In der Talkshow von Markus Lanz am Mittwochabend ging es um Donald Trumps Corona-Infektion und den Zustand der USA vor den Wahlen. Eigentlich. Denn Aufsehen erregte die Sendung eher wegen der rassistischen Ausfälle einer geladenen, bekennenden Trump-Anhängerin.

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Am Vorabend des einzigen TV-Duells der Vizekandidaten bei der Präsidentschaftswahl in den USA, Kamala Harris und Mike Pence, lud Markus Lanz zu seiner Talkshow.

ZDF-Amerika-Korrespondent Elmar Theveßen wurde zunächst direkt aus den USA zugeschaltet und gab einen Überblick über die Stimmung im Land vor der TV-Debatte und natürlich den Gesundheitszustand des US-Präsidenten, soweit dies möglich ist.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Donald Trump schon eine Weile nicht mehr vor Kameras gestellt – lediglich die auch für seine Verhältnisse stark erhöhte Twitter-Frequenz sorgte für Aufsehen.

Trump-Anhängerin: "200.000 Tote nun mal der Lauf der Welt"

Aufmerksamkeit und starke Kritik erregte Lanz' Sendung aber nicht wegen der Analysen, sondern vor allem wegen der Äußerungen eines Gastes. Tina Chittom ist Mitglied der "Republican Overseas" und bekennende Trump-Anhängerin. Die Übersetzerin mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft fiel zunächst durch ihr vehementes Herunterspielen der Gefährlichkeit des Coronavirus auf.

200.000 Tote seien nun mal der Lauf der Welt, "so Viren" gebe es halt, die Spanische Grippe sei schlimmer gewesen - Chittom wiederholte stur die Argumente, die man so aus den Facebook-Gruppen oder Telegram-Channels von Corona-Leugnern kennt.

Auf Nachfragen oder Gegenreden des Moderators ging sie nicht ein, auch konnte sie keinen ihrer Punkte belegen. "Doch! Mit seinen Berater hat er einen Plan sich ausgedacht, wie das weitergehen soll", lautete etwa ihre Replik auf den Vorwurf, Trump sei zu lange untätig gewesen und hätte den Februar verschenkt.

Manch Zuschauer wird sich schon nach den ersten 20 Sendeminuten gewundert haben, warum genau denn nun Frau Chittom zu diesem Thema sprechen durfte.

So ging es wohl auch Dirk Brockmann, der als Digital-Epidemiologe vom Robert-Koch-Institut das Geschehen rund um das Coronavirus beurteilt. "Faktisch ist alles, was sie gesagt haben, falsch", antwortete der Physiker auf die Einlassungen Chittoms.

Christian Berkel entsetzt: "Das ist die Grundlage von Rassismus"

Doch die war längst nicht fertig, sprach gar von "Maskenkult" und "Pseudo-Religion". Für Sandra Navidi, in New York lebende Juristin, war die bisher geführte Diskussion typisch für den Zustand des Landes unter Trump. Verleugnung von Wissenschaft, Sozial-Darwinismus und ein Präsident als Superspreader.

Bald schon drehte sich der Talk Richtung Kriminalität und die Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA, und Chittom schaltete noch einen Gang zu. Dass Schwarze – bei einem Anteil von sechs Prozent an der Bevölkerung – 40 Prozent der Verbrechen begingen, sei "deren Kultur".

Strukturelle Gründe oder Benachteiligung gibt es in ihren Augen nicht: "Das hat nichts mit Rassismus zu tun. Das hat mit soziologischen Sachen zu tun. Oder vielleicht auch mit genetischen."

Schauspieler Christian Berkel zeigte sich entsetzt: "Das ist die Grundlage von Rassismus." Nach empörten Nachfragen von Lanz und Christian Berkel gab sich Chittom "versöhnlich": "Ich denke eher nicht, dass es genetisch ist – aber man darf das ja mal erforschen."

Markus Lanz ist "emotional überfordert"

Am Ende dieses Talk-Abschnitts musste Markus Lanz gestehen, dass er nicht erwartet hatte, dass "es so hart" sein wird und er "emotional überfordert" war. Ähnlich dürften sich zu diesem Zeitpunkt die Zuschauer gefühlt haben, die noch nicht abgeschaltet hatten.

Donald Trump verspricht kostenlose Antikörper-Behandlung für alle Amerikaner

Nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus bezeichnet US-Präsident Trump seine Corona-Infektion als einen "Segen Gottes". Er sei dadurch auf eine höchst wirksame Antikörper-Behandlung aufmerksam geworden, die er nun allen Amerikanern kostenlos zur Verfügung stellen will. (Teaserbild: imago images / MediaPunch)

Welche Erkenntnisse genau sich Lanz erhofft hatte, wenn er einen Trump-Anhänger einlädt und wer überhaupt als Gast und Experte zu welchen Themen sprechen darf, bleibt wohl das Geheimnis der Redaktion.

Einen Einblick in die Gedankenwelt von Trump-Anhängern haben diese fast anderthalb Stunden ganz sicher gegeben – ob dabei außer Krawall und Empörung irgendetwas Erhellendes herausgekommen ist, muss bezweifelt werden. (dh)

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