Denken Sie sich folgendes Szenario: Michael "Bully" Herbig kehrt mit einer neuen Serie ins TV zurück - und man will einfach nur Wegzappen. Keine angenehme Situation für jemanden, der dem Comedian noch weit über das Ende der "Bullyparade" im Jahr 2002 hinweg Sympathien entgegen brachte. Doch nach der ersten Folge "Bully macht Buddy" muss die Frage leider lauten: "Bully, Darling, liegt es an dir oder an mir?"

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Es hatte so gut angefangen: Bereits Wochen vor Sendestart schürten erste TV-Trailer die Lust auf "Bully macht Buddy", Herbigs vermeintlich großer Rückkehr ins Fernsehen. Interviews zum Thema versprachen: Diese Serie würde der neue heiße Sch***, die Führungsriege von ProSieben war aus dem Häuschen. Doch das Fazit nach der ersten der insgesamt sechs Folgen ist ernüchternd, fast schon deprimierend.

Gnadenlos auswendig gelernte Slapstick-Gags, die absehbarer kaum sein könnten, gepaart mit einer partiellen Fehlbesetzung: Bullys Streitdialoge mit seiner Freundin kann der Zuschauer beinahe selbst vervollständigen, da entweder seine oder ihre Sätze bereits aus vergangenen Serien oder Filmen bekannt sind oder die Gags leider so platt, dass sich das Mitdenken erübrigt.

Bereits in den ersten fünf Minuten erfährt das Publikum die Namen der Brüste von Bullys Freundin Nina (Sandra Koltai), erfährt Details über das Sexleben des Serienpaars und wie sehr Bully und sein soziales Umfeld unter seinem Job als Filmemacher leiden. Der Name seines neuesten Filmprojekts "Buddy" wird allein in diesen wenigen Minuten bereits sechs Mal genannt. Wir haben verstanden, ProSiebens neue Kurzserie dient der Promotion. Einer "verdammt teuren billigen Promotion", wie Bully selbst bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Kinofilms sagt. Doch sollte sie wirklich mehr der Werbung als der Unterhaltung dienen?

Bully scheitert an der Herausforderung "Sitcom"

Dass ausgerechnet Rick Kavanians übergewichtige, aufmüpfige Serien-Schwester Aida (Gisa Flake) die beste schauspielerische Leistung in der Komiker-WG abliefert, schockiert echte Bully-Fans. Selbst Gaststar Sarah Connor und ein kleiner Junge im Fahrstuhl überzeugen handwerklich mehr als Großmeister Herbig selbst. Wer bisher über Bully und Rick Kavanian lachen konnte, fragt sich nach dem groß angekündigten Serienauftakt, ob er selbst oder doch die beiden Comedians ihren Humor verloren haben.

Sicherlich ist Sitcom kein leichtes Genre, schon gar nicht in Deutschland. Das mag ein Grund dafür sein, dass "Bully macht Buddy" als eine billige Mischung aus "Two and a Half Men", "Schillerstraße" und - wenn es um die kleinen Einspieler geht - "Bully & Rick" daherkommt. Doch möglicherweise hat ProSiebens ehemaliger Quoten-Garant in seiner Tätigkeit als Autor, Regisseur, Produzent und Schauspieler auch einfach nicht mehr genug Zeit, um sich aufs Gag-Schreiben zu konzentrieren.

Je mehr wir eine Serie lieben, desto verletzlicher sind wir - das mag auch auf Anhänger der "Bullyparade" zutreffen. Vielleicht waren einfach die Erwartungen an Herbigs TV-Comeback zu groß. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur am Format selbst.

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