußballer durfte man bereits bei "Promi Big Brother" zugucken und nun hat der Zufall Basler und Odonkor wieder zusammengeführt. Bei "Fort Boyard" dürfen die ehemaligen Leistungssportler, sofern man Stehfußballer Basler dazuzählen möchte, nun beweisen, dass sie noch nicht komplette Theoretiker geworden sind. In späteren Folgen wird auch noch Thorsten Legat zur Show stoßen.

Matthias Killing: "Es wird ein riesengroßes Abenteuer"

Dass man sich nach einer Fußballkarriere nach einem weiteren Erlösmodell umsieht, ist mehr als statthaft. Man kann ja nicht endlos kicken. Trash-TV kann man allerdings so gut wie ewig machen. Das beweist auch der letzte Kandidat der jüngsten "Fort Boyard"-Runde, Jürgen Milski. Der Kölner startete seine TV-Karriere einst bei "Big Brother" und tingelt seitdem immer wieder über die Bildschirme.

Nun also treffen sich alle bei "Fort Boyard", einer TV-Show, die immer mal wieder von der ProSiebenSat.1-Gruppe aufgewärmt wird. Worum geht’s? Eine Truppe im weitesten Sinne Prominenter wird zusammen mit Moderator Matthias Killing auf einer alten Atlantik-Festung ausgesetzt. Einer hanebüchenen Geschichte folgend müssen die Teilnehmer dann zahlreiche Spielchen und Aufgaben absolvieren, ehe sie im Finalspiel Geld für einen guten Zweck sammeln können.

"Es wird spannend, es wird spektakulär. Es wird ein riesengroßes Abenteuer", behauptet Moderator Killing im Brustton der Überzeugung gleich zu Beginn von Folge zwei und wer die Auftaktfolge gesehen hat, weiß, dass das eine Lüge, mindestens aber eine Übertreibung ist.

Mario Basler in einem klebrigen Ganzkörperanzug oder Jürgen Milski in einer Zwangsjacke zu sehen, ist alles andere als ein riesengroßes Abenteuer. Zumindest nicht für den Zuschauer – und um den sollte es bei einer Fernsehshow doch eigentlich gehen.

Jürgen Milski und die Sache mit der Fackel

Da kann sich Moderator Killing noch so sehr anstrengen, er kriegt aus dem Trash-TV einfach keine ernsthafte Spielshow und aus den Spielen einfach kein Trash-TV hin. "Fort Boyard" 2018 ist irgendwo in der Fernsehgeschichte steckengeblieben und kann sich nicht entscheiden, was es nun sein will.

So kündigt der Off-Sprecher ein Spiel mit den Worten an: "Carina Spack kämpft im Verlies als menschliche Luftpumpe." Alle Trash-TV-Liebhaber spitzen hier verzückt die Ohren, kennt man solche Sätze doch eigentlich nur aus einschlägigen Gaga-Formaten. Doch leider ist bei dem dann folgenden Spiel kein Hauch von Ironie zu erkennen, im Gegenteil: Die meinen das ernst.

Dennoch hat Folge zwei von "Fort Boyard" durchaus ihre unterhaltsamen Momente trotz, oder gerade weil sie nichts mit dem eigentlichen Format zu tun hatten. Für das Spiel "Firestarter" liegt beispielsweise Jürgen Milski oben auf den Mauern, um dann an einem Seil übers Meer zu sausen, während er unterwegs aus einigen Metern Höhe eine Fackel in eine schwimmende Tonne werfen soll. Sobald er die Fackel zündet, geht es los.

Mit einem "Ich liebe euch alle!" will er dem Start die höchstmögliche Dramatik verleihen. Milski reißt an der Fackel und: nichts passiert. "Hast du die Fackel weggeschmissen?", fragt die Knappik nach einigen Sekunden des Schweigens nach. In der Tat, Milski hält nur noch die Halterung in der Hand, der Rest liegt im Wasser. Aus dem "Firestarter" wir ein Rohrkrepierer.

Spannung ist irgendwie anders

Der Rest der Spiele schwankt dann zwischen "geht so" und "so geht’s aber nicht". Trauriger Höhepunkt ist das Spiel "Taktisches Nageln", das außer einem dusseligen Namen darin besteht, dass Mario Basler gegen einen "Schattenkrieger" einen Nagel in ein Brett kloppen muss. Ernsthaft.

Der einzige, und das ist aller Ehren wert, der hierbei irgendeine Spannung entdeckt, ist Moderator Matthias Killing – und wenn er die Spannung selbst herbeiredet: "Ihr werdet jetzt in Einzelduellen gegen den Schattenkrieger antreten", versucht Killing ein wenig Atmosphäre aufzubauen. Allerdings macht Carina Spack den fast gelungenen Versuch mit einem schlichten "Och nööö" wieder zunichte.

Bleibt also unter dem Strich ein gemischtes Fazit. Viel Langeweile auf der Soll-Seite steht nur wenig Plus auf der Haben-Seite gegenüber. Immerhin weiß Jürgen Milski jetzt, wie man eine Fackel anzündet und Viva con Aqua kann sich über knapp 16.000 erspielte Euro freuen. Und mit ein bisschen Glück kriegt man irgendwann auch den schnarrenden Anfeuerungston der Knappik wieder aus dem Ohr.

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